Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ernst, George: Das Training des Trabers. Wien, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

lassen, als das junge Ding auf das Risiko
hin, es für immer zu ruiniren, in eine hohe
Condition hinaufzuschrauben. Wird das Pferd
in diesem Alter übertrainirt, so wird der
Schaden, den dessen Beine, Temperament
oder Constitution erleiden, kein vorüber-
gehender, sondern ein bleibender sein. Es
gibt gewiss junge so gut wie alte Pferde,
welche Alles überstehen und welche, wenn
sie auch noch so unwissend und sorglos
behandelt werden, doch keinen Schaden
nehmen; das aber sind Ausnahmen und man
darf sich nicht darauf verlassen, dass sie
Einem unterkommen. Man wird trotz aller
Sorgfalt und Vorsicht, die man aufwendet,
nicht verhüten können, dass so manches
Pferd den gehegten Erwartungen nicht ent-
sprechen wird, ohne dass man sich dazu ver-
leiten liess, ihm Aufgaben zu stellen, welche
für den unreifen Zustand seiner Knochen und
Sehnen viel zu hoch gegriffen sind. Die Ver-
suchung, ein gutes Pferd schon sehr jung
auf die Bahn zu bringen, mag eine sehr
grosse sein, aber man thut in beinahe allen
Fällen gut daran, ihr zu widerstehen, um
sich nicht eines ähnlichen Fehlers schuldig
zu machen, wie jene unvernünftigen Wilden,
welche Bäume fällen, um zu deren Früchten
zu gelangen.

lassen, als das junge Ding auf das Risiko
hin, es für immer zu ruiniren, in eine hohe
Condition hinaufzuschrauben. Wird das Pferd
in diesem Alter übertrainirt, so wird der
Schaden, den dessen Beine, Temperament
oder Constitution erleiden, kein vorüber-
gehender, sondern ein bleibender sein. Es
gibt gewiss junge so gut wie alte Pferde,
welche Alles überstehen und welche, wenn
sie auch noch so unwissend und sorglos
behandelt werden, doch keinen Schaden
nehmen; das aber sind Ausnahmen und man
darf sich nicht darauf verlassen, dass sie
Einem unterkommen. Man wird trotz aller
Sorgfalt und Vorsicht, die man aufwendet,
nicht verhüten können, dass so manches
Pferd den gehegten Erwartungen nicht ent-
sprechen wird, ohne dass man sich dazu ver-
leiten liess, ihm Aufgaben zu stellen, welche
für den unreifen Zustand seiner Knochen und
Sehnen viel zu hoch gegriffen sind. Die Ver-
suchung, ein gutes Pferd schon sehr jung
auf die Bahn zu bringen, mag eine sehr
grosse sein, aber man thut in beinahe allen
Fällen gut daran, ihr zu widerstehen, um
sich nicht eines ähnlichen Fehlers schuldig
zu machen, wie jene unvernünftigen Wilden,
welche Bäume fällen, um zu deren Früchten
zu gelangen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0075" n="59"/>
lassen, als das junge Ding auf das Risiko<lb/>
hin, es für immer zu ruiniren, in eine hohe<lb/>
Condition hinaufzuschrauben. Wird das Pferd<lb/>
in diesem Alter übertrainirt, so wird der<lb/>
Schaden, den dessen Beine, Temperament<lb/>
oder Constitution erleiden, kein vorüber-<lb/>
gehender, sondern ein bleibender sein. Es<lb/>
gibt gewiss junge so gut wie alte Pferde,<lb/>
welche Alles überstehen und welche, wenn<lb/>
sie auch noch so unwissend und sorglos<lb/>
behandelt werden, doch keinen Schaden<lb/>
nehmen; das aber sind Ausnahmen und man<lb/>
darf sich nicht darauf verlassen, dass sie<lb/>
Einem unterkommen. Man wird trotz aller<lb/>
Sorgfalt und Vorsicht, die man aufwendet,<lb/>
nicht verhüten können, dass so manches<lb/>
Pferd den gehegten Erwartungen nicht ent-<lb/>
sprechen wird, ohne dass man sich dazu ver-<lb/>
leiten liess, ihm Aufgaben zu stellen, welche<lb/>
für den unreifen Zustand seiner Knochen und<lb/>
Sehnen viel zu hoch gegriffen sind. Die Ver-<lb/>
suchung, ein gutes Pferd schon sehr jung<lb/>
auf die Bahn zu bringen, mag eine sehr<lb/>
grosse sein, aber man thut in beinahe allen<lb/>
Fällen gut daran, ihr zu widerstehen, um<lb/>
sich nicht eines ähnlichen Fehlers schuldig<lb/>
zu machen, wie jene unvernünftigen Wilden,<lb/>
welche Bäume fällen, um zu deren Früchten<lb/>
zu gelangen.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0075] lassen, als das junge Ding auf das Risiko hin, es für immer zu ruiniren, in eine hohe Condition hinaufzuschrauben. Wird das Pferd in diesem Alter übertrainirt, so wird der Schaden, den dessen Beine, Temperament oder Constitution erleiden, kein vorüber- gehender, sondern ein bleibender sein. Es gibt gewiss junge so gut wie alte Pferde, welche Alles überstehen und welche, wenn sie auch noch so unwissend und sorglos behandelt werden, doch keinen Schaden nehmen; das aber sind Ausnahmen und man darf sich nicht darauf verlassen, dass sie Einem unterkommen. Man wird trotz aller Sorgfalt und Vorsicht, die man aufwendet, nicht verhüten können, dass so manches Pferd den gehegten Erwartungen nicht ent- sprechen wird, ohne dass man sich dazu ver- leiten liess, ihm Aufgaben zu stellen, welche für den unreifen Zustand seiner Knochen und Sehnen viel zu hoch gegriffen sind. Die Ver- suchung, ein gutes Pferd schon sehr jung auf die Bahn zu bringen, mag eine sehr grosse sein, aber man thut in beinahe allen Fällen gut daran, ihr zu widerstehen, um sich nicht eines ähnlichen Fehlers schuldig zu machen, wie jene unvernünftigen Wilden, welche Bäume fällen, um zu deren Früchten zu gelangen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silberer_traber_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silberer_traber_1883/75
Zitationshilfe: Ernst, George: Das Training des Trabers. Wien, 1883, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silberer_traber_1883/75>, abgerufen am 18.04.2024.