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Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

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hielten und vor äußeren Beschädigungen geschützt waren. Ein
solches electrisches Drahtseil oder Kabel wird in ähnlicher Weise,
wie die Schiffer ihre Seile zusammenrollen, in den Raum des
zum Auslegen bestimmten Dampfschiffes eingelegt. Ist das Schiff
an dem Küstenpunkte angekommen, von wo die Legung beginnen
soll, so wird zuerst vom Lande aus, durch die Brandung hin¬
durch bis zum tiefen Wasser, ein mit sehr dicken Eisendrähten
umwundenes, sogenanntes Küstenkabel gelegt, welches der Zer¬
störung mehr widersteht wie das dünnere, für das tiefe Wasser,
wo diese Gefahren weit geringer sind, bestimmte Kabel. Nach¬
dem das Ende dieses Küstenkabels mit dem zuletzt eingelegten
Ende des auf dem Schiffe befindlichen Kabels sicher verbunden
ist, beginnt das Schiff seine Fahrt zum anderen Küstenpunkte.
Ist es hier wieder glücklich in flachem Wasser angekommen, so
wird das Ende des Tiefseekabels wieder mit dem schon im
Voraus gelegten Küstenkabel verbunden, wodurch die telegra¬
phische Verbindung dann vollendet ist.

Diese so einfach erscheinende Operation ist aber trotzdem
ein sehr schwieriges und gefahrvolles Unternehmen, besonders
dann, wenn die Wassertiefe groß ist. Während das Schiff durch
die Kraft seiner Maschine dem Ziele zueilt, und das Kabel über
eine neben dem Steuer angebrachte Rolle dem Meere zugeführt
wird, sinkt es hinter dem Schiffe in Folge der Schwerkraft
langsam bis zum Boden des Meeres. Würde das Kabel durch
keine dieser Schwere entgegenwirkende Kraft auf dem Schiffe
zurückgehalten, so würde es in großer Geschwindigkeit auf der
vom Wasser gebildeten schiefen Ebene in die Tiefe hinabgleiten.
Um dies zu verhindern, muß es durch Bremsvorrichtungen mit
einer Kraft zurückgehalten werden, welche dem Gewicht eines
senkrecht vom Schiffe bis zum Meeresboden hinabhängenden
Kabelstückes möglichst genau gleich ist. Bei großer Meerestiefe,
die oft eine halbe geographische Meile übersteigt, ist diese Kraft

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hielten und vor äußeren Beſchädigungen geſchützt waren. Ein
ſolches electriſches Drahtſeil oder Kabel wird in ähnlicher Weiſe,
wie die Schiffer ihre Seile zuſammenrollen, in den Raum des
zum Auslegen beſtimmten Dampfſchiffes eingelegt. Iſt das Schiff
an dem Küſtenpunkte angekommen, von wo die Legung beginnen
ſoll, ſo wird zuerſt vom Lande aus, durch die Brandung hin¬
durch bis zum tiefen Waſſer, ein mit ſehr dicken Eiſendrähten
umwundenes, ſogenanntes Küſtenkabel gelegt, welches der Zer¬
ſtörung mehr widerſteht wie das dünnere, für das tiefe Waſſer,
wo dieſe Gefahren weit geringer ſind, beſtimmte Kabel. Nach¬
dem das Ende dieſes Küſtenkabels mit dem zuletzt eingelegten
Ende des auf dem Schiffe befindlichen Kabels ſicher verbunden
iſt, beginnt das Schiff ſeine Fahrt zum anderen Küſtenpunkte.
Iſt es hier wieder glücklich in flachem Waſſer angekommen, ſo
wird das Ende des Tiefſeekabels wieder mit dem ſchon im
Voraus gelegten Küſtenkabel verbunden, wodurch die telegra¬
phiſche Verbindung dann vollendet iſt.

Dieſe ſo einfach erſcheinende Operation iſt aber trotzdem
ein ſehr ſchwieriges und gefahrvolles Unternehmen, beſonders
dann, wenn die Waſſertiefe groß iſt. Während das Schiff durch
die Kraft ſeiner Maſchine dem Ziele zueilt, und das Kabel über
eine neben dem Steuer angebrachte Rolle dem Meere zugeführt
wird, ſinkt es hinter dem Schiffe in Folge der Schwerkraft
langſam bis zum Boden des Meeres. Würde das Kabel durch
keine dieſer Schwere entgegenwirkende Kraft auf dem Schiffe
zurückgehalten, ſo würde es in großer Geſchwindigkeit auf der
vom Waſſer gebildeten ſchiefen Ebene in die Tiefe hinabgleiten.
Um dies zu verhindern, muß es durch Bremsvorrichtungen mit
einer Kraft zurückgehalten werden, welche dem Gewicht eines
ſenkrecht vom Schiffe bis zum Meeresboden hinabhängenden
Kabelſtückes möglichſt genau gleich iſt. Bei großer Meerestiefe,
die oft eine halbe geographiſche Meile überſteigt, iſt dieſe Kraft

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[35/0041] hielten und vor äußeren Beſchädigungen geſchützt waren. Ein ſolches electriſches Drahtſeil oder Kabel wird in ähnlicher Weiſe, wie die Schiffer ihre Seile zuſammenrollen, in den Raum des zum Auslegen beſtimmten Dampfſchiffes eingelegt. Iſt das Schiff an dem Küſtenpunkte angekommen, von wo die Legung beginnen ſoll, ſo wird zuerſt vom Lande aus, durch die Brandung hin¬ durch bis zum tiefen Waſſer, ein mit ſehr dicken Eiſendrähten umwundenes, ſogenanntes Küſtenkabel gelegt, welches der Zer¬ ſtörung mehr widerſteht wie das dünnere, für das tiefe Waſſer, wo dieſe Gefahren weit geringer ſind, beſtimmte Kabel. Nach¬ dem das Ende dieſes Küſtenkabels mit dem zuletzt eingelegten Ende des auf dem Schiffe befindlichen Kabels ſicher verbunden iſt, beginnt das Schiff ſeine Fahrt zum anderen Küſtenpunkte. Iſt es hier wieder glücklich in flachem Waſſer angekommen, ſo wird das Ende des Tiefſeekabels wieder mit dem ſchon im Voraus gelegten Küſtenkabel verbunden, wodurch die telegra¬ phiſche Verbindung dann vollendet iſt. Dieſe ſo einfach erſcheinende Operation iſt aber trotzdem ein ſehr ſchwieriges und gefahrvolles Unternehmen, beſonders dann, wenn die Waſſertiefe groß iſt. Während das Schiff durch die Kraft ſeiner Maſchine dem Ziele zueilt, und das Kabel über eine neben dem Steuer angebrachte Rolle dem Meere zugeführt wird, ſinkt es hinter dem Schiffe in Folge der Schwerkraft langſam bis zum Boden des Meeres. Würde das Kabel durch keine dieſer Schwere entgegenwirkende Kraft auf dem Schiffe zurückgehalten, ſo würde es in großer Geſchwindigkeit auf der vom Waſſer gebildeten ſchiefen Ebene in die Tiefe hinabgleiten. Um dies zu verhindern, muß es durch Bremsvorrichtungen mit einer Kraft zurückgehalten werden, welche dem Gewicht eines ſenkrecht vom Schiffe bis zum Meeresboden hinabhängenden Kabelſtückes möglichſt genau gleich iſt. Bei großer Meerestiefe, die oft eine halbe geographiſche Meile überſteigt, iſt dieſe Kraft 3*

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/41>, abgerufen am 29.03.2024.