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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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Das VIII. Capitel
die Gelegenheit an die Hand giebet/ und du weißt/ daßes nicht scha-
den kan.
Christ. Nimmermehr wäre mir in Sinn kommen/
daß es mit den Hauß-Mitteln so viel zu sagen hätte. Weil
du mich aber dieser Bitte zu gewären Bedencken trägest/
so gieb mir doch Nachricht/ wie denn die gute
Titia mit
Sempronio zu Ende kommen. Maßen an vornehmen Or-
ten ich etwas davon
discuriren hören; allein der Ausgang
ist mir noch unbewußt.
Just. Nachdem ein Christ des andern Ehre und guten
Nahmen fördern/ und dasjenige nicht verschweigen soll/ was
des Nechsten Unschuld betrifft/ so wil ich dir kürtzlich eröffnen/
welcher Gestalt Titia wieder den Sempronium ihre Sache mit
Grund bewäret hat/ daß endlich Er hat können und müssen zu
frieden seyn: Sintemal ich alle Acta von ihr in Händen habe/
und öffters lese/ dahero mir gründliche Wissenschafft beywohnet.
Titia war in einer vornehmen Stadt geschworene Wehe-Mut-
ter/ und gedachter Sempronius daselbst ihr guter Freund. Nach
etlichen Jahren ließ er sich verleiten/ daß er ihr/ (aus was Ur-
sachen/ wil ich nicht anführen) nicht mehr geneigt war. Da-
rum ward das vorige Wohlwollen in allerhand Zundthigung
verkehret/ welche Titiam verursachten Ruhe zu suchen. Sie
beurlaubete die Stadt mit der Obrigkeit Mißfallen/ jedoch schö-
nem Zeugnis ihres Wohlverhaltens; Fast alle Einwohner/ be-
sonders viel Adeliche Frauen aufm Lande/ beweineten ihren Ab-
zug/ und klagten über ihre Vermüssung. Sie aber gab sich un-
ter Hoch-Fürstl. Schutz zum sichern privat Leben. Sempronio
war lieb/ daß er Titiam aus den Augen gebracht/ und war noch
nöthig/ sie aus dem Hertzen der Wohlgesinnten zu bringen/ da-
rum giebt er/ in ihrer Abwesenheit/ eine Schrifft bey E. E. Rath
selbiger Stadt ein/ darinnen er obige Hauß-Mittel und andere
gefährliche Dinge wider sie anführet. Nicht zwar als wolte
er
Das VIII. Capitel
die Gelegenheit an die Hand giebet/ und du weißt/ daßes nicht ſcha-
den kan.
Chriſt. Nimmermehr waͤre mir in Sinn kommen/
daß es mit den Hauß-Mitteln ſo viel zu ſagen haͤtte. Weil
du mich aber dieſer Bitte zu gewaͤren Bedencken traͤgeſt/
ſo gieb mir doch Nachricht/ wie denn die gute
Titia mit
Sempronio zu Ende kommen. Maßen an vornehmen Or-
ten ich etwas davon
diſcuriren hoͤren; allein der Ausgang
iſt mir noch unbewußt.
Juſt. Nachdem ein Chriſt des andern Ehre und guten
Nahmen foͤrdern/ und dasjenige nicht verſchweigen ſoll/ was
des Nechſten Unſchuld betrifft/ ſo wil ich dir kuͤrtzlich eroͤffnen/
welcher Geſtalt Titia wieder den Sempronium ihre Sache mit
Grund bewaͤret hat/ daß endlich Er hat koͤnnen und muͤſſen zu
frieden ſeyn: Sintemal ich alle Acta von ihr in Haͤnden habe/
und oͤffters leſe/ dahero mir gruͤndliche Wiſſenſchafft beywohnet.
Titia war in einer vornehmen Stadt geſchworene Wehe-Mut-
ter/ und gedachter Sempronius daſelbſt ihr guter Freund. Nach
etlichen Jahren ließ er ſich verleiten/ daß er ihr/ (aus was Ur-
ſachen/ wil ich nicht anfuͤhren) nicht mehr geneigt war. Da-
rum ward das vorige Wohlwollen in allerhand Zundthigung
verkehret/ welche Titiam verurſachten Ruhe zu ſuchen. Sie
beurlaubete die Stadt mit der Obrigkeit Mißfallen/ jedoch ſchoͤ-
nem Zeugnis ihres Wohlverhaltens; Faſt alle Einwohner/ be-
ſonders viel Adeliche Frauen aufm Lande/ beweineten ihren Ab-
zug/ und klagten uͤber ihre Vermuͤſſung. Sie aber gab ſich un-
ter Hoch-Fuͤrſtl. Schutz zum ſichern privat Leben. Sempronio
war lieb/ daß er Titiam aus den Augen gebracht/ und war noch
noͤthig/ ſie aus dem Hertzen der Wohlgeſinnten zu bringen/ da-
rum giebt er/ in ihrer Abweſenheit/ eine Schrifft bey E. E. Rath
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[186/0313] Das VIII. Capitel die Gelegenheit an die Hand giebet/ und du weißt/ daßes nicht ſcha- den kan. Chriſt. Nimmermehr waͤre mir in Sinn kommen/ daß es mit den Hauß-Mitteln ſo viel zu ſagen haͤtte. Weil du mich aber dieſer Bitte zu gewaͤren Bedencken traͤgeſt/ ſo gieb mir doch Nachricht/ wie denn die gute Titia mit Sempronio zu Ende kommen. Maßen an vornehmen Or- ten ich etwas davon diſcuriren hoͤren; allein der Ausgang iſt mir noch unbewußt. Juſt. Nachdem ein Chriſt des andern Ehre und guten Nahmen foͤrdern/ und dasjenige nicht verſchweigen ſoll/ was des Nechſten Unſchuld betrifft/ ſo wil ich dir kuͤrtzlich eroͤffnen/ welcher Geſtalt Titia wieder den Sempronium ihre Sache mit Grund bewaͤret hat/ daß endlich Er hat koͤnnen und muͤſſen zu frieden ſeyn: Sintemal ich alle Acta von ihr in Haͤnden habe/ und oͤffters leſe/ dahero mir gruͤndliche Wiſſenſchafft beywohnet. Titia war in einer vornehmen Stadt geſchworene Wehe-Mut- ter/ und gedachter Sempronius daſelbſt ihr guter Freund. Nach etlichen Jahren ließ er ſich verleiten/ daß er ihr/ (aus was Ur- ſachen/ wil ich nicht anfuͤhren) nicht mehr geneigt war. Da- rum ward das vorige Wohlwollen in allerhand Zundthigung verkehret/ welche Titiam verurſachten Ruhe zu ſuchen. Sie beurlaubete die Stadt mit der Obrigkeit Mißfallen/ jedoch ſchoͤ- nem Zeugnis ihres Wohlverhaltens; Faſt alle Einwohner/ be- ſonders viel Adeliche Frauen aufm Lande/ beweineten ihren Ab- zug/ und klagten uͤber ihre Vermuͤſſung. Sie aber gab ſich un- ter Hoch-Fuͤrſtl. Schutz zum ſichern privat Leben. Sempronio war lieb/ daß er Titiam aus den Augen gebracht/ und war noch noͤthig/ ſie aus dem Hertzen der Wohlgeſinnten zu bringen/ da- rum giebt er/ in ihrer Abweſenheit/ eine Schrifft bey E. E. Rath ſelbiger Stadt ein/ darinnen er obige Hauß-Mittel und andere gefaͤhrliche Dinge wider ſie anfuͤhret. Nicht zwar als wolte er

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/313>, abgerufen am 30.04.2024.