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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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§ 34. Die vierzehn Grundbeziehungen.

Zwei von diesen Grundbeziehungen: a und g = a111 = a sind zu-
gleich Elementarbeziehungen, deren übrige drei wir bereits unter l0
mit zur Darstellung gebracht haben.

Vertauscht man in unsern 14 zwischen A und B eine Grund-
beziehung behauptenden Aussagen a1, b bis g1 die beiden "Seiten" oder
Gebiete A und B, so erhält man 14 neue Aussagen, die wir von den
vorigen durch einen Accent unterscheiden wollen, sodass nun auch
die Bedeutung der Symbole
a1', b', c' ... g', a', b1', c1', ... g1'
verständlich sein wird.

Das Bisherige sollte nun eigentlich blos zur Motivirung der Ein-
führung gerade dieser Beziehungen und der für sie erkorenen Be-
ziehungszeichen dienen, und ist es unsre nächste Aufgabe, den
Zusammenhang zwischen den verschiedenen Beziehungen in jeglicher
Hinsicht klarzulegen und zu begründen.

Zu dem Ende werden wir zunächst nach einer "analytischen" Defi-
nition der sämtlichen Beziehungen uns umzusehen haben, worunter
zu verstehen ist: ihre Erklärung vermittelst der uns nach wie vor als
die fundamentale geltenden Beziehung der Subsumtion, und ihrer
Verneinung ; demnach werden alle Beziehungsurteile durch solche
vom Typus c oder c1 erst auszudrücken sein.

Zum Begriff dieser Subsumtionsbeziehung sind wir bei unserm
systematisch-kombinatorischen Vorgehen nur so nebenher gelangt. Die
Logik der Alten hat aber die Aufsuchung der Beziehungen in welchen
Klassen oder Begriffsumfänge zu einander treten können, überhaupt
nicht auf solche Weise angegriffen, sondern sich einfach an die Sprache
angelehnt
, welche uns unmittelbar nur die Möglichkeit bietet, ver-
mittelst der (salva venia) Kopula "ist" oder "ist nicht" von einem
Subjekte A ein Attribut oder Prädikat B zu bejahen oder zu ver-
neinen
. Indem sie noch den Umfang des Subjektbegriffes, falls ein solcher
vorhanden, durch Beisetzung der Zahlbestimmung "alle" oder "einige"
-- wie man sich in der That ausdrücken mag: -- "quantifizirt", ge-
langt die Sprache zu den bekannten vier Hauptformen von Urteilen,
die wir in § 33 besprochen haben.

Der Umstand dass die Sprache beim Prädikate auf die Quantifika-
tion
, und beim Subjekte auf Anwendung der Negation (Qualifikation?)
fast unbedingt verzichtet gibt ihr ein eigentümliches Gepräge (feature).

Den gegenteiligen Versuch De Morgan's, durch welchen die Vier-
zahl der Urteilsformen noch zwei mal verdoppelt wird, halte ich für ein

§ 34. Die vierzehn Grundbeziehungen.

Zwei von diesen Grundbeziehungen: a und g = a111 = α sind zu-
gleich Elementarbeziehungen, deren übrige drei wir bereits unter l0
mit zur Darstellung gebracht haben.

Vertauscht man in unsern 14 zwischen A und B eine Grund-
beziehung behauptenden Aussagen a1, b bis g1 die beiden „Seiten“ oder
Gebiete A und B, so erhält man 14 neue Aussagen, die wir von den
vorigen durch einen Accent unterscheiden wollen, sodass nun auch
die Bedeutung der Symbole
a1', b', c' … g', a', b1', c1', … g1'
verständlich sein wird.

Das Bisherige sollte nun eigentlich blos zur Motivirung der Ein-
führung gerade dieser Beziehungen und der für sie erkorenen Be-
ziehungszeichen dienen, und ist es unsre nächste Aufgabe, den
Zusammenhang zwischen den verschiedenen Beziehungen in jeglicher
Hinsicht klarzulegen und zu begründen.

Zu dem Ende werden wir zunächst nach einer „analytischen“ Defi-
nition der sämtlichen Beziehungen uns umzusehen haben, worunter
zu verstehen ist: ihre Erklärung vermittelst der uns nach wie vor als
die fundamentale geltenden Beziehung der Subsumtion, und ihrer
Verneinung ; demnach werden alle Beziehungsurteile durch solche
vom Typus c oder c1 erst auszudrücken sein.

