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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

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Anhang 7.
Wort "Ungleichung" hier in dem gewöhnlichen, dem in der Arithmetik
gebräuchlichen Sinne genommen*). Es ist eine Anwendung aber, die
Herr Peirce mit Recht als "exceedingly ingenious" bezeichnet.

Um den Charakter des Problemes hervortreten zu lassen, will ich
vorweg ein einfaches Beispiel vorführen.

Die Gleichung:
[Formel 1] ,
in welcher a eine positive Zahl vorstellen soll und die Klammer rechter-
hand aufgelöst, nämlich f (x, y) hinter jedes der drei Doppelintegral-
Zeichen, die sie umschliesst, gesetzt zu denken ist -- diese Gleichung
zeigt, wie für das Doppelintegral linkerhand die Umkehrung der Inte-
grationsfolge zu leisten ist.

Der Mathematiker, an welchen solche Aufgabe herantritt, wird in
der Regel sich zunächst eine geometrische Anschauung von dem Be-

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 33.
reich zu verschaffen suchen, über welches das
gegebne Doppelintegral sich erstreckt, und
wird hier unschwer finden, dass die in frag-
liches Bereich fallenden Wertepaare von x
und y, als Punkte in einem rechtwinkligen
Koordinatensystem dargestellt, die Fläche des
in beistehender Figur 33 schraffirten Pa-
rallelogrammes ausfüllen. Er wird sich die
Gleichungen der verschiedenen (hier geraden)
Linien aufstellen, welche dieses Flächen-
bereich begrenzen helfen, und aus dem An-
blick der Figur entnehmen, dass die Fläche
hier zu zerlegen ist in drei Streifen (in
der Figur getrennt durch die wagrechten
Striche), das Doppelintegral also in drei Teile zerfallen muss. Für
jeden dieser Teile wird er aus den Gleichungen der begrenzenden Linien
auf die bei der inneren Integration anzusetzenden (eventuell variabeln)

*) In der Theorie des identischen Kalkuls haben wir uns gestattet, die
Negation einer Gleichung a = b, somit eine Behauptung von der Form a b, als
eine "Ungleichung" zu bezeichnen. Von dieser letztern Bedeutung des Wortes ist
im gegenwärtigen Anhange abzusehen; ihr würde im reellen Zahlengebiete der
Ansatz a b entsprechen, während wir hier schon den bestimmteren Ansatz a > b
eine Ungleichung nennen werden.

Anhang 7.
Wort „Ungleichung“ hier in dem gewöhnlichen, dem in der Arithmetik
gebräuchlichen Sinne genommen*). Es ist eine Anwendung aber, die
Herr Peirce mit Recht als „exceedingly ingenious“ bezeichnet.

Um den Charakter des Problemes hervortreten zu lassen, will ich
vorweg ein einfaches Beispiel vorführen.

Die Gleichung:
[Formel 1] ,
in welcher a eine positive Zahl vorstellen soll und die Klammer rechter-
hand aufgelöst, nämlich f (x, y) hinter jedes der drei Doppelintegral-
Zeichen, die sie umschliesst, gesetzt zu denken ist — diese Gleichung
zeigt, wie für das Doppelintegral linkerhand die Umkehrung der Inte-
grationsfolge zu leisten ist.

Der Mathematiker, an welchen solche Aufgabe herantritt, wird in
der Regel sich zunächst eine geometrische Anschauung von dem Be-

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 33.
reich zu verschaffen suchen, über welches das
gegebne Doppelintegral sich erstreckt, und
wird hier unschwer finden, dass die in frag-
liches Bereich fallenden Wertepaare von x
und y, als Punkte in einem rechtwinkligen
Koordinatensystem dargestellt, die Fläche des
in beistehender Figur 33 schraffirten Pa-
rallelogrammes ausfüllen. Er wird sich die
Gleichungen der verschiedenen (hier geraden)
Linien aufstellen, welche dieses Flächen-
bereich begrenzen helfen, und aus dem An-
blick der Figur entnehmen, dass die Fläche
hier zu zerlegen ist in drei Streifen (in
der Figur getrennt durch die wagrechten
Striche), das Doppelintegral also in drei Teile zerfallen muss. Für
jeden dieser Teile wird er aus den Gleichungen der begrenzenden Linien
auf die bei der inneren Integration anzusetzenden (eventuell variabeln)

*) In der Theorie des identischen Kalkuls haben wir uns gestattet, die
Negation einer Gleichung a = b, somit eine Behauptung von der Form ab, als
eine „Ungleichung“ zu bezeichnen. Von dieser letztern Bedeutung des Wortes ist
im gegenwärtigen Anhange abzusehen; ihr würde im reellen Zahlengebiete der
Ansatz ab entsprechen, während wir hier schon den bestimmteren Ansatz a > b
eine Ungleichung nennen werden.
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[516/0160] Anhang 7. Wort „Ungleichung“ hier in dem gewöhnlichen, dem in der Arithmetik gebräuchlichen Sinne genommen *). Es ist eine Anwendung aber, die Herr Peirce mit Recht als „exceedingly ingenious“ bezeichnet. Um den Charakter des Problemes hervortreten zu lassen, will ich vorweg ein einfaches Beispiel vorführen. Die Gleichung: [FORMEL], in welcher a eine positive Zahl vorstellen soll und die Klammer rechter- hand aufgelöst, nämlich f (x, y) hinter jedes der drei Doppelintegral- Zeichen, die sie umschliesst, gesetzt zu denken ist — diese Gleichung zeigt, wie für das Doppelintegral linkerhand die Umkehrung der Inte- grationsfolge zu leisten ist. Der Mathematiker, an welchen solche Aufgabe herantritt, wird in der Regel sich zunächst eine geometrische Anschauung von dem Be- [Abbildung] [Abbildung Fig. 33.] reich zu verschaffen suchen, über welches das gegebne Doppelintegral sich erstreckt, und wird hier unschwer finden, dass die in frag- liches Bereich fallenden Wertepaare von x und y, als Punkte in einem rechtwinkligen Koordinatensystem dargestellt, die Fläche des in beistehender Figur 33 schraffirten Pa- rallelogrammes ausfüllen. Er wird sich die Gleichungen der verschiedenen (hier geraden) Linien aufstellen, welche dieses Flächen- bereich begrenzen helfen, und aus dem An- blick der Figur entnehmen, dass die Fläche hier zu zerlegen ist in drei Streifen (in der Figur getrennt durch die wagrechten Striche), das Doppelintegral also in drei Teile zerfallen muss. Für jeden dieser Teile wird er aus den Gleichungen der begrenzenden Linien auf die bei der inneren Integration anzusetzenden (eventuell variabeln) *) In der Theorie des identischen Kalkuls haben wir uns gestattet, die Negation einer Gleichung a = b, somit eine Behauptung von der Form a ≠ b, als eine „Ungleichung“ zu bezeichnen. Von dieser letztern Bedeutung des Wortes ist im gegenwärtigen Anhange abzusehen; ihr würde im reellen Zahlengebiete der Ansatz a ≶ b entsprechen, während wir hier schon den bestimmteren Ansatz a > b eine Ungleichung nennen werden.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/160>, abgerufen am 23.04.2024.