erheblich günstiger liegen, indem hier für alle Bedürfnisse weitgehende Unterstützung gewährt wird.
Die Hoffnung, Vaganten und Stromer durch die Möglichkeit der Ansiedelung in ordentliche und fleissige Arbeiter umzuwandeln, dürfte sich nur in wenigen Fällen realisieren. Zu Kolonisationen sind nicht solche Leute, sondern in erster Linie tüchtige Landwirte erforderlich.
Das wesentlichste Hindernis für die rasche und erfolgreiche Be- siedelung derartiger Gebiete besteht in dem Mangel an dem nötigen Betriebskapitale. Ohne solches werden nur kümmerliche Existenzen geschaffen, welche bei einigermassen ungünstigen Verhältnissen rasch dem Proletariat anheimfallen.
In den östlichen Provinzen von Preussen, wo seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Kolonien auf altem Waldlande gegründet worden sind, hat man viele recht schlimme Erfahrungen gemacht, welche keines- wegs zu ausgedehnten neuen Experimenten in dieser Beziehung verlocken.
Es liegt um so weniger Veranlassung vor, in grossem Umfange mit solchen Rodungen vorzugehen, als einerseits in Deutschland noch weite, waldleere Gebiete vorhanden sind, welche der Kolonisation harren (in der Provinz Hannover allein ca. 6 Quadratmeilen), und anderseits die der landwirtschaftlichen Kultur fähigen Flächen bei forstlicher Benutzung ebenfalls meist recht hohe Erträge liefern.
Wenn im Vorhergehenden auf die Bedenken hingewiesen worden ist, welche derartige Umwandlungen bieten, so soll hiermit aber keines- wegs gesagt sein, dass solche überhaupt nicht vorzunehmen seien, son- dern nur vor Überstürzung und überspannten Hoffnungen gewarnt werden.
In den dichter bevölkerten Gegenden Süd- und Mitteldeutschlands sind recht erhebliche Waldstrecken vorhanden, welche erfolgreich in Feld oder Wiese umgewandelt werden können, und man geht so ziem- lich überall auch von seiten der Staatsforstverwaltung in diesem Sinne vor. In Preussen und Bayern sind neuerdings zahlreiche Erlasse in diesem Sinne erschienen. In Preussen liefern die Pachtrenten für derartige Rodländereien den grössten Teil der ca. 41/2 Millionen M. betragen- den Einnahmen aus sogen. Nebennutzungen. Die Staatsforstverwaltung sucht namentlich auch durch Ansiedelung von Waldarbeitern solche Kolonien zu gründen; diese versprechen deshalb Erfolg, weil die Be- wohner auch ständige Gelegenheit zum Verdienst von Geld haben. Grosse Aufmerksamkeit wird neuerdings der Umwandlung von Brüchern, welche innerhalb der Waldungen liegen, in Wiesen zugewandt, was in den Sandgebieten des Ostens ebenso erwünscht wie lohnend ist.
Unabhängig von diesen prinzipiellen Erwägungen ist die Veräusse- rung einzelner isoliert gelegener Waldparzellen aus verwaltungstech- nischen Rücksichten, weil ihr Schutz und Betrieb schwer und kostspielig ist und dieselben daher auch nur eine geringe Rente abwerfen.
B. Zweiter (spezieller) Teil.
erheblich günstiger liegen, indem hier für alle Bedürfnisse weitgehende Unterstützung gewährt wird.
Die Hoffnung, Vaganten und Stromer durch die Möglichkeit der Ansiedelung in ordentliche und fleiſsige Arbeiter umzuwandeln, dürfte sich nur in wenigen Fällen realisieren. Zu Kolonisationen sind nicht solche Leute, sondern in erster Linie tüchtige Landwirte erforderlich.
Das wesentlichste Hindernis für die rasche und erfolgreiche Be- siedelung derartiger Gebiete besteht in dem Mangel an dem nötigen Betriebskapitale. Ohne solches werden nur kümmerliche Existenzen geschaffen, welche bei einigermaſsen ungünstigen Verhältnissen rasch dem Proletariat anheimfallen.
In den östlichen Provinzen von Preuſsen, wo seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Kolonien auf altem Waldlande gegründet worden sind, hat man viele recht schlimme Erfahrungen gemacht, welche keines- wegs zu ausgedehnten neuen Experimenten in dieser Beziehung verlocken.
Es liegt um so weniger Veranlassung vor, in groſsem Umfange mit solchen Rodungen vorzugehen, als einerseits in Deutschland noch weite, waldleere Gebiete vorhanden sind, welche der Kolonisation harren (in der Provinz Hannover allein ca. 6 Quadratmeilen), und anderseits die der landwirtschaftlichen Kultur fähigen Flächen bei forstlicher Benutzung ebenfalls meist recht hohe Erträge liefern.
Wenn im Vorhergehenden auf die Bedenken hingewiesen worden ist, welche derartige Umwandlungen bieten, so soll hiermit aber keines- wegs gesagt sein, daſs solche überhaupt nicht vorzunehmen seien, son- dern nur vor Überstürzung und überspannten Hoffnungen gewarnt werden.
