Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Johannis Angeli 13. Jch die Ursach Sag allerliebstes Kindt/ bin ichs umb den du weinst? Ach ja du siehst mich an: ich bins wol den du meinst. 14. Küssungs Begierde. Ach laß mich doch mein Kind mein GOtt an deinen Füssen/ Nur einen Augenblik daß minste Brünklein küssen. Jch weiß werd' ich von Dir nur bloß berühret sein/ Daß straks verschwinden wird/ mein'/ und auch deine Pein. 15. Der beste Lobgesang. Singt singt jhr Engel singt: Mit hundert tausend Zungen/ Wird dieses wehrte Kind nicht würdiglich besungen. Ach möcht' ich ohne Zung/ und ohne Stimme sein! Jch weiß ich säng' jhm straks daß liebste Liedelein. 16. Er mir/ ich Jhm. Wißt/ GOtt wird mir ein Kind/ ligt in der Jung- frau Schoß/ Daß ich jhm werde GOtt/ und wachs jhm gleich und groß. 17. Am Nächsten am besten. Mensch werde GOtt verwandt auß Wasser/ Blutt und Geist/ Auf daß du GOtt in GOtt auß GOtt durch GOtte seist. Wer jhn Umbhalsen wil/ muß jhm nicht nur allein/ Befreundet/ sondern gar sein Kind und Mutter sein. 18. Die beweglichste Musica. O seht/ daß liebe Kind wie es so süsse weint! Daß älle Stösserlein Hertz-grund-beweglich seind. Laß doch mein Ach und O in deins vermengt erschallen/ Daß es für allem thon GOtt könne Wolgefallen. 19. Die
Johannis Angeli 13. Jch die Urſach Sag allerliebſtes Kindt/ bin ichs umb den du weinſt? Ach ja du ſiehſt mich an: ich bins wol den du meinſt. 14. Kuͤſſungs Begierde. Ach laß mich doch mein Kind mein GOtt an deinen Fuͤſſen/ Nur einen Augenblik daß minſte Bruͤnklein kuͤſſen. Jch weiß werd’ ich von Dir nur bloß beruͤhret ſein/ Daß ſtraks verſchwinden wird/ mein’/ und auch deine Pein. 15. Der beſte Lobgeſang. Singt ſingt jhr Engel ſingt: Mit hundert tauſend Zungen/ Wird dieſes wehrte Kind nicht wuͤrdiglich beſungen. Ach moͤcht’ ich ohne Zung/ und ohne Stimme ſein! Jch weiß ich ſaͤng’ jhm ſtraks daß liebſte Liedelein. 16. Er mir/ ich Jhm. Wißt/ GOtt wird mir ein Kind/ ligt in der Jung- frau Schoß/ Daß ich jhm werde GOtt/ und wachs jhm gleich und groß. 17. Am Naͤchſten am beſten. Menſch werde GOtt verwandt auß Waſſer/ Blutt und Geiſt/ Auf daß du GOtt in GOtt auß GOtt durch GOtte ſeiſt. Wer jhn Umbhalſen wil/ muß jhm nicht nur allein/ Befreundet/ ſondern gar ſein Kind und Mutter ſein. 18. Die beweglichſte Muſica. O ſeht/ daß liebe Kind wie es ſo ſuͤſſe weint! Daß aͤlle Stoͤſſerlein Hertz-grund-beweglich ſeind. Laß doch mein Ach und O in deins vermengt erſchallẽ/ Daß es fuͤr allem thon GOtt koͤnne Wolgefallen. 19. Die
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14. Kuͤſſungs Begierde.
Ach laß mich doch mein Kind mein GOtt an deinen
Fuͤſſen/
Nur einen Augenblik daß minſte Bruͤnklein kuͤſſen.
Jch weiß werd’ ich von Dir nur bloß beruͤhret ſein/
Daß ſtraks verſchwinden wird/ mein’/ und auch deine
Pein.
15. Der beſte Lobgeſang.
Singt ſingt jhr Engel ſingt: Mit hundert tauſend
Zungen/
Wird dieſes wehrte Kind nicht wuͤrdiglich beſungen.
Ach moͤcht’ ich ohne Zung/ und ohne Stimme ſein!
Jch weiß ich ſaͤng’ jhm ſtraks daß liebſte Liedelein.
16. Er mir/ ich Jhm.
Wißt/ GOtt wird mir ein Kind/ ligt in der Jung-
frau Schoß/
Daß ich jhm werde GOtt/ und wachs jhm gleich und
groß.
17. Am Naͤchſten am beſten.
Menſch werde GOtt verwandt auß Waſſer/ Blutt
und Geiſt/
Auf daß du GOtt in GOtt auß GOtt durch GOtte
ſeiſt.
Wer jhn Umbhalſen wil/ muß jhm nicht nur allein/
Befreundet/ ſondern gar ſein Kind und Mutter ſein.
18. Die beweglichſte Muſica.
O ſeht/ daß liebe Kind wie es ſo ſuͤſſe weint!
Daß aͤlle Stoͤſſerlein Hertz-grund-beweglich ſeind.
Laß doch mein Ach und O in deins vermengt erſchallẽ/
Daß es fuͤr allem thon GOtt koͤnne Wolgefallen.
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Zitationshilfe: | Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 90.[88]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/94>, abgerufen am 30.11.2023. |