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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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wegen des Wassersprengens.
wesen; Als hätte Frau Justina/ kein ander Mittel wis-
sende/ eine Schnure von etlichen Ellen gefordert/ die sie
auch bekommen/ um dem Kinde das Haupt damit an-
zuschlingen. Weil sie aber die Schlinge im Anlegen
nicht über das gantze Häuptlein/ sondern nur bis un-
ter die Augen bringen können/ allwo sichs an den Bei-
nen eingeschnitten/ die Schlinge aber nicht anders zu
erhalten gewesen/ als bis sie ans Genicke angezogen
worden; So hätte sie vor dem Knoten/ so an der Schlin-
ge gewesen/ ihre Blase durch Vorlegung ihres Fingers
dermaßen in acht genommen/ daß sie Fr. Justina auch
den Nagel vom langen Finger darüber verlohren und
eingebüßet. Es hätte aber diese der Fr. Justinen ange-
wendete Mühe zu ihrer Hülffe noch nicht dienen wollen/
weil der Kopff des Kindes durch das Band sich wieder
in die alte Stellung ziehen lassen/ als wie sie Fr. Justi-
na anfangs gefunden. Darauf hätte sie begehret/ Fr.
Justina solle sie nur ruhen lassen/ wolle sie doch gerne
sterben. Worauf Sie sie auch alle dreye zu frieden ge-
lassen/ sich ein wenig niedergeleget/ und aus Mattig-
keit gar eingeschlaffen. Darauf sie dann ihren Willen
gehabt/ sich zu wenden und zu überwerffen/ wie sie
gewollt/ in Meinung/ sich etwas damit zu helf-
fen. Worüber ihr aber das Geblüte im Leibe so räge
worden/ das sie den Geschmack davon immer im
Munde gehabt/ auch endlich/ wie sie es nicht mehr
verbeißen können/ von sich gegeben/ welches unter-

schiede-

wegen des Waſſerſprengens.
weſen; Als haͤtte Frau Juſtina/ kein ander Mittel wiſ-
ſende/ eine Schnure von etlichen Ellen gefordert/ die ſie
auch bekommen/ um dem Kinde das Haupt damit an-
zuſchlingen. Weil ſie aber die Schlinge im Anlegen
nicht uͤber das gantze Haͤuptlein/ ſondern nur bis un-
ter die Augen bringen koͤnnen/ allwo ſichs an den Bei-
nen eingeſchnitten/ die Schlinge aber nicht anders zu
erhalten geweſen/ als bis ſie ans Genicke angezogen
worden; So haͤtte ſie vor dem Knoten/ ſo an der Schlin-
ge geweſen/ ihre Blaſe durch Vorlegung ihres Fingers
dermaßen in acht genommen/ daß ſie Fr. Juſtina auch
den Nagel vom langen Finger daruͤber verlohren und
eingebuͤßet. Es haͤtte aber dieſe der Fr. Juſtinen ange-
wendete Muͤhe zu ihrer Huͤlffe noch nicht dienen wollen/
weil der Kopff des Kindes durch das Band ſich wieder
in die alte Stellung ziehen laſſen/ als wie ſie Fr. Juſti-
na anfangs gefunden. Darauf haͤtte ſie begehret/ Fr.
Juſtina ſolle ſie nur ruhen laſſen/ wolle ſie doch gerne
ſterben. Worauf Sie ſie auch alle dreye zu frieden ge-
laſſen/ ſich ein wenig niedergeleget/ und aus Mattig-
keit gar eingeſchlaffen. Darauf ſie dann ihren Willen
gehabt/ ſich zu wenden und zu uͤberwerffen/ wie ſie
gewollt/ in Meinung/ ſich etwas damit zu helf-
fen. Woruͤber ihr aber das Gebluͤte im Leibe ſo raͤge
worden/ das ſie den Geſchmack davon immer im
Munde gehabt/ auch endlich/ wie ſie es nicht mehr
verbeißen koͤnnen/ von ſich gegeben/ welches unter-

ſchiede-
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[175/0302] wegen des Waſſerſprengens. weſen; Als haͤtte Frau Juſtina/ kein ander Mittel wiſ- ſende/ eine Schnure von etlichen Ellen gefordert/ die ſie auch bekommen/ um dem Kinde das Haupt damit an- zuſchlingen. Weil ſie aber die Schlinge im Anlegen nicht uͤber das gantze Haͤuptlein/ ſondern nur bis un- ter die Augen bringen koͤnnen/ allwo ſichs an den Bei- nen eingeſchnitten/ die Schlinge aber nicht anders zu erhalten geweſen/ als bis ſie ans Genicke angezogen worden; So haͤtte ſie vor dem Knoten/ ſo an der Schlin- ge geweſen/ ihre Blaſe durch Vorlegung ihres Fingers dermaßen in acht genommen/ daß ſie Fr. Juſtina auch den Nagel vom langen Finger daruͤber verlohren und eingebuͤßet. Es haͤtte aber dieſe der Fr. Juſtinen ange- wendete Muͤhe zu ihrer Huͤlffe noch nicht dienen wollen/ weil der Kopff des Kindes durch das Band ſich wieder in die alte Stellung ziehen laſſen/ als wie ſie Fr. Juſti- na anfangs gefunden. Darauf haͤtte ſie begehret/ Fr. Juſtina ſolle ſie nur ruhen laſſen/ wolle ſie doch gerne ſterben. Worauf Sie ſie auch alle dreye zu frieden ge- laſſen/ ſich ein wenig niedergeleget/ und aus Mattig- keit gar eingeſchlaffen. Darauf ſie dann ihren Willen gehabt/ ſich zu wenden und zu uͤberwerffen/ wie ſie gewollt/ in Meinung/ ſich etwas damit zu helf- fen. Woruͤber ihr aber das Gebluͤte im Leibe ſo raͤge worden/ das ſie den Geſchmack davon immer im Munde gehabt/ auch endlich/ wie ſie es nicht mehr verbeißen koͤnnen/ von ſich gegeben/ welches unter- ſchiede-

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/302>, abgerufen am 02.05.2024.