Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

Bild:
<< vorherige Seite
Ernst Schröder +.

Die identische Summe a + b und das identische Produkt, bezeichnet
durch a · b oder einfacher a b, sind Relative, die durch die Relativ-
koeffizienten ai j + bi j bezw. ai j · bi j definirt sind, wobei hier, wie im
folgenden, die Rechnungen mit den Wertzeichen nach den beim Aus-
sagenkalkul angeführten Regeln erfolgen. Das relative Produkt be-
zeichnet Schröder mit a ; b und spricht es a von b. Bei ihm ist der
Relativkoeffizient (a ; b)i j = 1, wenn es irgend ein Element h des Denk-
bereiches gibt, für das ai h bh j = 1 ist, dagegen ist er Null, wenn dies
nicht der Fall ist.

Die relative Summe bezeichnet Schröder mit a b, was er
"a piu b" aussprach. Sie ist dadurch definirt, dass der Relativkoeffizient
(a b)i j = 1 ist, wenn für jedes Element h des Denkbereichs ai h + bh j = 1
ist, Null dagegen, wenn dies nicht eintritt.

Neben diesen sich auf zwei Relative erstreckenden Operationen
beziehen sich die Negation und Konversion auf nur ein Relativ. Das
negirte Relativ a, das Schröder mit an bezeichnet, hat den Relativ-
koeffizienten ani j und das konvertirte a, das Schröder "a convers"
aussprach, den ai j. Ein Relativ a ist einem b eingeordnet, oder in
Zeichen es ist a b, wenn zwischen allen Relativkoeffizienten die Be-
ziehung ai j bi j besteht.

Die gegenseitigen Beziehungen, die zwischen Relativen hiernach
stattfinden können, und deren Zahl gegenüber den bei Zahlen möglichen
gross ist, werden ausführlich untersucht. Während die Peirceschen
Arbeiten, an sich nicht leicht zu lesen, durch den Wechsel der Be-
zeichnungen sehr schwer verständlich sind, bietet das Studium des
Schröderschen Buches keine wesentlichen Schwierigkeiten, indem es
in einheitlicher Durchführung und hinreichender Ausführlichkeit die
einschlägigen Fragen beantwortet. Ähnlich wie bei dem identischen
Kalkul lässt sich jedes System von Gleichungen durch eine einzige
Gleichung ausdrücken. Der relative Kalkul leistet aber noch mehr,
indem sich auch jedes System von Ungleichungen, ja sogar die Forderung,
dass von einer Anzahl Gleichungen und Ungleichungen eine oder die
andere gelte, durch eine einzige Gleichung ausdrücken lässt. Schröder
behandelt ausführlich die Herstellung der Resultante, die erfüllt sein
muss, damit die Auflösung möglich ist, und die Auflösung selbst.
Während aber die erstere sich herstellen lässt, erfordert die letztere so-
gar unter Umständen unendliche Operationen. Für eine begrenzte An-
zahl von Gleichungen werden alle möglichen Aufgaben ausführlich er-
ledigt. Als eine Anwendung der Theorie gibt dann Schröder die
Darstellung der Lehre von den Zahlen, wie sie in Dedekind's

Ernst Schröder †.

Die identische Summe a + b und das identische Produkt, bezeichnet
durch a · b oder einfacher a b, sind Relative, die durch die Relativ-
koeffizienten ai j + bi j bezw. ai j · bi j definirt sind, wobei hier, wie im
folgenden, die Rechnungen mit den Wertzeichen nach den beim Aus-
sagenkalkul angeführten Regeln erfolgen. Das relative Produkt be-
zeichnet Schröder mit a ; b und spricht es a von b. Bei ihm ist der
Relativkoeffizient (a ; b)i j = 1, wenn es irgend ein Element h des Denk-
bereiches gibt, für das ai h bh j = 1 ist, dagegen ist er Null, wenn dies
nicht der Fall ist.

Die relative Summe bezeichnet Schröder mit a b, was er
a piu b“ aussprach. Sie ist dadurch definirt, dass der Relativkoeffizient
(a b)i j = 1 ist, wenn für jedes Element h des Denkbereichs ai h + bh j = 1
ist, Null dagegen, wenn dies nicht eintritt.

Neben diesen sich auf zwei Relative erstreckenden Operationen
beziehen sich die Negation und Konversion auf nur ein Relativ. Das
negirte Relativ a, das Schröder mit bezeichnet, hat den Relativ-
koeffizienten i j und das konvertirte , das Schrödera convers“
aussprach, den ai j. Ein Relativ a ist einem b eingeordnet, oder in
Zeichen es ist a b, wenn zwischen allen Relativkoeffizienten die Be-
ziehung ai j bi j besteht.

