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Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.

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Das Wort "Guinapag" ist ein Compositum der Wurzel "gapag" d. h. ein trockener Fisch mit der Partikel "in".

Anmerkung 13. Wie mir Herr Dr. Jagor, welcher ziemlich zu gleicher Zeit mit mir die südlichen Provinzen von Luzon, dann Samar und Leyte bereiste, versichert hat, finden sich in den von ihm besuchten Gegenden in der That unter den trachytischen Laven und Gesteinen auch Granit und Gneissfelsen. Ich will nun sicherlich nicht behaupten, dass an den von mir besuchten Orten durchaus keine primitiven Gesteine vorkommen, da ich als Laie in der Geologie zu einer solchen Behauptung kein Recht hätte; wohl aber scheint mir festzustehen, dass die weitaus grösste Masse der Gebirge auf den Philippinen ihre Bildung einer vergleichsweise jungen Eruptionsperiode verdankt. Unter den mehr als 600 Nummern betragenden Gesteinsstücken, die ich von den verschiedensten Fundorten mitgebracht habe, ist kaum ein Stück, welches den älteren Perioden der Bildung der Erdrinde anzugehören scheint.

Anmerkung 14. Es sind diese Spuren moderner Hebung auf den philippinischen Inseln ausserordentlich zahlreich. Die Wasserscheide, welche in Mindanao die Quellen des Agusan von den nach Süden in den Meerbusen von Davao fliessenden Bächen trennt, kann nach der Beschreibung der Eingebornen und meinen eigenen Beobachtungen kaum 2-300 Fuss über dem Meere erhaben sein. Wie ein tiefer Spalt zieht sich das Thal des Agusan zwischen Central-Mindanao und den Bergen der Ostküste hin, und äusserst zahlreich sind hier die Petrefacten in Thonschichten, welche theils im tiefen Meer, theils in den Mangrovesümpfen mit brackigem Wasser gelebt haben müssen, fast ausnahmslos aber noch jetzt lebende Species sind. Der direkte Uebergang der zu ziemlicher Höhe über dem Meere erhobenen Korallenriffe in die noch lebenden ist schon im Texte hervorgehoben. Dies war fast überall zu erkennen; aber am Auffallendsten war es auf Camiguin de Luzon und auf der kleinen Insel Lampinigan bei Basilan zu beobachten. Ich citire einige Stellen aus meinem Tagebuche: "Ueberall wo (auf Lampinigan) der freie Trachytfels vom Meere bespült wird, sind die Korallen in alle Löcher und Spalten hineingedrungen und haben selbst lose Blöcke und kleine Rollsteine fest mit dem anstehenden Gestein verkittet, so dass eine Art rohen Puddingsteines gebildet wird. Diese Korallenincrustationen treten jetzt schon über die Linie der gewöhnlichen Fluthen hinaus und sind alle ohne Ausnahme todt bis in eine ziemliche Tiefe in's Meer hinein (nach Schätzung etwa bis zu 8-10'). Es sind die Korallenmassen in den verschiedensten Stadien der Umwandlung." Noch deutlichere Spuren modernster Hebung fand ich ebenda in der trachytischen Lava selbst. An der Nordostseite der Insel fand ich eine kleine mannshohe Höhle, nach Schätzung etwa 20-35 Fuss über der höchsten Fluthlinie; sie war offenbar durch die Einwirkung der Wellen und der Brandung gebildet und zeigte überall eine Menge abgeschliffener Stellen. Nicht weit davon fand sich etwa 15' über dem Meere ein trichterförmiges

Das Wort “Guinapag” ist ein Compositum der Wurzel “gapag” d. h. ein trockener Fisch mit der Partikel “in”.

Anmerkung 13. Wie mir Herr Dr. Jagor, welcher ziemlich zu gleicher Zeit mit mir die südlichen Provinzen von Luzon, dann Samar und Leyte bereiste, versichert hat, finden sich in den von ihm besuchten Gegenden in der That unter den trachytischen Laven und Gesteinen auch Granit und Gneissfelsen. Ich will nun sicherlich nicht behaupten, dass an den von mir besuchten Orten durchaus keine primitiven Gesteine vorkommen, da ich als Laie in der Geologie zu einer solchen Behauptung kein Recht hätte; wohl aber scheint mir festzustehen, dass die weitaus grösste Masse der Gebirge auf den Philippinen ihre Bildung einer vergleichsweise jungen Eruptionsperiode verdankt. Unter den mehr als 600 Nummern betragenden Gesteinsstücken, die ich von den verschiedensten Fundorten mitgebracht habe, ist kaum ein Stück, welches den älteren Perioden der Bildung der Erdrinde anzugehören scheint.

