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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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Das VI. Capitel
wenn du die Nachgeburt mit der Nabelschnur/ wie gebräuch-
lich/ etwas anzeuchst/ so verrückest du das andere Kind/ wenn
es gleich recht stünde/ und sackt sich die Nachgeburt vor/ daß sich
die Geburt zwey bis mehr Tage verziehen kan; Denn das
Kind kan nicht eher zur Geburt kommen/ weder recht noch un-
recht/ bis es durch starcke Bewegung die Nachgeburt wieder
nach sich zeucht/ oder gegen der Seiten/ alsdann giebet es sich in
die Geburt/ und folget die Geburt/ wie das Kind lieget. Die-
ses langwierige und gefährliche Kreisten kanst du die er-
ste Stunde verhüten/ wenn du/ wie zuvor gesagt/ mit
dem Angriffe/ das Kind über der Frauen Blase findest/
und demselben anhilffst/ so folget die Geburt balde/ so gut
als das Kind stehet. Stehet es aber nicht recht so mußt
du ihm zu rechte helffen/ so gut es seynkan. Dergleichen
Gefahr würdest du machen/ wenn zwey Nachgeburten
wären/ wie schon gemeldet/ da die Nabelschnur sehr lang
wäre/ daß sich beym Gebähren diese erste Nachgeburt nicht
bald dem Kinde nachgiebet oder folget/ so folget das an-
dere Kind dem ersten stracks nach/ und muß also die erste
Nachgeburt so lange zu rück bleiben/ bis das andere Kind
auch gebohren ist. So nun einer Wehe-Mutter die-
ses nicht bewust/ und wil die erste Nachgeburt haben/
oder wie gebräuchlich fördern/ so reißet sie entweder die
Nabelschnure von der Nachgeburt ab/ oder ist die Nabel-
schnure so starck/ daß die Nachgeburt folgen muß/ so kan sie
gar leichte das recht-stehende Kind verrücken/ daß her-
nach unrechte Geburt folget. Derohalben mußt du bald/
nach dem erst-gebohrnen Kinde/ dich des andern auch er-
kundigen/ ehe du die Nachgeburt fördern wilst/ so wirst
du nicht irren. Und also mußt du thun/ wenn auch noch
mehr Kinder verhanden wären.
Ich habe bey drey Kin-
dern/ zwey auch drey Nachgeburten gefunden/ so/ daß zwey Kin-
der
Das VI. Capitel
wenn du die Nachgeburt mit der Nabelſchnur/ wie gebraͤuch-
lich/ etwas anzeuchſt/ ſo verruͤckeſt du das andere Kind/ wenn
es gleich recht ſtuͤnde/ und ſackt ſich die Nachgeburt vor/ daß ſich
die Geburt zwey bis mehr Tage verziehen kan; Denn das
Kind kan nicht eher zur Geburt kommen/ weder recht noch un-
recht/ bis es durch ſtarcke Bewegung die Nachgeburt wieder
nach ſich zeucht/ oder gegen der Seiten/ alsdann giebet es ſich in
die Geburt/ und folget die Geburt/ wie das Kind lieget. Die-
ſes langwierige und gefaͤhrliche Kreiſten kanſt du die er-
ſte Stunde verhuͤten/ wenn du/ wie zuvor geſagt/ mit
dem Angriffe/ das Kind uͤber der Frauen Blaſe findeſt/
und demſelben anhilffſt/ ſo folget die Geburt balde/ ſo gut
als das Kind ſtehet. Stehet es aber nicht recht ſo mußt
du ihm zu rechte helffen/ ſo gut es ſeynkan. Dergleichen
Gefahr wuͤrdeſt du machen/ wenn zwey Nachgeburten
waͤren/ wie ſchon gemeldet/ da die Nabelſchnur ſehr lang
waͤre/ daß ſich beym Gebaͤhren dieſe erſte Nachgeburt nicht
bald dem Kinde nachgiebet oder folget/ ſo folget das an-
dere Kind dem erſten ſtracks nach/ und muß alſo die erſte
Nachgeburt ſo lange zu ruͤck bleiben/ bis das andere Kind
auch gebohren iſt. So nun einer Wehe-Mutter die-
ſes nicht bewuſt/ und wil die erſte Nachgeburt haben/
oder wie gebraͤuchlich foͤrdern/ ſo reißet ſie entweder die
Nabelſchnure von der Nachgeburt ab/ oder iſt die Nabel-
ſchnure ſo ſtarck/ daß die Nachgeburt folgen muß/ ſo kan ſie
gar leichte das recht-ſtehende Kind verruͤcken/ daß her-
nach unrechte Geburt folget. Derohalben mußt du bald/
nach dem erſt-gebohrnen Kinde/ dich des andern auch er-
kundigen/ ehe du die Nachgeburt foͤrdern wilſt/ ſo wirſt
du nicht irren. Und alſo mußt du thun/ wenn auch noch
mehr Kinder verhanden waͤren.
