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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
Referenten haben, sondern auf die Äusserungen, Gutachten, Anträge
u. s. w. der dem Finanzministerium zugeteilten oder eine besondere
Mittelstelle (Anhalt, Baden, Braunschweig, Mecklenburg) bildenden
Direktionsbehörde für die Staatsforstverwaltung angewiesen sind.

Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Errichtung eines
besonderen Ministeriums für Bodenkultur nur in grossen Staaten mög-
lich ist. 1)

Der Grund für Zuteilung der Staatsforstverwaltung zum Geschäfts-
kreise der Finanzministerien in Deutschland liegt hauptsächlich darin,
dass die Staatsforsten einen Teil des Domänenbesitzes bilden, dessen
Verwaltung nach der historischen Entwickelung der Ämterorganisation
stets dem Finanzministerium übertragen war.

Man hat gegen diese Verbindung den Einwand erhoben, dass die
Staatswaldungen überwiegend vom finanziellen und weniger vom volks-
wirtschaftlichen Standpunkte aus bewirtschaftet werden möchten. Die
Thatsachen beweisen jedoch, dass diese Befürchtung ungerechtfertigt ist,
anderseits kann aber ein energischer Finanzminister auch auf die ihm
nicht unmittelbar unterstehenden Staatsbetriebe doch einen sehr fühl-
baren Druck auf Sparsamkeit und Erzielung von Überschüssen ausüben.
Hier handelt es sich mehr um eine Personen-, als um eine Prinzipienfrage.

Im allgemeinen ist die Leitung der gesamten Forstwirtschaft durch
ein Ministerium für Bodenkultur, wie es innerhalb Deutschlands in
Preussen, ausserhalb in Oesterreich-Ungarn, Italien, Frankreich und
Russland der Fall ist, wegen der gleichmässigen Berücksichtigung aller
Kategorien des Waldbesitzes vorzuziehen, während eine dem Finanz-

1) In Deutschland findet sich ein Ministerium für Bodenkultur nur in Preu-
ssen
, wo seit 1880 das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten be-
steht. Zum Geschäftskreise der 3. Abteilung dieses Ministeriums allein gehören alle
Angelegenheiten, welche sich auf die Verwaltung der Staatsforsten beziehen; die
1. Abteilung (landwirtschaftliche Abt.) bearbeitet unter Mitwirkung der 3. Abteilung
die Forst- und Jagdpolizeiangelegenheiten im weiteren Sinne. Dem gemeinschaft-
lichen Ressort der Miniters für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des
Innern unterliegen alle Forst- und Jagdsachen, bei denen die Vermögensverwaltung
der Gemeinde, Anstellung und Disziplin der Kommunalforstbeamten und allgemeine
landespolizeiliche Interessen in Frage kommen.
In Bayern, welches als Repräsentant der anderen Organisationsform betrachtet
werden kann, bildet die Ministerialforstabteilung des Finanzministeriums für Fragen
der Forst- und Jagdpolizei, sowie der Bewirtschaftung der Gemeinde-, Stiftungs- und
Körperschaftswaldungen das technische Organ des Ministeriums des Innern. (Näheres
über die Organisation der deutschen Zentralforstverwaltungen findet sich in
Schwappach, Handbuch der Forstverwaltungskunde, S. 17 ff.)
In Oesterreich und Ungarn untersteht die Forstverwaltung ebenfalls dem
Ackerbauministerium, in Frankreich dem Ministerium für Ackerbau und Handel,
in Italien dem Ministerium für Landeskultur und Handel, in Spanien dem Mini-
sterium für öffentliche Arbeiten, in Russland dem 1894 errichteten Ackerbau-
ministerium.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
Referenten haben, sondern auf die Äuſserungen, Gutachten, Anträge
u. s. w. der dem Finanzministerium zugeteilten oder eine besondere
Mittelstelle (Anhalt, Baden, Braunschweig, Mecklenburg) bildenden
Direktionsbehörde für die Staatsforstverwaltung angewiesen sind.

Es darf jedoch nicht übersehen werden, daſs die Errichtung eines
besonderen Ministeriums für Bodenkultur nur in groſsen Staaten mög-
lich ist. 1)

Der Grund für Zuteilung der Staatsforstverwaltung zum Geschäfts-
kreise der Finanzministerien in Deutschland liegt hauptsächlich darin,
daſs die Staatsforsten einen Teil des Domänenbesitzes bilden, dessen
Verwaltung nach der historischen Entwickelung der Ämterorganisation
stets dem Finanzministerium übertragen war.

Man hat gegen diese Verbindung den Einwand erhoben, daſs die
Staatswaldungen überwiegend vom finanziellen und weniger vom volks-
wirtschaftlichen Standpunkte aus bewirtschaftet werden möchten. Die
Thatsachen beweisen jedoch, daſs diese Befürchtung ungerechtfertigt ist,
anderseits kann aber ein energischer Finanzminister auch auf die ihm
nicht unmittelbar unterstehenden Staatsbetriebe doch einen sehr fühl-
baren Druck auf Sparsamkeit und Erzielung von Überschüssen ausüben.
Hier handelt es sich mehr um eine Personen-, als um eine Prinzipienfrage.