Zum Begriff dieser Subsumtionsbeziehung sind wir bei unserm
systematisch-kombinatorischen Vorgehen nur so nebenher gelangt. Die
Logik der Alten hat aber die Aufsuchung der Beziehungen in welchen
Klassen oder Begriffsumfänge zu einander treten können, überhaupt
nicht auf solche Weise angegriffen, sondern sich einfach an die Sprache
angelehnt
, welche uns unmittelbar nur die Möglichkeit bietet, ver-
mittelst der (salva venia) Kopula „ist“ oder „ist nicht“ von einem
Subjekte A ein Attribut oder Prädikat B zu bejahen oder zu ver-
neinen
. Indem sie noch den Umfang des Subjektbegriffes, falls ein solcher
vorhanden, durch Beisetzung der Zahlbestimmung „alle“ oder „einige“
— wie man sich in der That ausdrücken mag: — „quantifizirt“, ge-
langt die Sprache zu den bekannten vier Hauptformen von Urteilen,
die wir in § 33 besprochen haben.

Der Umstand dass die Sprache beim Prädikate auf die Quantifika-
tion
, und beim Subjekte auf Anwendung der Negation (Qualifikation?)
fast unbedingt verzichtet gibt ihr ein eigentümliches Gepräge (feature).

Den gegenteiligen Versuch De Morgan’s, durch welchen die Vier-
zahl der Urteilsformen noch zwei mal verdoppelt wird, halte ich für ein

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[105/0129] § 34. Die vierzehn Grundbeziehungen. Zwei von diesen Grundbeziehungen: a und g = a111 = α sind zu- gleich Elementarbeziehungen, deren übrige drei wir bereits unter l0 mit zur Darstellung gebracht haben. Vertauscht man in unsern 14 zwischen A und B eine Grund- beziehung behauptenden Aussagen a1, b bis g1 die beiden „Seiten“ oder Gebiete A und B, so erhält man 14 neue Aussagen, die wir von den vorigen durch einen Accent unterscheiden wollen, sodass nun auch die Bedeutung der Symbole a1', b', c' … g', a', b1', c1', … g1' verständlich sein wird. Das Bisherige sollte nun eigentlich blos zur Motivirung der Ein- führung gerade dieser Beziehungen und der für sie erkorenen Be- ziehungszeichen dienen, und ist es unsre nächste Aufgabe, den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Beziehungen in jeglicher Hinsicht klarzulegen und zu begründen. Zu dem Ende werden wir zunächst nach einer „analytischen“ Defi- nition der sämtlichen Beziehungen uns umzusehen haben, worunter zu verstehen ist: ihre Erklärung vermittelst der uns nach wie vor als die fundamentale geltenden Beziehung  der Subsumtion, und ihrer Verneinung  ; demnach werden alle Beziehungsurteile durch solche vom Typus c oder c1 erst auszudrücken sein. Zum Begriff dieser Subsumtionsbeziehung sind wir bei unserm systematisch-kombinatorischen Vorgehen nur so nebenher gelangt. Die Logik der Alten hat aber die Aufsuchung der Beziehungen in welchen Klassen oder Begriffsumfänge zu einander treten können, überhaupt nicht auf solche Weise angegriffen, sondern sich einfach an die Sprache angelehnt, welche uns unmittelbar nur die Möglichkeit bietet, ver- mittelst der (salva venia) Kopula „ist“ oder „ist nicht“ von einem Subjekte A ein Attribut oder Prädikat B zu bejahen oder zu ver- neinen. Indem sie noch den Umfang des Subjektbegriffes, falls ein solcher vorhanden, durch Beisetzung der Zahlbestimmung „alle“ oder „einige“ — wie man sich in der That ausdrücken mag: — „quantifizirt“, ge- langt die Sprache zu den bekannten vier Hauptformen von Urteilen, die wir in § 33 besprochen haben. Der Umstand dass die Sprache beim Prädikate auf die Quantifika- tion, und beim Subjekte auf Anwendung der Negation (Qualifikation?) fast unbedingt verzichtet gibt ihr ein eigentümliches Gepräge (feature). Den gegenteiligen Versuch De Morgan’s, durch welchen die Vier- zahl der Urteilsformen noch zwei mal verdoppelt wird, halte ich für ein

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/129>, abgerufen am 25.04.2024.