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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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an den geneigten Leser.
mir fand/ als einem Trieb des Göttlichen Beruffes/
noch fleißiger nachzulesen und zu sinnen/ sonderlich weil
diese gedachte Wehe-Mutter mich dazu anmahnete/
und bey vielen Kreißenden mitnahme/ wodurch ich je
mehr in mehrere Erfahrung kam/ und sonderlich bey
den armen Dorff-Leuten; wann eine Gefahr sich wiese/
schwere Geburten waren/ von einem Orth zum andern
geruffen ward/ daß offtermahlen die Kinder schon tod/
ich also durch Gottes Gnade die Mütter zu retten die-
nen muste. In solcher Schule habe ich mich wohl 12.
Jahr geübet/ wie mein Mann zu der Zeit Amptmann
in den Wartenbergischen war/ und ich/ nachdem eine
nach der andern von mir gehöret/ wohl auf 4. 6. 8.
Meilen geholet ward; aber zu lauter schweren Fällen
und Bauers Leuten: da ich denn niemahln/ ob zwar
davon keine Belohnung hoffen konte/ mich gewegert/
sondern weil ich sahe/ daß GOtt meine Arbeit segne-
te/ war mir dieses Lohn genug/ daß ich meinem Nech-
sten könte dienen/ und mehr durch die Erfahrung/
Grund in dieser Wissenschafft erlangen. Nachdem ich
also über 12. Jahr die Lehr-Jahre bey den armen Bau-
er-Weibern ausgestanden/ und bey mancher schweren
Geburt/ unrechte Stellungen der Kinder gelernet/ auch
wie ein Kind zu wenden/ und Gefahr zu verhüten/ ge-
fasset/ war ich zwar noch nicht willens von diesem Wer-
cke profession zu machen; angesehen ich sonst mit mei-
nem Manne versorget war/ und dieses Werck nicht na-

ders
):( ):( 2

an den geneigten Leſer.
mir fand/ als einem Trieb des Goͤttlichen Beruffes/
noch fleißiger nachzuleſen und zu ſinnen/ ſonderlich weil
dieſe gedachte Wehe-Mutter mich dazu anmahnete/
und bey vielen Kreißenden mitnahme/ wodurch ich je
mehr in mehrere Erfahrung kam/ und ſonderlich bey
den armen Dorff-Leuten; wann eine Gefahr ſich wieſe/
ſchwere Geburten waren/ von einem Orth zum andern
geruffen ward/ daß offtermahlen die Kinder ſchon tod/
ich alſo durch Gottes Gnade die Muͤtter zu retten die-
nen muſte. In ſolcher Schule habe ich mich wohl 12.
Jahr geuͤbet/ wie mein Mann zu der Zeit Amptmann
in den Wartenbergiſchen war/ und ich/ nachdem eine
nach der andern von mir gehoͤret/ wohl auf 4. 6. 8.
Meilen geholet ward; aber zu lauter ſchweren Faͤllen
und Bauers Leuten: da ich denn niemahln/ ob zwar
davon keine Belohnung hoffen konte/ mich gewegert/
ſondern weil ich ſahe/ daß GOtt meine Arbeit ſegne-
te/ war mir dieſes Lohn genug/ daß ich meinem Nech-
ſten koͤnte dienen/ und mehr durch die Erfahrung/
Grund in dieſer Wiſſenſchafft erlangen. Nachdem ich
alſo uͤber 12. Jahr die Lehr-Jahre bey den armen Bau-
er-Weibern ausgeſtanden/ und bey mancher ſchweren
Geburt/ unrechte Stellungen der Kinder gelernet/ auch
wie ein Kind zu wenden/ und Gefahr zu verhuͤten/ ge-
faſſet/ war ich zwar noch nicht willens von dieſem Wer-
cke profeſſion zu machen; angeſehen ich ſonſt mit mei-
nem Manne verſorget war/ und dieſes Werck nicht na-

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[0025] an den geneigten Leſer. mir fand/ als einem Trieb des Goͤttlichen Beruffes/ noch fleißiger nachzuleſen und zu ſinnen/ ſonderlich weil dieſe gedachte Wehe-Mutter mich dazu anmahnete/ und bey vielen Kreißenden mitnahme/ wodurch ich je mehr in mehrere Erfahrung kam/ und ſonderlich bey den armen Dorff-Leuten; wann eine Gefahr ſich wieſe/ ſchwere Geburten waren/ von einem Orth zum andern geruffen ward/ daß offtermahlen die Kinder ſchon tod/ ich alſo durch Gottes Gnade die Muͤtter zu retten die- nen muſte. In ſolcher Schule habe ich mich wohl 12. Jahr geuͤbet/ wie mein Mann zu der Zeit Amptmann in den Wartenbergiſchen war/ und ich/ nachdem eine nach der andern von mir gehoͤret/ wohl auf 4. 6. 8. Meilen geholet ward; aber zu lauter ſchweren Faͤllen und Bauers Leuten: da ich denn niemahln/ ob zwar davon keine Belohnung hoffen konte/ mich gewegert/ ſondern weil ich ſahe/ daß GOtt meine Arbeit ſegne- te/ war mir dieſes Lohn genug/ daß ich meinem Nech- ſten koͤnte dienen/ und mehr durch die Erfahrung/ Grund in dieſer Wiſſenſchafft erlangen. Nachdem ich alſo uͤber 12. Jahr die Lehr-Jahre bey den armen Bau- er-Weibern ausgeſtanden/ und bey mancher ſchweren Geburt/ unrechte Stellungen der Kinder gelernet/ auch wie ein Kind zu wenden/ und Gefahr zu verhuͤten/ ge- faſſet/ war ich zwar noch nicht willens von dieſem Wer- cke profeſſion zu machen; angeſehen ich ſonſt mit mei- nem Manne verſorget war/ und dieſes Werck nicht na- ders ):( ):( 2

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/25>, abgerufen am 04.12.2024.