Anmerkung 14. Es sind diese Spuren moderner Hebung auf den philippinischen Inseln ausserordentlich zahlreich. Die Wasserscheide, welche in Mindanao die Quellen des Agusan von den nach Süden in den Meerbusen von Davao fliessenden Bächen trennt, kann nach der Beschreibung der Eingebornen und meinen eigenen Beobachtungen kaum 2–300 Fuss über dem Meere erhaben sein. Wie ein tiefer Spalt zieht sich das Thal des Agusan zwischen Central-Mindanao und den Bergen der Ostküste hin, und äusserst zahlreich sind hier die Petrefacten in Thonschichten, welche theils im tiefen Meer, theils in den Mangrovesümpfen mit brackigem Wasser gelebt haben müssen, fast ausnahmslos aber noch jetzt lebende Species sind. Der direkte Uebergang der zu ziemlicher Höhe über dem Meere erhobenen Korallenriffe in die noch lebenden ist schon im Texte hervorgehoben. Dies war fast überall zu erkennen; aber am Auffallendsten war es auf Camiguin de Luzon und auf der kleinen Insel Lampinigan bei Basilan zu beobachten. Ich citire einige Stellen aus meinem Tagebuche: “Ueberall wo (auf Lampinigan) der freie Trachytfels vom Meere bespült wird, sind die Korallen in alle Löcher und Spalten hineingedrungen und haben selbst lose Blöcke und kleine Rollsteine fest mit dem anstehenden Gestein verkittet, so dass eine Art rohen Puddingsteines gebildet wird. Diese Korallenincrustationen treten jetzt schon über die Linie der gewöhnlichen Fluthen hinaus und sind alle ohne Ausnahme todt bis in eine ziemliche Tiefe in’s Meer hinein (nach Schätzung etwa bis zu 8–10′). Es sind die Korallenmassen in den verschiedensten Stadien der Umwandlung.” Noch deutlichere Spuren modernster Hebung fand ich ebenda in der trachytischen Lava selbst. An der Nordostseite der Insel fand ich eine kleine mannshohe Höhle, nach Schätzung etwa 20–35 Fuss über der höchsten Fluthlinie; sie war offenbar durch die Einwirkung der Wellen und der Brandung gebildet und zeigte überall eine Menge abgeschliffener Stellen. Nicht weit davon fand sich etwa 15′ über dem Meere ein trichterförmiges

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                         noch lebenden ist schon im Texte hervorgehoben. Dies war fast überall
                         zu erkennen; aber am Auffallendsten war es auf Camiguin de Luzon und auf der
                         kleinen Insel Lampinigan bei Basilan zu beobachten. Ich citire einige
                         Stellen aus meinem Tagebuche: &#x201C;Ueberall wo (auf Lampinigan) der freie
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[102/0102] Das Wort “Guinapag” ist ein Compositum der Wurzel “gapag” d. h. ein trockener Fisch mit der Partikel “in”. Anmerkung 13. Wie mir Herr Dr. Jagor, welcher ziemlich zu gleicher Zeit mit mir die südlichen Provinzen von Luzon, dann Samar und Leyte bereiste, versichert hat, finden sich in den von ihm besuchten Gegenden in der That unter den trachytischen Laven und Gesteinen auch Granit und Gneissfelsen. Ich will nun sicherlich nicht behaupten, dass an den von mir besuchten Orten durchaus keine primitiven Gesteine vorkommen, da ich als Laie in der Geologie zu einer solchen Behauptung kein Recht hätte; wohl aber scheint mir festzustehen, dass die weitaus grösste Masse der Gebirge auf den Philippinen ihre Bildung einer vergleichsweise jungen Eruptionsperiode verdankt. Unter den mehr als 600 Nummern betragenden Gesteinsstücken, die ich von den verschiedensten Fundorten mitgebracht habe, ist kaum ein Stück, welches den älteren Perioden der Bildung der Erdrinde anzugehören scheint. Anmerkung 14. Es sind diese Spuren moderner Hebung auf den philippinischen Inseln ausserordentlich zahlreich. Die Wasserscheide, welche in Mindanao die Quellen des Agusan von den nach Süden in den Meerbusen von Davao fliessenden Bächen trennt, kann nach der Beschreibung der Eingebornen und meinen eigenen Beobachtungen kaum 2–300 Fuss über dem Meere erhaben sein. Wie ein tiefer Spalt zieht sich das Thal des Agusan zwischen Central-Mindanao und den Bergen der Ostküste hin, und äusserst zahlreich sind hier die Petrefacten in Thonschichten, welche theils im tiefen Meer, theils in den Mangrovesümpfen mit brackigem Wasser gelebt haben müssen, fast ausnahmslos aber noch jetzt lebende Species sind. Der direkte Uebergang der zu ziemlicher Höhe über dem Meere erhobenen Korallenriffe in die noch lebenden ist schon im Texte hervorgehoben. Dies war fast überall zu erkennen; aber am Auffallendsten war es auf Camiguin de Luzon und auf der kleinen Insel Lampinigan bei Basilan zu beobachten. Ich citire einige Stellen aus meinem Tagebuche: “Ueberall wo (auf Lampinigan) der freie Trachytfels vom Meere bespült wird, sind die Korallen in alle Löcher und Spalten hineingedrungen und haben selbst lose Blöcke und kleine Rollsteine fest mit dem anstehenden Gestein verkittet, so dass eine Art rohen Puddingsteines gebildet wird. Diese Korallenincrustationen treten jetzt schon über die Linie der gewöhnlichen Fluthen hinaus und sind alle ohne Ausnahme todt bis in eine ziemliche Tiefe in’s Meer hinein (nach Schätzung etwa bis zu 8–10′). Es sind die Korallenmassen in den verschiedensten Stadien der Umwandlung.” Noch deutlichere Spuren modernster Hebung fand ich ebenda in der trachytischen Lava selbst. An der Nordostseite der Insel fand ich eine kleine mannshohe Höhle, nach Schätzung etwa 20–35 Fuss über der höchsten Fluthlinie; sie war offenbar durch die Einwirkung der Wellen und der Brandung gebildet und zeigte überall eine Menge abgeschliffener Stellen. Nicht weit davon fand sich etwa 15′ über dem Meere ein trichterförmiges

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Zitationshilfe: Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/102>, abgerufen am 28.03.2024.