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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

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Jch hatte einige Posten hindurch 5 Pferde,
da ich doch nur drey bezahlte, und die stehende
Anzahl war durchweg vier. An ihrer Gestalt
und ihren Zug- und Lenkseilen muß man sei-
nen Anstoß nehmen. Erstre ist so unansehn-
lich, und letztere sind so liederlich, daß man,
auf den ersten Blick, an seinem Fortkommen
verzweifelt. Auch ist der Postknecht auf jedem
Laufe ein paar Mal gezwungen, eine Minute
abzusteigen und daran zu knippern.

Die Postknechte, obwohl sie zum Theil, be-
sonders in dem Kerne von Lithauen, weder
Röcke, noch Hosen, noch Stiefeln haben, sind
vortreffliche Fuhrleute, und fahren, trotz ihrer
Eilfertigkeit, mit einer Vorsicht und Sorgfalt,
die ich zuweilen bewundert habe. Sie sind
höflich, willig und genügsam. Nur zweymal
ist es mir auf der ganzen Reise nach Warschau
vorgekommen, daß der Postknecht vor einem
Kruge anhielt; aber er verweilte nie über fünf
Minuten. Noch dazu drang ihn die Hitze,
einen kühlen Trunk zu thun. Es fällt diesen

Jch hatte einige Poſten hindurch 5 Pferde,
da ich doch nur drey bezahlte, und die ſtehende
Anzahl war durchweg vier. An ihrer Geſtalt
und ihren Zug- und Lenkſeilen muß man ſei-
nen Anſtoß nehmen. Erſtre iſt ſo unanſehn-
lich, und letztere ſind ſo liederlich, daß man,
auf den erſten Blick, an ſeinem Fortkommen
verzweifelt. Auch iſt der Poſtknecht auf jedem
Laufe ein paar Mal gezwungen, eine Minute
abzuſteigen und daran zu knippern.

Die Poſtknechte, obwohl ſie zum Theil, be-
ſonders in dem Kerne von Lithauen, weder
Roͤcke, noch Hoſen, noch Stiefeln haben, ſind
vortreffliche Fuhrleute, und fahren, trotz ihrer
Eilfertigkeit, mit einer Vorſicht und Sorgfalt,
die ich zuweilen bewundert habe. Sie ſind
hoͤflich, willig und genuͤgſam. Nur zweymal
iſt es mir auf der ganzen Reiſe nach Warſchau
vorgekommen, daß der Poſtknecht vor einem
Kruge anhielt; aber er verweilte nie uͤber fuͤnf
Minuten. Noch dazu drang ihn die Hitze,
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[59/0077] Jch hatte einige Poſten hindurch 5 Pferde, da ich doch nur drey bezahlte, und die ſtehende Anzahl war durchweg vier. An ihrer Geſtalt und ihren Zug- und Lenkſeilen muß man ſei- nen Anſtoß nehmen. Erſtre iſt ſo unanſehn- lich, und letztere ſind ſo liederlich, daß man, auf den erſten Blick, an ſeinem Fortkommen verzweifelt. Auch iſt der Poſtknecht auf jedem Laufe ein paar Mal gezwungen, eine Minute abzuſteigen und daran zu knippern. Die Poſtknechte, obwohl ſie zum Theil, be- ſonders in dem Kerne von Lithauen, weder Roͤcke, noch Hoſen, noch Stiefeln haben, ſind vortreffliche Fuhrleute, und fahren, trotz ihrer Eilfertigkeit, mit einer Vorſicht und Sorgfalt, die ich zuweilen bewundert habe. Sie ſind hoͤflich, willig und genuͤgſam. Nur zweymal iſt es mir auf der ganzen Reiſe nach Warſchau vorgekommen, daß der Poſtknecht vor einem Kruge anhielt; aber er verweilte nie uͤber fuͤnf Minuten. Noch dazu drang ihn die Hitze, einen kuͤhlen Trunk zu thun. Es faͤllt dieſen

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/77>, abgerufen am 29.04.2024.