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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
solche Nutzungsrechte, besonders häufig war dies bei den Koloni-
sationen in den ehemals slavischen Gebietsteilen der Fall. Die hohe
volkswirtschaftliche Bedeutung des Bergbaues und der Salinen hatte
bereits während des Mittelalters zur Folge, dass nicht nur das zum
Betriebe notwendige Holz, soweit es nicht aus eigenen Waldungen ent-
nommen werden konnte, auf dem Wege der Berechtigung in den um-
liegenden Forsten gesichert wurde, sondern dass man auch den Berg-
leuten und Salzsiedergenossenschaften gegebenen Falles weitgehende
Berechtigungen für ihren eigenen Bedarf einräumte.

Die Urkunden erwähnen auch zahlreiche Fälle der Okkupation
von neuen und der Erweiterung von bestehenden Forstberechtigungen,
welche bei den unklaren Grenzverhältnissen, dem mangelhaften Forst-
schutze und der Geringwertigkeit der Waldnutzungen erklärlich
genug sind.

Durch das Zusammenwirken verschiedener Umstände ist die Zahl
der Forstberechtigungen seit dem Ende des Mittelalters ganz erheblich
angewachsen.

Die wichtigsten hierbei mitwirkenden Gründe sind folgende:

1. Der Verfall der Markgenossenschaften. Wohl in allen
Fällen, in welchen das Eigentum des Markwaldes an die Landesherren
oder sonstigen Schirmherren überging, verblieben den Markgenossen-
schaften wenigstens ihre bisherigen Bezüge aus dem Walde, allerdings
meist mehr oder minder eingeschränkt; sie befriedigten aber jetzt ihre
Bedürfnisse nicht mehr als Eigentümer, sondern nur noch als Nutzungs-
berechtigte.

2. Bei Neuansiedelungen in der Mark nahmen die Inhaber der
alten Höfe häufig den Ertrag des Markwaldes für sich allein in An-
spruch, und es entwickelte sich so die Trennung in eine engere und
eine weitere Gemeinde, von denen meist die erste die vermögens-
rechtliche, die letzte die politische Seite der alten Markgenossenschaft
übernahm. Häufig ging dann späterhin das Eigentum des Markwaldes
an die politische Gemeinde über, während den Inhabern der alten An-
wesen servitutarische Berechtigungen am Gemeindewalde eingeräumt
wurden. Ihren formellen Abschluss hat diese Entwickelung erst durch
die neue Gemeindegesetzgebung zu Anfange des 19. Jahrhunderts
erfahren.

3. Bei ausgedehnten Besitzungen begnügten sich die Grundherren
öfters in den Waldungen, welche den Hofmarkgenossenschaften über-
wiesen worden waren, mit dem Genusse einzelner Vorrechte als Zeichen
des Eigentumes. In vielen Fällen haben hier die Hofmarkgenossen-
schaften im Laufe der Zeit das volle Eigentum des Waldes erworben,
während die Herrenrechte den Charakter von Servituten am Gemeinde-
walde oder Genossenschaftswalde annahmen.


B. Zweiter (spezieller) Teil.
solche Nutzungsrechte, besonders häufig war dies bei den Koloni-
sationen in den ehemals slavischen Gebietsteilen der Fall. Die hohe
volkswirtschaftliche Bedeutung des Bergbaues und der Salinen hatte
bereits während des Mittelalters zur Folge, daſs nicht nur das zum
Betriebe notwendige Holz, soweit es nicht aus eigenen Waldungen ent-
nommen werden konnte, auf dem Wege der Berechtigung in den um-
liegenden Forsten gesichert wurde, sondern daſs man auch den Berg-
leuten und Salzsiedergenossenschaften gegebenen Falles weitgehende
Berechtigungen für ihren eigenen Bedarf einräumte.

Die Urkunden erwähnen auch zahlreiche Fälle der Okkupation
von neuen und der Erweiterung von bestehenden Forstberechtigungen,
welche bei den unklaren Grenzverhältnissen, dem mangelhaften Forst-
schutze und der Geringwertigkeit der Waldnutzungen erklärlich
genug sind.

Durch das Zusammenwirken verschiedener Umstände ist die Zahl
der Forstberechtigungen seit dem Ende des Mittelalters ganz erheblich
angewachsen.

Die wichtigsten hierbei mitwirkenden Gründe sind folgende:

1. Der Verfall der Markgenossenschaften. Wohl in allen
Fällen, in welchen das Eigentum des Markwaldes an die Landesherren
oder sonstigen Schirmherren überging, verblieben den Markgenossen-
schaften wenigstens ihre bisherigen Bezüge aus dem Walde, allerdings
meist mehr oder minder eingeschränkt; sie befriedigten aber jetzt ihre
Bedürfnisse nicht mehr als Eigentümer, sondern nur noch als Nutzungs-
berechtigte.