In den dichter bevölkerten Gegenden Süd- und Mitteldeutschlands sind recht erhebliche Waldstrecken vorhanden, welche erfolgreich in Feld oder Wiese umgewandelt werden können, und man geht so ziem- lich überall auch von seiten der Staatsforstverwaltung in diesem Sinne vor. In Preuſsen und Bayern sind neuerdings zahlreiche Erlasse in diesem Sinne erschienen. In Preuſsen liefern die Pachtrenten für derartige Rodländereien den gröſsten Teil der ca. 4½ Millionen M. betragen- den Einnahmen aus sogen. Nebennutzungen. Die Staatsforstverwaltung sucht namentlich auch durch Ansiedelung von Waldarbeitern solche Kolonien zu gründen; diese versprechen deshalb Erfolg, weil die Be- wohner auch ständige Gelegenheit zum Verdienst von Geld haben. Groſse Aufmerksamkeit wird neuerdings der Umwandlung von Brüchern, welche innerhalb der Waldungen liegen, in Wiesen zugewandt, was in den Sandgebieten des Ostens ebenso erwünscht wie lohnend ist.
Unabhängig von diesen prinzipiellen Erwägungen ist die Veräuſse- rung einzelner isoliert gelegener Waldparzellen aus verwaltungstech- nischen Rücksichten, weil ihr Schutz und Betrieb schwer und kostspielig ist und dieselben daher auch nur eine geringe Rente abwerfen.
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B. Zweiter (spezieller) Teil.
erheblich günstiger liegen, indem hier für alle Bedürfnisse weitgehende
Unterstützung gewährt wird.
Die Hoffnung, Vaganten und Stromer durch die Möglichkeit der
Ansiedelung in ordentliche und fleiſsige Arbeiter umzuwandeln, dürfte
sich nur in wenigen Fällen realisieren. Zu Kolonisationen sind nicht
solche Leute, sondern in erster Linie tüchtige Landwirte erforderlich.
Das wesentlichste Hindernis für die rasche und erfolgreiche Be-
siedelung derartiger Gebiete besteht in dem Mangel an dem nötigen
Betriebskapitale. Ohne solches werden nur kümmerliche Existenzen
geschaffen, welche bei einigermaſsen ungünstigen Verhältnissen rasch
dem Proletariat anheimfallen.
In den östlichen Provinzen von Preuſsen, wo seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts zahlreiche Kolonien auf altem Waldlande gegründet worden
sind, hat man viele recht schlimme Erfahrungen gemacht, welche keines-
wegs zu ausgedehnten neuen Experimenten in dieser Beziehung verlocken.
Es liegt um so weniger Veranlassung vor, in groſsem Umfange mit
solchen Rodungen vorzugehen, als einerseits in Deutschland noch weite,
waldleere Gebiete vorhanden sind, welche der Kolonisation harren (in
der Provinz Hannover allein ca. 6 Quadratmeilen), und anderseits die
der landwirtschaftlichen Kultur fähigen Flächen bei forstlicher Benutzung
ebenfalls meist recht hohe Erträge liefern.
Wenn im Vorhergehenden auf die Bedenken hingewiesen worden
ist, welche derartige Umwandlungen bieten, so soll hiermit aber keines-
wegs gesagt sein, daſs solche überhaupt nicht vorzunehmen seien, son-
dern nur vor Überstürzung und überspannten Hoffnungen gewarnt werden.
In den dichter bevölkerten Gegenden Süd- und Mitteldeutschlands
sind recht erhebliche Waldstrecken vorhanden, welche erfolgreich in
Feld oder Wiese umgewandelt werden können, und man geht so ziem-
lich überall auch von seiten der Staatsforstverwaltung in diesem Sinne
vor. In Preuſsen und Bayern sind neuerdings zahlreiche Erlasse in
diesem Sinne erschienen. In Preuſsen liefern die Pachtrenten für derartige
Rodländereien den gröſsten Teil der ca. 4½ Millionen M. betragen-
den Einnahmen aus sogen. Nebennutzungen. Die Staatsforstverwaltung
sucht namentlich auch durch Ansiedelung von Waldarbeitern solche
Kolonien zu gründen; diese versprechen deshalb Erfolg, weil die Be-
wohner auch ständige Gelegenheit zum Verdienst von Geld haben.
Groſse Aufmerksamkeit wird neuerdings der Umwandlung von Brüchern,
welche innerhalb der Waldungen liegen, in Wiesen zugewandt, was
in den Sandgebieten des Ostens ebenso erwünscht wie lohnend ist.
Unabhängig von diesen prinzipiellen Erwägungen ist die Veräuſse-
rung einzelner isoliert gelegener Waldparzellen aus verwaltungstech-
nischen Rücksichten, weil ihr Schutz und Betrieb schwer und kostspielig
ist und dieselben daher auch nur eine geringe Rente abwerfen.
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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/106>, abgerufen am 29.11.2023.
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