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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

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"Lassen Sie mich morgen, oder wann es ist, nach
Grünwald gehen und mit Timm sprechen. Ich habe
in früheren Zeiten schon manche absonderliche Unter¬
handlungen mit ihm geführt; er weiß, daß er mir
kein X für ein U machen kann. Ohne Geld kommen
wir freilich nicht los; aber ich kriege die Papiere
billiger, als Sie, oder ein Anderer."

"Und was soll mit Herrn Stein geschehen?"

"Den jagen wir mit Schimpf und Schande fort.
Wollen Sie mir auch dies Geschäft überlassen?"

"Ja; thun Sie, was Sie wollen, aber befreien
Sie mich von diesem Menschen!"

"Ich will es schon machen. Es findet sich heute
Abend schon eine Gelegenheit. Mit mehr Eclat es
geschieht, desto besser. Es soll ihm schon die Lust
vergehen, mit uns noch einmal anzubinden. Sie wer¬
den doch dem Onkel nichts von alle dem sagen."

"Um Himmelswillen nicht!" rief die Baronin.
"Er wäre im Stande, heute noch Herrn Stein als
unsern lieben Verwandten der Gesellschaft vorzustellen.
Er ist ja schon beinahe kindisch; ich kann mich von
heute an in nichts mehr auf ihn verlassen."

"Nun denn!" sagte Felix, seiner Tante die Hand
küssend; "so verlassen Sie sich auf mich. Wir wollen

„Laſſen Sie mich morgen, oder wann es iſt, nach
Grünwald gehen und mit Timm ſprechen. Ich habe
in früheren Zeiten ſchon manche abſonderliche Unter¬
handlungen mit ihm geführt; er weiß, daß er mir
kein X für ein U machen kann. Ohne Geld kommen
wir freilich nicht los; aber ich kriege die Papiere
billiger, als Sie, oder ein Anderer.“

„Und was ſoll mit Herrn Stein geſchehen?“

„Den jagen wir mit Schimpf und Schande fort.
Wollen Sie mir auch dies Geſchäft überlaſſen?“

„Ja; thun Sie, was Sie wollen, aber befreien
Sie mich von dieſem Menſchen!“

„Ich will es ſchon machen. Es findet ſich heute
Abend ſchon eine Gelegenheit. Mit mehr Eclat es
geſchieht, deſto beſſer. Es ſoll ihm ſchon die Luſt
vergehen, mit uns noch einmal anzubinden. Sie wer¬
den doch dem Onkel nichts von alle dem ſagen.“

„Um Himmelswillen nicht!“ rief die Baronin.
„Er wäre im Stande, heute noch Herrn Stein als
unſern lieben Verwandten der Geſellſchaft vorzuſtellen.
Er iſt ja ſchon beinahe kindiſch; ich kann mich von
heute an in nichts mehr auf ihn verlaſſen.“

„Nun denn!“ ſagte Felix, ſeiner Tante die Hand
küſſend; „ſo verlaſſen Sie ſich auf mich. Wir wollen

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[232/0242] „Laſſen Sie mich morgen, oder wann es iſt, nach Grünwald gehen und mit Timm ſprechen. Ich habe in früheren Zeiten ſchon manche abſonderliche Unter¬ handlungen mit ihm geführt; er weiß, daß er mir kein X für ein U machen kann. Ohne Geld kommen wir freilich nicht los; aber ich kriege die Papiere billiger, als Sie, oder ein Anderer.“ „Und was ſoll mit Herrn Stein geſchehen?“ „Den jagen wir mit Schimpf und Schande fort. Wollen Sie mir auch dies Geſchäft überlaſſen?“ „Ja; thun Sie, was Sie wollen, aber befreien Sie mich von dieſem Menſchen!“ „Ich will es ſchon machen. Es findet ſich heute Abend ſchon eine Gelegenheit. Mit mehr Eclat es geſchieht, deſto beſſer. Es ſoll ihm ſchon die Luſt vergehen, mit uns noch einmal anzubinden. Sie wer¬ den doch dem Onkel nichts von alle dem ſagen.“ „Um Himmelswillen nicht!“ rief die Baronin. „Er wäre im Stande, heute noch Herrn Stein als unſern lieben Verwandten der Geſellſchaft vorzuſtellen. Er iſt ja ſchon beinahe kindiſch; ich kann mich von heute an in nichts mehr auf ihn verlaſſen.“ „Nun denn!“ ſagte Felix, ſeiner Tante die Hand küſſend; „ſo verlaſſen Sie ſich auf mich. Wir wollen

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/242>, abgerufen am 02.05.2024.