2. Bei Neuansiedelungen in der Mark nahmen die Inhaber der
alten Höfe häufig den Ertrag des Markwaldes für sich allein in An-
spruch, und es entwickelte sich so die Trennung in eine engere und
eine weitere Gemeinde, von denen meist die erste die vermögens-
rechtliche, die letzte die politische Seite der alten Markgenossenschaft
übernahm. Häufig ging dann späterhin das Eigentum des Markwaldes
an die politische Gemeinde über, während den Inhabern der alten An-
wesen servitutarische Berechtigungen am Gemeindewalde eingeräumt
wurden. Ihren formellen Abschluſs hat diese Entwickelung erst durch
die neue Gemeindegesetzgebung zu Anfange des 19. Jahrhunderts
erfahren.

3. Bei ausgedehnten Besitzungen begnügten sich die Grundherren
öfters in den Waldungen, welche den Hofmarkgenossenschaften über-
wiesen worden waren, mit dem Genusse einzelner Vorrechte als Zeichen
des Eigentumes. In vielen Fällen haben hier die Hofmarkgenossen-
schaften im Laufe der Zeit das volle Eigentum des Waldes erworben,
während die Herrenrechte den Charakter von Servituten am Gemeinde-
walde oder Genossenschaftswalde annahmen.


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[172/0190] B. Zweiter (spezieller) Teil. solche Nutzungsrechte, besonders häufig war dies bei den Koloni- sationen in den ehemals slavischen Gebietsteilen der Fall. Die hohe volkswirtschaftliche Bedeutung des Bergbaues und der Salinen hatte bereits während des Mittelalters zur Folge, daſs nicht nur das zum Betriebe notwendige Holz, soweit es nicht aus eigenen Waldungen ent- nommen werden konnte, auf dem Wege der Berechtigung in den um- liegenden Forsten gesichert wurde, sondern daſs man auch den Berg- leuten und Salzsiedergenossenschaften gegebenen Falles weitgehende Berechtigungen für ihren eigenen Bedarf einräumte. Die Urkunden erwähnen auch zahlreiche Fälle der Okkupation von neuen und der Erweiterung von bestehenden Forstberechtigungen, welche bei den unklaren Grenzverhältnissen, dem mangelhaften Forst- schutze und der Geringwertigkeit der Waldnutzungen erklärlich genug sind. Durch das Zusammenwirken verschiedener Umstände ist die Zahl der Forstberechtigungen seit dem Ende des Mittelalters ganz erheblich angewachsen. Die wichtigsten hierbei mitwirkenden Gründe sind folgende: 1. Der Verfall der Markgenossenschaften. Wohl in allen Fällen, in welchen das Eigentum des Markwaldes an die Landesherren oder sonstigen Schirmherren überging, verblieben den Markgenossen- schaften wenigstens ihre bisherigen Bezüge aus dem Walde, allerdings meist mehr oder minder eingeschränkt; sie befriedigten aber jetzt ihre Bedürfnisse nicht mehr als Eigentümer, sondern nur noch als Nutzungs- berechtigte. 2. Bei Neuansiedelungen in der Mark nahmen die Inhaber der alten Höfe häufig den Ertrag des Markwaldes für sich allein in An- spruch, und es entwickelte sich so die Trennung in eine engere und eine weitere Gemeinde, von denen meist die erste die vermögens- rechtliche, die letzte die politische Seite der alten Markgenossenschaft übernahm. Häufig ging dann späterhin das Eigentum des Markwaldes an die politische Gemeinde über, während den Inhabern der alten An- wesen servitutarische Berechtigungen am Gemeindewalde eingeräumt wurden. Ihren formellen Abschluſs hat diese Entwickelung erst durch die neue Gemeindegesetzgebung zu Anfange des 19. Jahrhunderts erfahren. 3. Bei ausgedehnten Besitzungen begnügten sich die Grundherren öfters in den Waldungen, welche den Hofmarkgenossenschaften über- wiesen worden waren, mit dem Genusse einzelner Vorrechte als Zeichen des Eigentumes. In vielen Fällen haben hier die Hofmarkgenossen- schaften im Laufe der Zeit das volle Eigentum des Waldes erworben, während die Herrenrechte den Charakter von Servituten am Gemeinde- walde oder Genossenschaftswalde annahmen.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/190>, abgerufen am 18.04.2024.