Im allgemeinen ist die Leitung der gesamten Forstwirtschaft durch
ein Ministerium für Bodenkultur, wie es innerhalb Deutschlands in
Preuſsen, auſserhalb in Oesterreich-Ungarn, Italien, Frankreich und
Ruſsland der Fall ist, wegen der gleichmäſsigen Berücksichtigung aller
Kategorien des Waldbesitzes vorzuziehen, während eine dem Finanz-

1) In Deutschland findet sich ein Ministerium für Bodenkultur nur in Preu-
ſsen
, wo seit 1880 das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten be-
steht. Zum Geschäftskreise der 3. Abteilung dieses Ministeriums allein gehören alle
Angelegenheiten, welche sich auf die Verwaltung der Staatsforsten beziehen; die
1. Abteilung (landwirtschaftliche Abt.) bearbeitet unter Mitwirkung der 3. Abteilung
die Forst- und Jagdpolizeiangelegenheiten im weiteren Sinne. Dem gemeinschaft-
lichen Ressort der Miniters für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des
Innern unterliegen alle Forst- und Jagdsachen, bei denen die Vermögensverwaltung
der Gemeinde, Anstellung und Disziplin der Kommunalforstbeamten und allgemeine
landespolizeiliche Interessen in Frage kommen.
In Bayern, welches als Repräsentant der anderen Organisationsform betrachtet
werden kann, bildet die Ministerialforstabteilung des Finanzministeriums für Fragen
der Forst- und Jagdpolizei, sowie der Bewirtschaftung der Gemeinde-, Stiftungs- und
Körperschaftswaldungen das technische Organ des Ministeriums des Innern. (Näheres
über die Organisation der deutschen Zentralforstverwaltungen findet sich in
Schwappach, Handbuch der Forstverwaltungskunde, S. 17 ff.)
In Oesterreich und Ungarn untersteht die Forstverwaltung ebenfalls dem
Ackerbauministerium, in Frankreich dem Ministerium für Ackerbau und Handel,
in Italien dem Ministerium für Landeskultur und Handel, in Spanien dem Mini-
sterium für öffentliche Arbeiten, in Ruſsland dem 1894 errichteten Ackerbau-
ministerium.
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[286/0304] B. Zweiter (spezieller) Teil. Referenten haben, sondern auf die Äuſserungen, Gutachten, Anträge u. s. w. der dem Finanzministerium zugeteilten oder eine besondere Mittelstelle (Anhalt, Baden, Braunschweig, Mecklenburg) bildenden Direktionsbehörde für die Staatsforstverwaltung angewiesen sind. Es darf jedoch nicht übersehen werden, daſs die Errichtung eines besonderen Ministeriums für Bodenkultur nur in groſsen Staaten mög- lich ist. 1) Der Grund für Zuteilung der Staatsforstverwaltung zum Geschäfts- kreise der Finanzministerien in Deutschland liegt hauptsächlich darin, daſs die Staatsforsten einen Teil des Domänenbesitzes bilden, dessen Verwaltung nach der historischen Entwickelung der Ämterorganisation stets dem Finanzministerium übertragen war. Man hat gegen diese Verbindung den Einwand erhoben, daſs die Staatswaldungen überwiegend vom finanziellen und weniger vom volks- wirtschaftlichen Standpunkte aus bewirtschaftet werden möchten. Die Thatsachen beweisen jedoch, daſs diese Befürchtung ungerechtfertigt ist, anderseits kann aber ein energischer Finanzminister auch auf die ihm nicht unmittelbar unterstehenden Staatsbetriebe doch einen sehr fühl- baren Druck auf Sparsamkeit und Erzielung von Überschüssen ausüben. Hier handelt es sich mehr um eine Personen-, als um eine Prinzipienfrage. Im allgemeinen ist die Leitung der gesamten Forstwirtschaft durch ein Ministerium für Bodenkultur, wie es innerhalb Deutschlands in Preuſsen, auſserhalb in Oesterreich-Ungarn, Italien, Frankreich und Ruſsland der Fall ist, wegen der gleichmäſsigen Berücksichtigung aller Kategorien des Waldbesitzes vorzuziehen, während eine dem Finanz- 1) In Deutschland findet sich ein Ministerium für Bodenkultur nur in Preu- ſsen, wo seit 1880 das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten be- steht. Zum Geschäftskreise der 3. Abteilung dieses Ministeriums allein gehören alle Angelegenheiten, welche sich auf die Verwaltung der Staatsforsten beziehen; die 1. Abteilung (landwirtschaftliche Abt.) bearbeitet unter Mitwirkung der 3. Abteilung die Forst- und Jagdpolizeiangelegenheiten im weiteren Sinne. Dem gemeinschaft- lichen Ressort der Miniters für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des Innern unterliegen alle Forst- und Jagdsachen, bei denen die Vermögensverwaltung der Gemeinde, Anstellung und Disziplin der Kommunalforstbeamten und allgemeine landespolizeiliche Interessen in Frage kommen. In Bayern, welches als Repräsentant der anderen Organisationsform betrachtet werden kann, bildet die Ministerialforstabteilung des Finanzministeriums für Fragen der Forst- und Jagdpolizei, sowie der Bewirtschaftung der Gemeinde-, Stiftungs- und Körperschaftswaldungen das technische Organ des Ministeriums des Innern. (Näheres über die Organisation der deutschen Zentralforstverwaltungen findet sich in Schwappach, Handbuch der Forstverwaltungskunde, S. 17 ff.) In Oesterreich und Ungarn untersteht die Forstverwaltung ebenfalls dem Ackerbauministerium, in Frankreich dem Ministerium für Ackerbau und Handel, in Italien dem Ministerium für Landeskultur und Handel, in Spanien dem Mini- sterium für öffentliche Arbeiten, in Ruſsland dem 1894 errichteten Ackerbau- ministerium.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/304>, abgerufen am 25.04.2024.