Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Gesetzen zur Bildung beider zusammenfügen, indem in
beiden Fällen sich zuerst ein Kernkörperchen, um dieses
ein Kern, um diesen eine Zelle bildet. Aus dieser über-
einstimmenden Entstehungsweise zwei so verschiedener Ele-
mentartheile wurde dann das Prinzip der gleichen Bil-
dungsweise aller Elementartheile zuerst erschlossen und
dann durch die Beobachtung nachgewiesen. Was also
hier zu entscheiden ist, ist die Frage, ob die Idee, ein
thierisches Elementargebilde mit einer Pflanzenzelle in Bezug
auf eine gleiche Entstehungsweise zu vergleichen, schon in
den früheren Beobachtungen von Valentin hervortritt, und
zweitens, ob Valentin das Prinzip erkannt hat, welches
in der gleichen Entstehungsweise zweier physiologisch sehr
verschiedener Elementartheile liegt. Ich habe in der Vor-
rede von meinem Gesichtspunkt aus eine kurze geschicht-
liche Uebersicht gegeben und kann mich durch die Be-
merkungen von Valentin von der Nothwendigkeit einer
Aenderung darin nicht überzeugen. Die Unpartheilich-
keit erfordert indessen auch die Darstellung von Va-
lentin
hier folgen zu lassen, wobei ich die von ihm aus
seinen Arbeiten citirten Stellen wörtlich und vollständig
hinzufüge:

"Bei meinen ersten histogenetischen Unter-
"suchungen hatte ich als die Urmasse aller Ge-
"webe eigenthümliche Körnchen, welche in ei-
"ner durchsichtigen Gallerte liegen, beobachtet.
"Ich hatte die Verschiedenheit dieser Körner in
"dem serösen und dem Schleimblatte zur Zeit der
"ersten Trennung von beiden angegeben. In dem
"Gefässblatte fand ich grosse Kugeln oder Zel-
"len, welche ich schon 1835 in ihrer Form
"und Aneinanderlage mit dem Pflanzenzellgewe-
"be verglich.
(Entwickelungsgeschichte 287. Das Ge-
"fässblatt erscheint wie aus grossen Kugeln von 0,001013 P. Z.
"im mittlern Durchmesser zusammengesetzt, die in ihrem In-
"nern vollkommen durchsichtig und so eng zusammengedrängt
"sind, dass sie an vielen Berührungspunkten sich abplatten und

Gesetzen zur Bildung beider zusammenfügen, indem in
beiden Fällen sich zuerst ein Kernkörperchen, um dieses
ein Kern, um diesen eine Zelle bildet. Aus dieser über-
einstimmenden Entstehungsweise zwei so verschiedener Ele-
mentartheile wurde dann das Prinzip der gleichen Bil-
dungsweise aller Elementartheile zuerst erschlossen und
dann durch die Beobachtung nachgewiesen. Was also
hier zu entscheiden ist, ist die Frage, ob die Idee, ein
thierisches Elementargebilde mit einer Pflanzenzelle in Bezug
auf eine gleiche Entstehungsweise zu vergleichen, schon in
den früheren Beobachtungen von Valentin hervortritt, und
zweitens, ob Valentin das Prinzip erkannt hat, welches
in der gleichen Entstehungsweise zweier physiologisch sehr
verschiedener Elementartheile liegt. Ich habe in der Vor-
rede von meinem Gesichtspunkt aus eine kurze geschicht-
liche Uebersicht gegeben und kann mich durch die Be-
merkungen von Valentin von der Nothwendigkeit einer
Aenderung darin nicht überzeugen. Die Unpartheilich-
keit erfordert indessen auch die Darstellung von Va-
lentin
hier folgen zu lassen, wobei ich die von ihm aus
seinen Arbeiten citirten Stellen wörtlich und vollständig
hinzufüge:

