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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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Informat-Urthel
te/ deswegen nicht stracks zu beschuldigen sey/ daß sie Geburt-
befördernde Adern eröffnet/ und also vor der Zeit die Geburt
befördert hätte/ idqve eo minus, dieweil mit einander keine der-
gleichen Adern/ durch deren Eröffnung die Gebährung/ ei-
nes schwangern Weibes befördert werdenkönte/ zu befinden/ der
Chirurgus und angemaßte Denunciant auch nimmermehr keine
würde specificiren können: Denn wolte er gleich die Pulß- und
Blut-Ader in der Placenta oder dem so genanten Leber-Kuchen
angeben/ so würde ihm doch die niemahls erfolgte Blut-Stür-
tzung/ vielweniger gar erfolgte geschwinde Tod der Frucht/ als-
bald ein anders lehren. So könte er auch die Adern in der Na-
belschnure nicht meinen/ dieweil ja selbige alle zugleich mit einer
Haut überzogen/ und gleichfalls unmöglich ohne plötzliche Um-
bringung der Frucht geöffnet/ oder vielmehr zerrissen werden
könten.
Qvoad (II.) Aber wendet sie vor/ wie sie die Wasserspren-
gung nur zu adhibiren pflegte/ wenn die Frucht den situm par-
tui proximum
genommen/ oder/ wie sie redet/ wol eingetre-
ten wäre/ damit sie nicht durch eine sonst offt besorgende Wen-
dung in eine lasterhaffte oder gefährliche positur gerathe/ welches
aber keines weges die Geburt vor der Zeit/ sondern vielmehr in-
und bey rechter gehöriger Zeit/ dem Gewissen nach/ befördern
hieße.
Qvoad (III.) Und so viel endlichen die Abschälung der Se-
cundin
en betrifft/ so saget die Titia, wie ihr dieses vollend so gar
ungereimt vorkäme/ daß sie sich auch nicht einbilden könte/ daß
einig vernünfftiger Anatomicus, als dieser Chirurgus und ange-
maßter Denunciant seyn wolte/ der gleichen absurdität statuiren und
fürgeben solte/ angesehen das osculum cervicis uteri oder der inne-
re Mutter-Mund bey denen Praegnantibus dermassen fest geschlos-
sen wäre/ daß er sich fast niemahls vor der rechten Geburts-Zeit
eröffnete/ und dahero nicht einmahl von ihr zu vermuthen/ daß
sie
Informat-Urthel
te/ deswegen nicht ſtracks zu beſchuldigen ſey/ daß ſie Geburt-
befoͤrdernde Adern eroͤffnet/ und alſo vor der Zeit die Geburt
befoͤrdert haͤtte/ idqve eo minus, dieweil mit einander keine der-
gleichen Adern/ durch deren Eroͤffnung die Gebaͤhrung/ ei-
nes ſchwangern Weibes befoͤrdert werdenkoͤnte/ zu befinden/ der
Chirurgus und angemaßte Denunciant auch nimmermehr keine
wuͤrde ſpecificiren koͤnnen: Denn wolte er gleich die Pulß- und
Blut-Ader in der Placenta oder dem ſo genanten Leber-Kuchen
angeben/ ſo wuͤrde ihm doch die niemahls erfolgte Blut-Stuͤr-
tzung/ vielweniger gar erfolgte geſchwinde Tod der Frucht/ als-
bald ein anders lehren. So koͤnte er auch die Adern in der Na-
belſchnure nicht meinen/ dieweil ja ſelbige alle zugleich mit einer
Haut uͤberzogen/ und gleichfalls unmoͤglich ohne ploͤtzliche Um-
bringung der Frucht geoͤffnet/ oder vielmehr zerriſſen werden
koͤnten.
