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Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

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der Anlage und Erhaltung der Leitung nicht, wie bei langen
Linien, sehr überwiegend über die Kosten der Arbeit der De¬
peschenbeförderung sind, kommt es jedoch weniger darauf an,
möglichst viele Depeschen in einer bestimmten Zeit durch einen
Leitungsdraht schicken zu können, als vielmehr darauf, die Ar¬
beit des Gebens und Empfangens möglichst klein zu machen.
Die Richtung, in welcher die Telegraphie sich weiter entwickeln
wird, muß also aller Wahrscheinlichkeit nach die sein, daß für
die Korrespondenz entfernter Orte und Länder mit einander die
Uebertragung der Morseschrift auf mechanischem Wege, für die
Korrespondenz näher an einander liegender Orte dagegen der
Letterndruck in allgemeine Anwendung kommen wird.

Wie aus der obigen Schilderung der allmähligen Ent¬
wickelung des Gedankens der electrischen Telegraphie zu den
jetzt gebräuchlichen Instrumenten hervorgeht, waren es haupt¬
sächlich practische Schwierigkeiten, welche erst im Laufe der Zeit
überwunden wurden. Der Gelehrte konnte leicht Methoden und
Combinationen ersinnen, welche telegraphische Mittheilungen
möglich machten und welche sich auch, im Zimmer versucht, treff¬
lich bewährten. In Wirklichkeit trat aber ein neues schlimmes
Element hinzu, welches seine Pläne durchkreuzte -- die isolirte
Leitung zwischen den telegraphisch zu verbindenden Orten.

Um die großen Schwierigkeiten, welche diese herbeiführte, rich¬
tig würdigen zu können, muß man sich klar machen, welche Anfor¬
derungen an eine gute Leitung gestellt werden müssen und wel¬
chen Gefahren aller Art dieselbe ausgesetzt ist. Der Leitungs¬
draht muß nicht nur in ununterbrochenem metallischen Zusam¬
menhange von einem Ende bis zum anderen stehen, er darf
auf diesem ganzen langen Wege an keinem einzigen Punkte in
gut leitender Verbindung mit dem Erdboden stehen. Eine solche
leitende Verbindung wird durch jeden metallischen oder auch
nur feuchten Körper, welcher gleichzeitig den Draht und die Erde

der Anlage und Erhaltung der Leitung nicht, wie bei langen
Linien, ſehr überwiegend über die Koſten der Arbeit der De¬
peſchenbeförderung ſind, kommt es jedoch weniger darauf an,
möglichſt viele Depeſchen in einer beſtimmten Zeit durch einen
Leitungsdraht ſchicken zu können, als vielmehr darauf, die Ar¬
beit des Gebens und Empfangens möglichſt klein zu machen.
Die Richtung, in welcher die Telegraphie ſich weiter entwickeln
wird, muß alſo aller Wahrſcheinlichkeit nach die ſein, daß für
die Korreſpondenz entfernter Orte und Länder mit einander die
Uebertragung der Morſeſchrift auf mechaniſchem Wege, für die
Korreſpondenz näher an einander liegender Orte dagegen der
Letterndruck in allgemeine Anwendung kommen wird.

Wie aus der obigen Schilderung der allmähligen Ent¬
wickelung des Gedankens der electriſchen Telegraphie zu den
jetzt gebräuchlichen Inſtrumenten hervorgeht, waren es haupt¬
ſächlich practiſche Schwierigkeiten, welche erſt im Laufe der Zeit
überwunden wurden. Der Gelehrte konnte leicht Methoden und
Combinationen erſinnen, welche telegraphiſche Mittheilungen
möglich machten und welche ſich auch, im Zimmer verſucht, treff¬
lich bewährten. In Wirklichkeit trat aber ein neues ſchlimmes
Element hinzu, welches ſeine Pläne durchkreuzte — die iſolirte
Leitung zwiſchen den telegraphiſch zu verbindenden Orten.

Um die großen Schwierigkeiten, welche dieſe herbeiführte, rich¬
tig würdigen zu können, muß man ſich klar machen, welche Anfor¬
derungen an eine gute Leitung geſtellt werden müſſen und wel¬
chen Gefahren aller Art dieſelbe ausgeſetzt iſt. Der Leitungs¬
draht muß nicht nur in ununterbrochenem metalliſchen Zuſam¬
menhange von einem Ende bis zum anderen ſtehen, er darf
auf dieſem ganzen langen Wege an keinem einzigen Punkte in
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[30/0036] der Anlage und Erhaltung der Leitung nicht, wie bei langen Linien, ſehr überwiegend über die Koſten der Arbeit der De¬ peſchenbeförderung ſind, kommt es jedoch weniger darauf an, möglichſt viele Depeſchen in einer beſtimmten Zeit durch einen Leitungsdraht ſchicken zu können, als vielmehr darauf, die Ar¬ beit des Gebens und Empfangens möglichſt klein zu machen. Die Richtung, in welcher die Telegraphie ſich weiter entwickeln wird, muß alſo aller Wahrſcheinlichkeit nach die ſein, daß für die Korreſpondenz entfernter Orte und Länder mit einander die Uebertragung der Morſeſchrift auf mechaniſchem Wege, für die Korreſpondenz näher an einander liegender Orte dagegen der Letterndruck in allgemeine Anwendung kommen wird. Wie aus der obigen Schilderung der allmähligen Ent¬ wickelung des Gedankens der electriſchen Telegraphie zu den jetzt gebräuchlichen Inſtrumenten hervorgeht, waren es haupt¬ ſächlich practiſche Schwierigkeiten, welche erſt im Laufe der Zeit überwunden wurden. Der Gelehrte konnte leicht Methoden und Combinationen erſinnen, welche telegraphiſche Mittheilungen möglich machten und welche ſich auch, im Zimmer verſucht, treff¬ lich bewährten. In Wirklichkeit trat aber ein neues ſchlimmes Element hinzu, welches ſeine Pläne durchkreuzte — die iſolirte Leitung zwiſchen den telegraphiſch zu verbindenden Orten. Um die großen Schwierigkeiten, welche dieſe herbeiführte, rich¬ tig würdigen zu können, muß man ſich klar machen, welche Anfor¬ derungen an eine gute Leitung geſtellt werden müſſen und wel¬ chen Gefahren aller Art dieſelbe ausgeſetzt iſt. Der Leitungs¬ draht muß nicht nur in ununterbrochenem metalliſchen Zuſam¬ menhange von einem Ende bis zum anderen ſtehen, er darf auf dieſem ganzen langen Wege an keinem einzigen Punkte in gut leitender Verbindung mit dem Erdboden ſtehen. Eine ſolche leitende Verbindung wird durch jeden metalliſchen oder auch nur feuchten Körper, welcher gleichzeitig den Draht und die Erde

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/36>, abgerufen am 29.03.2024.