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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

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kömmt, die Post mag zwey, drey oder vier
Meilen stark seyn, nur 2 Polnische Gulden,
die dem Postmeister sogleich mit bezahlt wer-
den. Dieser giebt sie dem Knecht erst bey
seiner Zurückkunft, damit er, wenn er diesen
Reichthum unterwegs in die Hände bekäme,
sich nicht betrinken könne, was der einzige Ge-
nuß für Leute dieser Art hier zu Lande ist.
Will man ihm, nach zurückgelegtem Postlaufe
noch außerdem belohnen, so küßt er einem für
drey bis fünf Polnische Groschen Hand und
Rock.

Die Pferde sind durch ganz Lithauen klein,
aber das vermindert ihre Brauchbarkeit nicht.
Man hat gesehen, was ich täglich für Strek-
ken mit ihnen zurücklegte. Jhre größeste Tu-
gend ist laufen, und mehr als Ein Postknecht
hat mich zwey Drittel der Post im Sprunge,
zum Theil in gestrecktem Laufe, gefahren. Zie-
hen ist ihre schwache Seite, deshalb geben die
Postmeister, ungefordert, zuweilen ein auch
zwey Pferde mehr, die man nicht bezahlt.

koͤmmt, die Poſt mag zwey, drey oder vier
Meilen ſtark ſeyn, nur 2 Polniſche Gulden,
die dem Poſtmeiſter ſogleich mit bezahlt wer-
den. Dieſer giebt ſie dem Knecht erſt bey
ſeiner Zuruͤckkunft, damit er, wenn er dieſen
Reichthum unterwegs in die Haͤnde bekaͤme,
ſich nicht betrinken koͤnne, was der einzige Ge-
nuß fuͤr Leute dieſer Art hier zu Lande iſt.
Will man ihm, nach zuruͤckgelegtem Poſtlaufe
noch außerdem belohnen, ſo kuͤßt er einem fuͤr
drey bis fuͤnf Polniſche Groſchen Hand und
Rock.

Die Pferde ſind durch ganz Lithauen klein,
aber das vermindert ihre Brauchbarkeit nicht.
Man hat geſehen, was ich taͤglich fuͤr Strek-
ken mit ihnen zuruͤcklegte. Jhre groͤßeſte Tu-
gend iſt laufen, und mehr als Ein Poſtknecht
hat mich zwey Drittel der Poſt im Sprunge,
zum Theil in geſtrecktem Laufe, gefahren. Zie-
hen iſt ihre ſchwache Seite, deshalb geben die
Poſtmeiſter, ungefordert, zuweilen ein auch
zwey Pferde mehr, die man nicht bezahlt.

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[58/0076] koͤmmt, die Poſt mag zwey, drey oder vier Meilen ſtark ſeyn, nur 2 Polniſche Gulden, die dem Poſtmeiſter ſogleich mit bezahlt wer- den. Dieſer giebt ſie dem Knecht erſt bey ſeiner Zuruͤckkunft, damit er, wenn er dieſen Reichthum unterwegs in die Haͤnde bekaͤme, ſich nicht betrinken koͤnne, was der einzige Ge- nuß fuͤr Leute dieſer Art hier zu Lande iſt. Will man ihm, nach zuruͤckgelegtem Poſtlaufe noch außerdem belohnen, ſo kuͤßt er einem fuͤr drey bis fuͤnf Polniſche Groſchen Hand und Rock. Die Pferde ſind durch ganz Lithauen klein, aber das vermindert ihre Brauchbarkeit nicht. Man hat geſehen, was ich taͤglich fuͤr Strek- ken mit ihnen zuruͤcklegte. Jhre groͤßeſte Tu- gend iſt laufen, und mehr als Ein Poſtknecht hat mich zwey Drittel der Poſt im Sprunge, zum Theil in geſtrecktem Laufe, gefahren. Zie- hen iſt ihre ſchwache Seite, deshalb geben die Poſtmeiſter, ungefordert, zuweilen ein auch zwey Pferde mehr, die man nicht bezahlt.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/76>, abgerufen am 29.04.2024.