Ich habe bey drey Kin-
dern/ zwey auch drey Nachgeburten gefunden/ ſo/ daß zwey Kin-
der
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[122/0249] Das VI. Capitel wenn du die Nachgeburt mit der Nabelſchnur/ wie gebraͤuch- lich/ etwas anzeuchſt/ ſo verruͤckeſt du das andere Kind/ wenn es gleich recht ſtuͤnde/ und ſackt ſich die Nachgeburt vor/ daß ſich die Geburt zwey bis mehr Tage verziehen kan; Denn das Kind kan nicht eher zur Geburt kommen/ weder recht noch un- recht/ bis es durch ſtarcke Bewegung die Nachgeburt wieder nach ſich zeucht/ oder gegen der Seiten/ alsdann giebet es ſich in die Geburt/ und folget die Geburt/ wie das Kind lieget. Die- ſes langwierige und gefaͤhrliche Kreiſten kanſt du die er- ſte Stunde verhuͤten/ wenn du/ wie zuvor geſagt/ mit dem Angriffe/ das Kind uͤber der Frauen Blaſe findeſt/ und demſelben anhilffſt/ ſo folget die Geburt balde/ ſo gut als das Kind ſtehet. Stehet es aber nicht recht ſo mußt du ihm zu rechte helffen/ ſo gut es ſeynkan. Dergleichen Gefahr wuͤrdeſt du machen/ wenn zwey Nachgeburten waͤren/ wie ſchon gemeldet/ da die Nabelſchnur ſehr lang waͤre/ daß ſich beym Gebaͤhren dieſe erſte Nachgeburt nicht bald dem Kinde nachgiebet oder folget/ ſo folget das an- dere Kind dem erſten ſtracks nach/ und muß alſo die erſte Nachgeburt ſo lange zu ruͤck bleiben/ bis das andere Kind auch gebohren iſt. So nun einer Wehe-Mutter die- ſes nicht bewuſt/ und wil die erſte Nachgeburt haben/ oder wie gebraͤuchlich foͤrdern/ ſo reißet ſie entweder die Nabelſchnure von der Nachgeburt ab/ oder iſt die Nabel- ſchnure ſo ſtarck/ daß die Nachgeburt folgen muß/ ſo kan ſie gar leichte das recht-ſtehende Kind verruͤcken/ daß her- nach unrechte Geburt folget. Derohalben mußt du bald/ nach dem erſt-gebohrnen Kinde/ dich des andern auch er- kundigen/ ehe du die Nachgeburt foͤrdern wilſt/ ſo wirſt du nicht irren. Und alſo mußt du thun/ wenn auch noch mehr Kinder verhanden waͤren. Ich habe bey drey Kin- dern/ zwey auch drey Nachgeburten gefunden/ ſo/ daß zwey Kin- der

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/249>, abgerufen am 01.05.2024.