Bei meinen ersten histogenetischen Unter-
„suchungen hatte ich als die Urmasse aller Ge-
„webe eigenthümliche Körnchen, welche in ei-
„ner durchsichtigen Gallerte liegen, beobachtet.
„Ich hatte die Verschiedenheit dieser Körner in
„dem serösen und dem Schleimblatte zur Zeit der
„ersten Trennung von beiden angegeben. In dem
„Gefäſsblatte fand ich groſse Kugeln oder Zel-
„len, welche ich schon 1835 in ihrer Form
„und Aneinanderlage mit dem Pflanzenzellgewe-
„be verglich.
(Entwickelungsgeschichte 287. Das Ge-
„fäſsblatt erscheint wie aus groſsen Kugeln von 0,001013 P. Z.
„im mittlern Durchmesser zusammengesetzt, die in ihrem In-
„nern vollkommen durchsichtig und so eng zusammengedrängt
„sind, daſs sie an vielen Berührungspunkten sich abplatten und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0285" n="261"/>
Gesetzen zur Bildung beider zusammenfügen, indem in<lb/>
beiden Fällen sich zuerst ein Kernkörperchen, um dieses<lb/>
ein Kern, um diesen eine Zelle bildet. Aus dieser über-<lb/>
einstimmenden Entstehungsweise zwei so verschiedener Ele-<lb/>
mentartheile wurde dann das Prinzip der gleichen Bil-<lb/>
dungsweise aller Elementartheile zuerst erschlossen und<lb/>
dann durch die Beobachtung nachgewiesen. Was also<lb/>
hier zu entscheiden ist, ist die Frage, ob die Idee, ein<lb/>
thierisches Elementargebilde mit einer Pflanzenzelle in Bezug<lb/>
auf eine gleiche Entstehungsweise zu vergleichen, schon in<lb/>
den früheren Beobachtungen von <hi rendition="#g">Valentin</hi> hervortritt, und<lb/>
zweitens, ob <hi rendition="#g">Valentin</hi> das Prinzip erkannt hat, welches<lb/>
in der gleichen Entstehungsweise zweier physiologisch sehr<lb/>
verschiedener Elementartheile liegt. Ich habe in der Vor-<lb/>
rede von meinem Gesichtspunkt aus eine kurze geschicht-<lb/>
liche Uebersicht gegeben und kann mich durch die Be-<lb/>
merkungen von <hi rendition="#g">Valentin</hi> von der Nothwendigkeit einer<lb/>
Aenderung darin nicht überzeugen. Die Unpartheilich-<lb/>
keit erfordert indessen auch die Darstellung von <hi rendition="#g">Va-<lb/>
lentin</hi> hier folgen zu lassen, wobei ich die von ihm aus<lb/>
seinen Arbeiten citirten Stellen wörtlich und vollständig<lb/>
hinzufüge:</p><lb/>
        <p>&#x201E;<hi rendition="#g">Bei meinen ersten histogenetischen Unter-<lb/>
&#x201E;suchungen hatte ich als die Urmasse aller Ge-<lb/>
&#x201E;webe eigenthümliche Körnchen, welche in ei-<lb/>
&#x201E;ner durchsichtigen Gallerte liegen, beobachtet.<lb/>
&#x201E;Ich hatte die Verschiedenheit dieser Körner in<lb/>
&#x201E;dem serösen und dem Schleimblatte zur Zeit der<lb/>
&#x201E;ersten Trennung von beiden angegeben. In dem<lb/>
&#x201E;Gefä&#x017F;sblatte fand ich gro&#x017F;se Kugeln oder Zel-<lb/>
&#x201E;len, welche ich schon 1835 in ihrer Form<lb/>
&#x201E;und Aneinanderlage mit dem Pflanzenzellgewe-<lb/>
&#x201E;be verglich.</hi> (Entwickelungsgeschichte 287. Das Ge-<lb/>
&#x201E;&#x017F;sblatt erscheint wie aus gro&#x017F;sen Kugeln von 0,001013 P. Z.<lb/>
&#x201E;im mittlern Durchmesser zusammengesetzt, die in ihrem In-<lb/>
&#x201E;nern vollkommen durchsichtig und so eng zusammengedrängt<lb/>
&#x201E;sind, da&#x017F;s sie an vielen Berührungspunkten sich abplatten und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0285] Gesetzen zur Bildung beider zusammenfügen, indem in beiden Fällen sich zuerst ein Kernkörperchen, um dieses ein Kern, um diesen eine Zelle bildet. Aus dieser über- einstimmenden Entstehungsweise zwei so verschiedener Ele- mentartheile wurde dann das Prinzip der gleichen Bil- dungsweise aller Elementartheile zuerst erschlossen und dann durch die Beobachtung nachgewiesen. Was also hier zu entscheiden ist, ist die Frage, ob die Idee, ein thierisches Elementargebilde mit einer Pflanzenzelle in Bezug auf eine gleiche Entstehungsweise zu vergleichen, schon in den früheren Beobachtungen von Valentin hervortritt, und zweitens, ob Valentin das Prinzip erkannt hat, welches in der gleichen Entstehungsweise zweier physiologisch sehr verschiedener Elementartheile liegt. Ich habe in der Vor- rede von meinem Gesichtspunkt aus eine kurze geschicht- liche Uebersicht gegeben und kann mich durch die Be- merkungen von Valentin von der Nothwendigkeit einer Aenderung darin nicht überzeugen. Die Unpartheilich- keit erfordert indessen auch die Darstellung von Va- lentin hier folgen zu lassen, wobei ich die von ihm aus seinen Arbeiten citirten Stellen wörtlich und vollständig hinzufüge: „Bei meinen ersten histogenetischen Unter- „suchungen hatte ich als die Urmasse aller Ge- „webe eigenthümliche Körnchen, welche in ei- „ner durchsichtigen Gallerte liegen, beobachtet. „Ich hatte die Verschiedenheit dieser Körner in „dem serösen und dem Schleimblatte zur Zeit der „ersten Trennung von beiden angegeben. In dem „Gefäſsblatte fand ich groſse Kugeln oder Zel- „len, welche ich schon 1835 in ihrer Form „und Aneinanderlage mit dem Pflanzenzellgewe- „be verglich. (Entwickelungsgeschichte 287. Das Ge- „fäſsblatt erscheint wie aus groſsen Kugeln von 0,001013 P. Z. „im mittlern Durchmesser zusammengesetzt, die in ihrem In- „nern vollkommen durchsichtig und so eng zusammengedrängt „sind, daſs sie an vielen Berührungspunkten sich abplatten und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/285
Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/285>, abgerufen am 23.04.2024.