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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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A. Erster (allgemeiner) Teil.

Der Einfluss, welchen der Wald auf die Temperatur ausübt, wird
hauptsächlich dadurch bedingt, dass er die Wärmestrahlung ver-
mindert
und die Luftbewegung abschwächt.

Die bisherige Anschauung über den Einfluss des Waldes auf die
Lufttemperatur lässt sich nach den Zusammenstellungen von Weber
und einer neueren Publikation von Müttrich in folgenden Sätzen zu-
sammenfassen:

1. Die mittlere Jahrestemperatur der Luft im geschlossenen Walde
ist im allgemeinen etwas kühler, als im Freien, die Differenz beträgt
jedoch selten mehr als 1°.

2. Dieser erkältende Einfluss tritt am stärksten im Hochsommer
hervor, ist im Winter äusserst gering und hält im Frühjahr und Herbst
(etwa) die Mitte zwischen beiden.

3. Die mittleren Temperaturextreme werden abgestumpft, und zwar
während der wärmeren Monate die Maxima in höherem Grade, als die
Minima; im Winter zeigt sich umgekehrt ein grösserer Einfluss auf die
Minimaltemperaturen, als auf die Maximaltemperaturen. Dieser Einfluss
hängt sowohl von der Holzart als der Form des Bestandes ab.

Es beträgt während der wärmeren Monate die Abstumpfung der

[Tabelle]

4. Die täglichen Temperaturschwankungen sind im Walde geringer
als im freien Lande; dieser Einfluss macht sich im Sommer stärker geltend
als im Winter und wird ebenfalls durch Holzart und Bestandesform
bedingt. Die Abschwächung beträgt 4,1° im Buchenwalde, 3,7° im
Fichtenwalde und 2,8° im Kiefernwalde.

Obwohl schon hiernach die durch den Einfluss des Waldes bedingten
Differenzen nur unbedeutend sind, so ergeben die neuesten Untersuchun-
gen von Schubert, dass dieselben wesentlich nur eine Folge der bis-
herigen Beobachtungsmethode sind, welche die Einwirkung der
Strahlung nicht vollständig ausschliesst. Bei den 30 von ihm 1892 wäh-
rend der Sommermonate zur Zeit der höchsten Tagestemperatur unter
Anwendung des Assmannschen Aspirations-Psychrometers ausgeführten
Beobachtungen hat sich gezeigt, dass die bisher angenommene Er-
mässigung der Lufttemperatur, im Kiefernwald wenigstens, in Wirklich-
keit fast verschwindend ist, was durch weitere 1893 vorgenommene
Untersuchungen bestätigt wird.

Eine Fernwirkung des Waldes auf die Temperatur der Umge-
bung besteht gar nicht, wie auch die Beobachtungen auf den öster-
reichischen und schwedischen Radialstationen ergeben haben.

Infolge der verminderten Bestrahlung ist die mittlere Temperatur
des Waldbodens in allen Bodenschichten niedriger als jene im Freien;

A. Erster (allgemeiner) Teil.

Der Einfluſs, welchen der Wald auf die Temperatur ausübt, wird
hauptsächlich dadurch bedingt, daſs er die Wärmestrahlung ver-
mindert
und die Luftbewegung abschwächt.

Die bisherige Anschauung über den Einfluſs des Waldes auf die
Lufttemperatur läſst sich nach den Zusammenstellungen von Weber
und einer neueren Publikation von Müttrich in folgenden Sätzen zu-
sammenfassen:

1. Die mittlere Jahrestemperatur der Luft im geschlossenen Walde
ist im allgemeinen etwas kühler, als im Freien, die Differenz beträgt
jedoch selten mehr als 1°.

2. Dieser erkältende Einfluſs tritt am stärksten im Hochsommer
hervor, ist im Winter äuſserst gering und hält im Frühjahr und Herbst
(etwa) die Mitte zwischen beiden.

3. Die mittleren Temperaturextreme werden abgestumpft, und zwar
während der wärmeren Monate die Maxima in höherem Grade, als die
Minima; im Winter zeigt sich umgekehrt ein gröſserer Einfluſs auf die
Minimaltemperaturen, als auf die Maximaltemperaturen. Dieser Einfluſs
hängt sowohl von der Holzart als der Form des Bestandes ab.