Die gegenseitigen Beziehungen, die zwischen Relativen hiernach
stattfinden können, und deren Zahl gegenüber den bei Zahlen möglichen
gross ist, werden ausführlich untersucht. Während die Peirceschen
Arbeiten, an sich nicht leicht zu lesen, durch den Wechsel der Be-
zeichnungen sehr schwer verständlich sind, bietet das Studium des
Schröderschen Buches keine wesentlichen Schwierigkeiten, indem es
in einheitlicher Durchführung und hinreichender Ausführlichkeit die
einschlägigen Fragen beantwortet. Ähnlich wie bei dem identischen
Kalkul lässt sich jedes System von Gleichungen durch eine einzige
Gleichung ausdrücken. Der relative Kalkul leistet aber noch mehr,
indem sich auch jedes System von Ungleichungen, ja sogar die Forderung,
dass von einer Anzahl Gleichungen und Ungleichungen eine oder die
andere gelte, durch eine einzige Gleichung ausdrücken lässt. Schröder
behandelt ausführlich die Herstellung der Resultante, die erfüllt sein
muss, damit die Auflösung möglich ist, und die Auflösung selbst.
Während aber die erstere sich herstellen lässt, erfordert die letztere so-
gar unter Umständen unendliche Operationen. Für eine begrenzte An-
zahl von Gleichungen werden alle möglichen Aufgaben ausführlich er-
ledigt. Als eine Anwendung der Theorie gibt dann Schröder die
Darstellung der Lehre von den Zahlen, wie sie in Dedekind’s

