Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

deren Lösung aber der nächstens zu versam-
melnde Reichstag schwerlich nöthig machen
wird. Uebrigens ist der erste Eintritt in die
Stadt ansehnlich genug, und er wird es durch
das königliche Schloß und mehrere Häuser von
Großen, die hier auf einen Fleck zusammenge-
drängt erscheinen. Jst man diesen vorüber,
so gelangt man, über eine neue feste Brücke,
in die Stadt selbst und hier wird einem je-
ner Abstich in der Bauart, der allen Polni-
schen beträchtlichen Städten gemein ist, sehr
auffallend. Bey Einem guten Hause stehen
drey, den Einsturz drohende, hölzerne Hütten,
dann ein Pallast, dann eine Kirche, auf
einem Pflaster, das man kaum so nennen
kann, weil es, bey dem geringsten Regen, mit
einem Strome von Koth überzogen ist.

Uebrigens zeigte sich Grodno jetzt sehr
volkreich und lebhaft. Außer der starken Russi-
schen Besatzung befanden sich mehrere Ge-
sandte nebst ihrem Gefolge, der Hauptstab
aller umherliegenden Russischen Truppen und

deren Loͤſung aber der naͤchſtens zu verſam-
melnde Reichstag ſchwerlich noͤthig machen
wird. Uebrigens iſt der erſte Eintritt in die
Stadt anſehnlich genug, und er wird es durch
das koͤnigliche Schloß und mehrere Haͤuſer von
Großen, die hier auf einen Fleck zuſammenge-
draͤngt erſcheinen. Jſt man dieſen voruͤber,
ſo gelangt man, uͤber eine neue feſte Bruͤcke,
in die Stadt ſelbſt und hier wird einem je-
ner Abſtich in der Bauart, der allen Polni-
ſchen betraͤchtlichen Staͤdten gemein iſt, ſehr
auffallend. Bey Einem guten Hauſe ſtehen
drey, den Einſturz drohende, hoͤlzerne Huͤtten,
dann ein Pallaſt, dann eine Kirche, auf
einem Pflaſter, das man kaum ſo nennen
kann, weil es, bey dem geringſten Regen, mit
einem Strome von Koth uͤberzogen iſt.

Uebrigens zeigte ſich Grodno jetzt ſehr
volkreich und lebhaft. Außer der ſtarken Ruſſi-
ſchen Beſatzung befanden ſich mehrere Ge-
ſandte nebſt ihrem Gefolge, der Hauptſtab
aller umherliegenden Ruſſiſchen Truppen und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0058" n="40"/>
deren Lo&#x0364;&#x017F;ung aber der na&#x0364;ch&#x017F;tens zu ver&#x017F;am-<lb/>
melnde Reichstag &#x017F;chwerlich no&#x0364;thig machen<lb/>
wird. Uebrigens i&#x017F;t der er&#x017F;te Eintritt in die<lb/>
Stadt an&#x017F;ehnlich genug, und er wird es durch<lb/>
das ko&#x0364;nigliche Schloß und mehrere Ha&#x0364;u&#x017F;er von<lb/>
Großen, die hier auf einen Fleck zu&#x017F;ammenge-<lb/>
dra&#x0364;ngt er&#x017F;cheinen. J&#x017F;t man die&#x017F;en voru&#x0364;ber,<lb/>
&#x017F;o gelangt man, u&#x0364;ber eine neue fe&#x017F;te Bru&#x0364;cke,<lb/>
in die Stadt &#x017F;elb&#x017F;t und hier wird einem je-<lb/>
ner Ab&#x017F;tich in der Bauart, der allen Polni-<lb/>
&#x017F;chen betra&#x0364;chtlichen Sta&#x0364;dten gemein i&#x017F;t, &#x017F;ehr<lb/>
auffallend. Bey Einem guten Hau&#x017F;e &#x017F;tehen<lb/>
drey, den Ein&#x017F;turz drohende, ho&#x0364;lzerne Hu&#x0364;tten,<lb/>
dann ein Palla&#x017F;t, dann eine Kirche, auf<lb/>
einem Pfla&#x017F;ter, das man kaum &#x017F;o nennen<lb/>
kann, weil es, bey dem gering&#x017F;ten Regen, mit<lb/>
einem Strome von Koth u&#x0364;berzogen i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Uebrigens zeigte &#x017F;ich <hi rendition="#g">Grodno</hi> jetzt &#x017F;ehr<lb/>
volkreich und lebhaft. Außer der &#x017F;tarken Ru&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chen Be&#x017F;atzung befanden &#x017F;ich mehrere Ge-<lb/>
&#x017F;andte neb&#x017F;t ihrem Gefolge, der Haupt&#x017F;tab<lb/>
aller umherliegenden Ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Truppen und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0058] deren Loͤſung aber der naͤchſtens zu verſam- melnde Reichstag ſchwerlich noͤthig machen wird. Uebrigens iſt der erſte Eintritt in die Stadt anſehnlich genug, und er wird es durch das koͤnigliche Schloß und mehrere Haͤuſer von Großen, die hier auf einen Fleck zuſammenge- draͤngt erſcheinen. Jſt man dieſen voruͤber, ſo gelangt man, uͤber eine neue feſte Bruͤcke, in die Stadt ſelbſt und hier wird einem je- ner Abſtich in der Bauart, der allen Polni- ſchen betraͤchtlichen Staͤdten gemein iſt, ſehr auffallend. Bey Einem guten Hauſe ſtehen drey, den Einſturz drohende, hoͤlzerne Huͤtten, dann ein Pallaſt, dann eine Kirche, auf einem Pflaſter, das man kaum ſo nennen kann, weil es, bey dem geringſten Regen, mit einem Strome von Koth uͤberzogen iſt. Uebrigens zeigte ſich Grodno jetzt ſehr volkreich und lebhaft. Außer der ſtarken Ruſſi- ſchen Beſatzung befanden ſich mehrere Ge- ſandte nebſt ihrem Gefolge, der Hauptſtab aller umherliegenden Ruſſiſchen Truppen und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/58
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/58>, abgerufen am 29.04.2024.