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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

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in Warschau gewisse Vorschriften über Größe
und Gewicht des Brotes; aber wann sind sie
gegeben? Wann werden sie erneuert? Wann
werden sie nach dem niedrigern oder höhern
Preise des Getreides bestimmt? Und wenn
das alles wäre, wer wacht über ihre Beobach-
tung, der nicht bestechbar wäre? Der Bäcker
backt also nach Gutdünken und nach dem Maß-
stabe, den seine eigenen Bedürfnisse zum Leben
und zum Wohlleben ihm zu erfordern scheinen.

Uebrigens sind die meisten Bäcker in War-
schau und den übrigen polnischen Städten,
Deutsche, und daher kommt es, daß Materie
und Gestalt des Brotes in Polen, nicht wie
in andern Ländern, etwas eigenthümliches ha-
ben, so wie z. B. Paris sein lockeres, durch-
löchertes Brot in Gestalt großer Ringe; Pie-
mont das seinige, fast ohne Krume, in Knit-
teln; die Lombardie ihr gesottenes in Knollen
und Sternen, und Genua sein graues, san-
diges, in Schmetterlingsgestalt zu backen
pflegt.

in Warſchau gewiſſe Vorſchriften uͤber Groͤße
und Gewicht des Brotes; aber wann ſind ſie
gegeben? Wann werden ſie erneuert? Wann
werden ſie nach dem niedrigern oder hoͤhern
Preiſe des Getreides beſtimmt? Und wenn
das alles waͤre, wer wacht uͤber ihre Beobach-
tung, der nicht beſtechbar waͤre? Der Baͤcker
backt alſo nach Gutduͤnken und nach dem Maß-
ſtabe, den ſeine eigenen Beduͤrfniſſe zum Leben
und zum Wohlleben ihm zu erfordern ſcheinen.

Uebrigens ſind die meiſten Baͤcker in War-
ſchau und den uͤbrigen polniſchen Staͤdten,
Deutſche, und daher kommt es, daß Materie
und Geſtalt des Brotes in Polen, nicht wie
in andern Laͤndern, etwas eigenthuͤmliches ha-
ben, ſo wie z. B. Paris ſein lockeres, durch-
loͤchertes Brot in Geſtalt großer Ringe; Pie-
mont das ſeinige, faſt ohne Krume, in Knit-
teln; die Lombardie ihr geſottenes in Knollen
und Sternen, und Genua ſein graues, ſan-
diges, in Schmetterlingsgeſtalt zu backen
pflegt.

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[138/0156] in Warſchau gewiſſe Vorſchriften uͤber Groͤße und Gewicht des Brotes; aber wann ſind ſie gegeben? Wann werden ſie erneuert? Wann werden ſie nach dem niedrigern oder hoͤhern Preiſe des Getreides beſtimmt? Und wenn das alles waͤre, wer wacht uͤber ihre Beobach- tung, der nicht beſtechbar waͤre? Der Baͤcker backt alſo nach Gutduͤnken und nach dem Maß- ſtabe, den ſeine eigenen Beduͤrfniſſe zum Leben und zum Wohlleben ihm zu erfordern ſcheinen. Uebrigens ſind die meiſten Baͤcker in War- ſchau und den uͤbrigen polniſchen Staͤdten, Deutſche, und daher kommt es, daß Materie und Geſtalt des Brotes in Polen, nicht wie in andern Laͤndern, etwas eigenthuͤmliches ha- ben, ſo wie z. B. Paris ſein lockeres, durch- loͤchertes Brot in Geſtalt großer Ringe; Pie- mont das ſeinige, faſt ohne Krume, in Knit- teln; die Lombardie ihr geſottenes in Knollen und Sternen, und Genua ſein graues, ſan- diges, in Schmetterlingsgeſtalt zu backen pflegt.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/156>, abgerufen am 27.04.2024.