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0026" n="XIV"/>
        <fw place="top" type="header">Ernst Schröder &#x2020;.</fw><lb/>
        <p>Die identische Summe <hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">b</hi> und das identische Produkt, bezeichnet<lb/>
durch <hi rendition="#i">a</hi> · <hi rendition="#i">b</hi> oder einfacher <hi rendition="#i">a b</hi>, sind Relative, die durch die Relativ-<lb/>
koeffizienten <hi rendition="#i">a<hi rendition="#sub">i j</hi></hi> + <hi rendition="#i">b<hi rendition="#sub">i j</hi></hi> bezw. <hi rendition="#i">a<hi rendition="#sub">i j</hi></hi> · <hi rendition="#i">b<hi rendition="#sub">i j</hi></hi> definirt sind, wobei hier, wie im<lb/>
folgenden, die Rechnungen mit den Wertzeichen nach den beim Aus-<lb/>
sagenkalkul angeführten Regeln erfolgen. Das relative Produkt be-<lb/>
zeichnet Schröder mit <hi rendition="#i">a</hi> ; <hi rendition="#i">b</hi> und spricht es <hi rendition="#i">a</hi> von <hi rendition="#i">b</hi>. Bei ihm ist der<lb/>
Relativkoeffizient (<hi rendition="#i">a</hi> ; <hi rendition="#i">b</hi>)<hi rendition="#i"><hi rendition="#sub">i j</hi></hi> = 1, wenn es irgend ein Element <hi rendition="#i">h</hi> des Denk-<lb/>
bereiches gibt, für das <hi rendition="#i">a<hi rendition="#sub">i h</hi> b<hi rendition="#sub">h j</hi></hi> = 1 ist, dagegen ist er Null, wenn dies<lb/>
nicht der Fall ist.</p><lb/>
        <p>Die relative Summe bezeichnet <hi rendition="#g">Schröder</hi> mit <hi rendition="#i">a <g ref="addhook"/> b</hi>, was er<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#i">a</hi> piu <hi rendition="#i">b</hi>&#x201C; aussprach. Sie ist dadurch definirt, dass der Relativkoeffizient<lb/>
(<hi rendition="#i">a <g ref="addhook"/> b</hi>)<hi rendition="#i"><hi rendition="#sub">i j</hi></hi> = 1 ist, wenn für <hi rendition="#i">jedes</hi> Element <hi rendition="#i">h</hi> des Denkbereichs <hi rendition="#i">a<hi rendition="#sub">i h</hi></hi> + <hi rendition="#i">b<hi rendition="#sub">h j</hi></hi> = 1<lb/>
ist, Null dagegen, wenn dies nicht eintritt.</p><lb/>
        <p>Neben diesen sich auf zwei Relative erstreckenden Operationen<lb/>
beziehen sich die Negation und Konversion auf nur ein Relativ. Das<lb/>
negirte Relativ <hi rendition="#i">a</hi>, das <hi rendition="#g">Schröder</hi> mit <hi rendition="#i">a&#x0304;</hi> bezeichnet, hat den Relativ-<lb/>
koeffizienten <hi rendition="#i">a&#x0304;<hi rendition="#sub">i j</hi></hi> <choice><sic>und und</sic><corr>und</corr></choice> das konvertirte <hi rendition="#i">a&#x0306;</hi>, das <hi rendition="#g">Schröder</hi> &#x201E;<hi rendition="#i">a</hi> convers&#x201C;<lb/>
aussprach, den <hi rendition="#i">a<hi rendition="#sub">i j</hi></hi>. Ein Relativ <hi rendition="#i">a</hi> ist einem <hi rendition="#i">b</hi> eingeordnet, oder in<lb/>
Zeichen es ist <hi rendition="#i">a <g ref="subeq"/> b</hi>, wenn zwischen allen Relativkoeffizienten die Be-<lb/>
ziehung <hi rendition="#i">a<hi rendition="#sub">i j</hi> <g ref="subeq"/> b<hi rendition="#sub">i j</hi></hi> besteht.</p><lb/>
        <p>Die gegenseitigen Beziehungen, die zwischen Relativen hiernach<lb/>
stattfinden können, und deren Zahl gegenüber den bei Zahlen möglichen<lb/>
gross ist, werden ausführlich untersucht. Während die <hi rendition="#g">Peirce</hi>schen<lb/>
Arbeiten, an sich nicht leicht zu lesen, durch den Wechsel der Be-<lb/>
zeichnungen sehr schwer verständlich sind, bietet das Studium des<lb/><hi rendition="#g">Schröder</hi>schen Buches keine wesentlichen Schwierigkeiten, indem es<lb/>
in einheitlicher Durchführung und hinreichender Ausführlichkeit die<lb/>
einschlägigen Fragen beantwortet. Ähnlich wie bei dem identischen<lb/>
Kalkul lässt sich jedes System von Gleichungen durch eine einzige<lb/>
Gleichung ausdrücken. Der relative Kalkul leistet aber noch mehr,<lb/>
indem sich auch jedes System von Ungleichungen, ja sogar die Forderung,<lb/>
dass von einer Anzahl Gleichungen und Ungleichungen eine <hi rendition="#i">oder</hi> die<lb/>
andere gelte, durch eine einzige Gleichung ausdrücken lässt. <hi rendition="#g">Schröder</hi><lb/>
behandelt ausführlich die Herstellung der Resultante, die erfüllt sein<lb/>
muss, damit die Auflösung möglich ist, und die Auflösung selbst.<lb/>
Während aber die erstere sich herstellen lässt, erfordert die letztere so-<lb/>
gar unter Umständen unendliche Operationen. Für eine begrenzte An-<lb/>
zahl von Gleichungen werden alle möglichen Aufgaben ausführlich er-<lb/>
ledigt. Als eine Anwendung der Theorie gibt dann <hi rendition="#g">Schröder</hi> die<lb/>
Darstellung der Lehre von den Zahlen, wie sie in <hi rendition="#g">Dedekind&#x2019;</hi>s<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XIV/0026] Ernst Schröder †. Die identische Summe a + b und das identische Produkt, bezeichnet durch a · b oder einfacher a b, sind Relative, die durch die Relativ- koeffizienten ai j + bi j bezw. ai j · bi j definirt sind, wobei hier, wie im folgenden, die Rechnungen mit den Wertzeichen nach den beim Aus- sagenkalkul angeführten Regeln erfolgen. Das relative Produkt be- zeichnet Schröder mit a ; b und spricht es a von b. Bei ihm ist der Relativkoeffizient (a ; b)i j = 1, wenn es irgend ein Element h des Denk- bereiches gibt, für das ai h bh j = 1 ist, dagegen ist er Null, wenn dies nicht der Fall ist. Die relative Summe bezeichnet Schröder mit a b, was er „a piu b“ aussprach. Sie ist dadurch definirt, dass der Relativkoeffizient (a b)i j = 1 ist, wenn für jedes Element h des Denkbereichs ai h + bh j = 1 ist, Null dagegen, wenn dies nicht eintritt. Neben diesen sich auf zwei Relative erstreckenden Operationen beziehen sich die Negation und Konversion auf nur ein Relativ. Das negirte Relativ a, das Schröder mit ā bezeichnet, hat den Relativ- koeffizienten āi j und das konvertirte ă, das Schröder „a convers“ aussprach, den ai j. Ein Relativ a ist einem b eingeordnet, oder in Zeichen es ist a b, wenn zwischen allen Relativkoeffizienten die Be- ziehung ai j bi j besteht. Die gegenseitigen Beziehungen, die zwischen Relativen hiernach stattfinden können, und deren Zahl gegenüber den bei Zahlen möglichen gross ist, werden ausführlich untersucht. Während die Peirceschen Arbeiten, an sich nicht leicht zu lesen, durch den Wechsel der Be- zeichnungen sehr schwer verständlich sind, bietet das Studium des Schröderschen Buches keine wesentlichen Schwierigkeiten, indem es in einheitlicher Durchführung und hinreichender Ausführlichkeit die einschlägigen Fragen beantwortet. Ähnlich wie bei dem identischen Kalkul lässt sich jedes System von Gleichungen durch eine einzige Gleichung ausdrücken. Der relative Kalkul leistet aber noch mehr, indem sich auch jedes System von Ungleichungen, ja sogar die Forderung, dass von einer Anzahl Gleichungen und Ungleichungen eine oder die andere gelte, durch eine einzige Gleichung ausdrücken lässt. Schröder behandelt ausführlich die Herstellung der Resultante, die erfüllt sein muss, damit die Auflösung möglich ist, und die Auflösung selbst. Während aber die erstere sich herstellen lässt, erfordert die letztere so- gar unter Umständen unendliche Operationen. Für eine begrenzte An- zahl von Gleichungen werden alle möglichen Aufgaben ausführlich er- ledigt. Als eine Anwendung der Theorie gibt dann Schröder die Darstellung der Lehre von den Zahlen, wie sie in Dedekind’s

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/26
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. XIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/26>, abgerufen am 25.04.2024.