Es beträgt während der wärmeren Monate die Abstumpfung der

[Tabelle]

4. Die täglichen Temperaturschwankungen sind im Walde geringer
als im freien Lande; dieser Einfluſs macht sich im Sommer stärker geltend
als im Winter und wird ebenfalls durch Holzart und Bestandesform
bedingt. Die Abschwächung beträgt 4,1° im Buchenwalde, 3,7° im
Fichtenwalde und 2,8° im Kiefernwalde.

Obwohl schon hiernach die durch den Einfluſs des Waldes bedingten
Differenzen nur unbedeutend sind, so ergeben die neuesten Untersuchun-
gen von Schubert, daſs dieselben wesentlich nur eine Folge der bis-
herigen Beobachtungsmethode sind, welche die Einwirkung der
Strahlung nicht vollständig ausschlieſst. Bei den 30 von ihm 1892 wäh-
rend der Sommermonate zur Zeit der höchsten Tagestemperatur unter
Anwendung des Assmannschen Aspirations-Psychrometers ausgeführten
Beobachtungen hat sich gezeigt, daſs die bisher angenommene Er-
mäſsigung der Lufttemperatur, im Kiefernwald wenigstens, in Wirklich-
keit fast verschwindend ist, was durch weitere 1893 vorgenommene
Untersuchungen bestätigt wird.

Eine Fernwirkung des Waldes auf die Temperatur der Umge-
bung besteht gar nicht, wie auch die Beobachtungen auf den öster-
reichischen und schwedischen Radialstationen ergeben haben.

Infolge der verminderten Bestrahlung ist die mittlere Temperatur
des Waldbodens in allen Bodenschichten niedriger als jene im Freien;

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[50/0068] A. Erster (allgemeiner) Teil. Der Einfluſs, welchen der Wald auf die Temperatur ausübt, wird hauptsächlich dadurch bedingt, daſs er die Wärmestrahlung ver- mindert und die Luftbewegung abschwächt. Die bisherige Anschauung über den Einfluſs des Waldes auf die Lufttemperatur läſst sich nach den Zusammenstellungen von Weber und einer neueren Publikation von Müttrich in folgenden Sätzen zu- sammenfassen: 1. Die mittlere Jahrestemperatur der Luft im geschlossenen Walde ist im allgemeinen etwas kühler, als im Freien, die Differenz beträgt jedoch selten mehr als 1°. 2. Dieser erkältende Einfluſs tritt am stärksten im Hochsommer hervor, ist im Winter äuſserst gering und hält im Frühjahr und Herbst (etwa) die Mitte zwischen beiden. 3. Die mittleren Temperaturextreme werden abgestumpft, und zwar während der wärmeren Monate die Maxima in höherem Grade, als die Minima; im Winter zeigt sich umgekehrt ein gröſserer Einfluſs auf die Minimaltemperaturen, als auf die Maximaltemperaturen. Dieser Einfluſs hängt sowohl von der Holzart als der Form des Bestandes ab. Es beträgt während der wärmeren Monate die Abstumpfung der 4. Die täglichen Temperaturschwankungen sind im Walde geringer als im freien Lande; dieser Einfluſs macht sich im Sommer stärker geltend als im Winter und wird ebenfalls durch Holzart und Bestandesform bedingt. Die Abschwächung beträgt 4,1° im Buchenwalde, 3,7° im Fichtenwalde und 2,8° im Kiefernwalde. Obwohl schon hiernach die durch den Einfluſs des Waldes bedingten Differenzen nur unbedeutend sind, so ergeben die neuesten Untersuchun- gen von Schubert, daſs dieselben wesentlich nur eine Folge der bis- herigen Beobachtungsmethode sind, welche die Einwirkung der Strahlung nicht vollständig ausschlieſst. Bei den 30 von ihm 1892 wäh- rend der Sommermonate zur Zeit der höchsten Tagestemperatur unter Anwendung des Assmannschen Aspirations-Psychrometers ausgeführten Beobachtungen hat sich gezeigt, daſs die bisher angenommene Er- mäſsigung der Lufttemperatur, im Kiefernwald wenigstens, in Wirklich- keit fast verschwindend ist, was durch weitere 1893 vorgenommene Untersuchungen bestätigt wird. Eine Fernwirkung des Waldes auf die Temperatur der Umge- bung besteht gar nicht, wie auch die Beobachtungen auf den öster- reichischen und schwedischen Radialstationen ergeben haben. Infolge der verminderten Bestrahlung ist die mittlere Temperatur des Waldbodens in allen Bodenschichten niedriger als jene im Freien;

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/68>, abgerufen am 29.03.2024.