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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

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Arbeit, und sie lassen ihn ungefärbt, meist
braun oder weiß, wie die Wolle ihn giebt.
Die Kinder sind Sommer und Winter im
bloßen Hemde.

Natürliche Heiterkeit und Lustigkeit findet
man bey ihnen selten; aber destomehr die durch
Branntwein erkünstelte. Jhre Herren sorgen
dafür, daß sie dergleichen in allen Krügen im
Ueberflusse finden, und so werden sie doch die
Geber ihrer Fröhlichkeit, freylich für ihren
letzten Pfennig und ihr letztes Körnchen Ge-
treide. Diese Krüge sind an Juden theils ver-
pachtet, theils stehen diese mit dem Besitzer
derselben auf den zehnten Groschen.

Man lege zu diesem allen noch den dop-
pelten Umstand, daß sie ihre kleinen Bedürf-
nisse des Luxus von den Juden, und ihre
Seligkeit von den Bettelmönchen kaufen müs-
sen, so wird man selbst bemerken, was ich
sonst über den bürgerlichen, sittlichen, wirth-

Arbeit, und ſie laſſen ihn ungefaͤrbt, meiſt
braun oder weiß, wie die Wolle ihn giebt.
Die Kinder ſind Sommer und Winter im
bloßen Hemde.

Natuͤrliche Heiterkeit und Luſtigkeit findet
man bey ihnen ſelten; aber deſtomehr die durch
Branntwein erkuͤnſtelte. Jhre Herren ſorgen
dafuͤr, daß ſie dergleichen in allen Kruͤgen im
Ueberfluſſe finden, und ſo werden ſie doch die
Geber ihrer Froͤhlichkeit, freylich fuͤr ihren
letzten Pfennig und ihr letztes Koͤrnchen Ge-
treide. Dieſe Kruͤge ſind an Juden theils ver-
pachtet, theils ſtehen dieſe mit dem Beſitzer
derſelben auf den zehnten Groſchen.

Man lege zu dieſem allen noch den dop-
pelten Umſtand, daß ſie ihre kleinen Beduͤrf-
niſſe des Luxus von den Juden, und ihre
Seligkeit von den Bettelmoͤnchen kaufen muͤſ-
ſen, ſo wird man ſelbſt bemerken, was ich
ſonſt uͤber den buͤrgerlichen, ſittlichen, wirth-

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[70/0088] Arbeit, und ſie laſſen ihn ungefaͤrbt, meiſt braun oder weiß, wie die Wolle ihn giebt. Die Kinder ſind Sommer und Winter im bloßen Hemde. Natuͤrliche Heiterkeit und Luſtigkeit findet man bey ihnen ſelten; aber deſtomehr die durch Branntwein erkuͤnſtelte. Jhre Herren ſorgen dafuͤr, daß ſie dergleichen in allen Kruͤgen im Ueberfluſſe finden, und ſo werden ſie doch die Geber ihrer Froͤhlichkeit, freylich fuͤr ihren letzten Pfennig und ihr letztes Koͤrnchen Ge- treide. Dieſe Kruͤge ſind an Juden theils ver- pachtet, theils ſtehen dieſe mit dem Beſitzer derſelben auf den zehnten Groſchen. Man lege zu dieſem allen noch den dop- pelten Umſtand, daß ſie ihre kleinen Beduͤrf- niſſe des Luxus von den Juden, und ihre Seligkeit von den Bettelmoͤnchen kaufen muͤſ- ſen, ſo wird man ſelbſt bemerken, was ich ſonſt uͤber den buͤrgerlichen, ſittlichen, wirth-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/88>, abgerufen am 29.04.2024.