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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900.

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Richtung liegt, wenn die Operationen mit Werten sich an einem
Symbol vollziehen, das mehr und mehr die materiale Beziehung zu den
definitiven Realitäten seines Gebietes einbüsst und bloss Symbol wird.
Diese Lebensform setzt nicht nur eine ausserordentliche Vermehrung
der psychischen Prozesse voraus -- wie komplizierte psychologische
Vorbedingungen fordert etwa nur die Deckung von Banknoten durch
Barreserve! -- sondern auch eine Erhöhung derselben, eine prinzi-
pielle Wendung der Kultur zur Intellektualität. Dass das Leben im
wesentlichen auf den Intellekt gestellt ist und dieser als die praktisch
wertvollste unter unseren psychischen Energien gilt -- das pflegt, wie
nachherige Überlegungen noch ausführlich zeigen werden, mit dem
Durchdringen der Geldwirtschaft Hand in Hand zu gehen; wie denn
auch innerhalb des Handelsgebietes, insbesondere wo reine Geld-
geschäfte in Frage stehen, zweifellos der Intellekt im Besitz der
Souveränetät ist. Die Steigerung der intellektuellen, abstrahierenden
Fähigkeiten charakterisiert die Zeit, in der das Geld immer mehr zum
reinen Symbol und gegen seinen Eigenwert gleichgültig wird.


Richtung liegt, wenn die Operationen mit Werten sich an einem
Symbol vollziehen, das mehr und mehr die materiale Beziehung zu den
definitiven Realitäten seines Gebietes einbüſst und bloſs Symbol wird.
Diese Lebensform setzt nicht nur eine auſserordentliche Vermehrung
der psychischen Prozesse voraus — wie komplizierte psychologische
Vorbedingungen fordert etwa nur die Deckung von Banknoten durch
Barreserve! — sondern auch eine Erhöhung derselben, eine prinzi-
pielle Wendung der Kultur zur Intellektualität. Daſs das Leben im
wesentlichen auf den Intellekt gestellt ist und dieser als die praktisch
wertvollste unter unseren psychischen Energien gilt — das pflegt, wie
nachherige Überlegungen noch ausführlich zeigen werden, mit dem
Durchdringen der Geldwirtschaft Hand in Hand zu gehen; wie denn
auch innerhalb des Handelsgebietes, insbesondere wo reine Geld-
geschäfte in Frage stehen, zweifellos der Intellekt im Besitz der
Souveränetät ist. Die Steigerung der intellektuellen, abstrahierenden
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reinen Symbol und gegen seinen Eigenwert gleichgültig wird.


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[114/0138] Richtung liegt, wenn die Operationen mit Werten sich an einem Symbol vollziehen, das mehr und mehr die materiale Beziehung zu den definitiven Realitäten seines Gebietes einbüſst und bloſs Symbol wird. Diese Lebensform setzt nicht nur eine auſserordentliche Vermehrung der psychischen Prozesse voraus — wie komplizierte psychologische Vorbedingungen fordert etwa nur die Deckung von Banknoten durch Barreserve! — sondern auch eine Erhöhung derselben, eine prinzi- pielle Wendung der Kultur zur Intellektualität. Daſs das Leben im wesentlichen auf den Intellekt gestellt ist und dieser als die praktisch wertvollste unter unseren psychischen Energien gilt — das pflegt, wie nachherige Überlegungen noch ausführlich zeigen werden, mit dem Durchdringen der Geldwirtschaft Hand in Hand zu gehen; wie denn auch innerhalb des Handelsgebietes, insbesondere wo reine Geld- geschäfte in Frage stehen, zweifellos der Intellekt im Besitz der Souveränetät ist. Die Steigerung der intellektuellen, abstrahierenden Fähigkeiten charakterisiert die Zeit, in der das Geld immer mehr zum reinen Symbol und gegen seinen Eigenwert gleichgültig wird.

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Zitationshilfe: Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/138>, abgerufen am 29.03.2024.