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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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die von Achilles Hand gefallen waren. Dann wurde das
Feld ganz trocken und das Wasser gehemmt. Am Ufer
fingen die Ulmen, die Weiden, die Tamarisken und alles
Gras zu brennen an; schon schnappten die Aale und an¬
dere Fische, angstvoll und matt von dem Glutanhauche,
nach frischem Wasser. Endlich wogte der Strom selbst
in lichten Flammen, und Skamander, der Gott, rief
wimmernd aus seinen Fluthen hervor: "Gluthathmender
Gott, ich begehre nicht, mit dir zu kämpfen, laß uns vom
Streite ruhen; was geht mich die Fehde der Trojaner
und des Achilles an!" So klagte er, während seine Ge¬
wässer sprudelten, wie Fett im Kessel über der Flamme
brodelt. Endlich wandte er sich laut wehklagend an die
Göttermutter, und rief: "Here, warum quält denn dein
Sohn Hephästus meinen Strom so entsetzlich? Hab' ich
doch nicht mehr verschuldet, als die andern Götter alle,
so viel ihrer den Trojanern beistehen; jetzt aber will ich
ja gerne ruhig seyn, wenn du es befiehlst, nur sollte auch
er mich in Ruhe lassen!" Da begann Juno zu ihrem
Sohne: "Halt ein, Hephästus, martere mir den unsterb¬
lichen Gott nicht länger um der Sterblichen willen!" Jetzt
löschte der Feuergott seine Flamme, der Strom rollte in
seine Ufer zurück, und der ferne Simois gab sich auch zufrieden.


Schlacht der Götter.

Den andern Göttern tobte dafür das Herz in unge¬
stümer Feindschaft, und im Sturme prallten sie aneinander,
daß der Erdkreis dröhnte und die Luft rings wie von

Schwab, das klass. Alterthum. II. 18

die von Achilles Hand gefallen waren. Dann wurde das
Feld ganz trocken und das Waſſer gehemmt. Am Ufer
fingen die Ulmen, die Weiden, die Tamarisken und alles
Gras zu brennen an; ſchon ſchnappten die Aale und an¬
dere Fiſche, angſtvoll und matt von dem Glutanhauche,
nach friſchem Waſſer. Endlich wogte der Strom ſelbſt
in lichten Flammen, und Skamander, der Gott, rief
wimmernd aus ſeinen Fluthen hervor: „Gluthathmender
Gott, ich begehre nicht, mit dir zu kämpfen, laß uns vom
Streite ruhen; was geht mich die Fehde der Trojaner
und des Achilles an!” So klagte er, während ſeine Ge¬
wäſſer ſprudelten, wie Fett im Keſſel über der Flamme
brodelt. Endlich wandte er ſich laut wehklagend an die
Göttermutter, und rief: „Here, warum quält denn dein
Sohn Hephäſtus meinen Strom ſo entſetzlich? Hab' ich
doch nicht mehr verſchuldet, als die andern Götter alle,
ſo viel ihrer den Trojanern beiſtehen; jetzt aber will ich
ja gerne ruhig ſeyn, wenn du es befiehlſt, nur ſollte auch
er mich in Ruhe laſſen!” Da begann Juno zu ihrem
Sohne: „Halt ein, Hephäſtus, martere mir den unſterb¬
lichen Gott nicht länger um der Sterblichen willen!” Jetzt
löſchte der Feuergott ſeine Flamme, der Strom rollte in
ſeine Ufer zurück, und der ferne Simois gab ſich auch zufrieden.


Schlacht der Götter.

Den andern Göttern tobte dafür das Herz in unge¬
ſtümer Feindſchaft, und im Sturme prallten ſie aneinander,
daß der Erdkreis dröhnte und die Luft rings wie von

Schwab, das klaſſ. Alterthum. II. 18
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[273/0295] die von Achilles Hand gefallen waren. Dann wurde das Feld ganz trocken und das Waſſer gehemmt. Am Ufer fingen die Ulmen, die Weiden, die Tamarisken und alles Gras zu brennen an; ſchon ſchnappten die Aale und an¬ dere Fiſche, angſtvoll und matt von dem Glutanhauche, nach friſchem Waſſer. Endlich wogte der Strom ſelbſt in lichten Flammen, und Skamander, der Gott, rief wimmernd aus ſeinen Fluthen hervor: „Gluthathmender Gott, ich begehre nicht, mit dir zu kämpfen, laß uns vom Streite ruhen; was geht mich die Fehde der Trojaner und des Achilles an!” So klagte er, während ſeine Ge¬ wäſſer ſprudelten, wie Fett im Keſſel über der Flamme brodelt. Endlich wandte er ſich laut wehklagend an die Göttermutter, und rief: „Here, warum quält denn dein Sohn Hephäſtus meinen Strom ſo entſetzlich? Hab' ich doch nicht mehr verſchuldet, als die andern Götter alle, ſo viel ihrer den Trojanern beiſtehen; jetzt aber will ich ja gerne ruhig ſeyn, wenn du es befiehlſt, nur ſollte auch er mich in Ruhe laſſen!” Da begann Juno zu ihrem Sohne: „Halt ein, Hephäſtus, martere mir den unſterb¬ lichen Gott nicht länger um der Sterblichen willen!” Jetzt löſchte der Feuergott ſeine Flamme, der Strom rollte in ſeine Ufer zurück, und der ferne Simois gab ſich auch zufrieden. Schlacht der Götter. Den andern Göttern tobte dafür das Herz in unge¬ ſtümer Feindſchaft, und im Sturme prallten ſie aneinander, daß der Erdkreis dröhnte und die Luft rings wie von Schwab, das klaſſ. Alterthum. II. 18

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/295>, abgerufen am 28.03.2024.