Qvoad (II.) Aber wendet ſie vor/ wie ſie die Waſſerſpren-
gung nur zu adhibiren pflegte/ wenn die Frucht den ſitum par-
tui proximum
genommen/ oder/ wie ſie redet/ wol eingetre-
ten waͤre/ damit ſie nicht durch eine ſonſt offt beſorgende Wen-
dung in eine laſterhaffte oder gefaͤhrliche poſitur gerathe/ welches
aber keines weges die Geburt vor der Zeit/ ſondern vielmehr in-
und bey rechter gehoͤriger Zeit/ dem Gewiſſen nach/ befoͤrdern
hieße.
Qvoad (III.) Und ſo viel endlichen die Abſchaͤlung der Se-
cundin
en betrifft/ ſo ſaget die Titia, wie ihr dieſes vollend ſo gar
ungereimt vorkaͤme/ daß ſie ſich auch nicht einbilden koͤnte/ daß
einig vernuͤnfftiger Anatomicus, als dieſer Chirurgus und ange-
maßter Denunciant ſeyn wolte/ der gleichẽ abſurditaͤt ſtatuiren und
fuͤrgeben ſolte/ angeſehen das oſculum cervicis uteri oder der inne-
re Mutter-Mund bey denen Prægnantibus dermaſſen feſt geſchloſ-
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[200/0327] Informat-Urthel te/ deswegen nicht ſtracks zu beſchuldigen ſey/ daß ſie Geburt- befoͤrdernde Adern eroͤffnet/ und alſo vor der Zeit die Geburt befoͤrdert haͤtte/ idqve eo minus, dieweil mit einander keine der- gleichen Adern/ durch deren Eroͤffnung die Gebaͤhrung/ ei- nes ſchwangern Weibes befoͤrdert werdenkoͤnte/ zu befinden/ der Chirurgus und angemaßte Denunciant auch nimmermehr keine wuͤrde ſpecificiren koͤnnen: Denn wolte er gleich die Pulß- und Blut-Ader in der Placenta oder dem ſo genanten Leber-Kuchen angeben/ ſo wuͤrde ihm doch die niemahls erfolgte Blut-Stuͤr- tzung/ vielweniger gar erfolgte geſchwinde Tod der Frucht/ als- bald ein anders lehren. So koͤnte er auch die Adern in der Na- belſchnure nicht meinen/ dieweil ja ſelbige alle zugleich mit einer Haut uͤberzogen/ und gleichfalls unmoͤglich ohne ploͤtzliche Um- bringung der Frucht geoͤffnet/ oder vielmehr zerriſſen werden koͤnten. Qvoad (II.) Aber wendet ſie vor/ wie ſie die Waſſerſpren- gung nur zu adhibiren pflegte/ wenn die Frucht den ſitum par- tui proximum genommen/ oder/ wie ſie redet/ wol eingetre- ten waͤre/ damit ſie nicht durch eine ſonſt offt beſorgende Wen- dung in eine laſterhaffte oder gefaͤhrliche poſitur gerathe/ welches aber keines weges die Geburt vor der Zeit/ ſondern vielmehr in- und bey rechter gehoͤriger Zeit/ dem Gewiſſen nach/ befoͤrdern hieße. Qvoad (III.) Und ſo viel endlichen die Abſchaͤlung der Se- cundinen betrifft/ ſo ſaget die Titia, wie ihr dieſes vollend ſo gar ungereimt vorkaͤme/ daß ſie ſich auch nicht einbilden koͤnte/ daß einig vernuͤnfftiger Anatomicus, als dieſer Chirurgus und ange- maßter Denunciant ſeyn wolte/ der gleichẽ abſurditaͤt ſtatuiren und fuͤrgeben ſolte/ angeſehen das oſculum cervicis uteri oder der inne- re Mutter-Mund bey denen Prægnantibus dermaſſen feſt geſchloſ- ſen waͤre/ daß er ſich faſt niemahls vor der rechten Geburts-Zeit eroͤffnete/ und dahero nicht einmahl von ihr zu vermuthen/ daß ſie

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/327>, abgerufen am 29.04.2024.