Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

"Hast Du gesehen, Cloten?"

"Na ob!"

"Es ist ein wahrer Scandal."

"Ich bedaure nur den armen Felix."

"Das müssen wir ihm doch erzählen. Weißt Du
nicht, wo er ist?"

"Er sagte vorhin, das Tanzen langweile ihn; er
wollte zu den Spielern gehen. Barnewitz hat, glaube
ich, eine Bank aufgelegt. Wir können auch hin; es
wird nicht mehr getanzt vor Tische. Es ist gerade
noch Zeit, ein paar Louis zu gewinnen. Kommst
Du mit?"

"Natürlich."

Emilie von Breesen hatte die Unterredung der
Beiden aus der Ferne beobachtet. Sie sah, wie sie
lachend, Arm in Arm, den Saal verließen. Auch
Oswald sah sie nicht mehr. Eine entsetzliche Angst
ergriff sie. Sie hatte in ihrer eifersüchtigen Wuth
zuerst Oswald's Namen mit dem Helenen's in Ver¬
bindung gebracht; sie hatte, sich an Oswald zu rächen,
schon vor einigen Tagen Felix die Entdeckung,
die sie gemacht zu haben glaubte, mitgetheilt. Sie
hatte heute Abend wieder davon angefangen, um
den geistlosen Neckereien Cloten's ein Ende zu
machen. Jetzt erst merkte sie, daß sie zu weit ge¬

„Haſt Du geſehen, Cloten?“

„Na ob!“

„Es iſt ein wahrer Scandal.“

„Ich bedaure nur den armen Felix.“

„Das müſſen wir ihm doch erzählen. Weißt Du
nicht, wo er iſt?“

„Er ſagte vorhin, das Tanzen langweile ihn; er
wollte zu den Spielern gehen. Barnewitz hat, glaube
ich, eine Bank aufgelegt. Wir können auch hin; es
wird nicht mehr getanzt vor Tiſche. Es iſt gerade
noch Zeit, ein paar Louis zu gewinnen. Kommſt
Du mit?“

„Natürlich.“

Emilie von Breeſen hatte die Unterredung der
Beiden aus der Ferne beobachtet. Sie ſah, wie ſie
lachend, Arm in Arm, den Saal verließen. Auch
Oswald ſah ſie nicht mehr. Eine entſetzliche Angſt
ergriff ſie. Sie hatte in ihrer eiferſüchtigen Wuth
zuerſt Oswald's Namen mit dem Helenen's in Ver¬
bindung gebracht; ſie hatte, ſich an Oswald zu rächen,
ſchon vor einigen Tagen Felix die Entdeckung,
die ſie gemacht zu haben glaubte, mitgetheilt. Sie
hatte heute Abend wieder davon angefangen, um
den geiſtloſen Neckereien Cloten's ein Ende zu
machen. Jetzt erſt merkte ſie, daß ſie zu weit ge¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0275" n="265"/>
        <p>&#x201E;Ha&#x017F;t Du ge&#x017F;ehen, Cloten?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Na ob!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es i&#x017F;t ein wahrer Scandal.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bedaure nur den armen Felix.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das mü&#x017F;&#x017F;en wir ihm doch erzählen. Weißt Du<lb/>
nicht, wo er i&#x017F;t?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er &#x017F;agte vorhin, das Tanzen langweile ihn; er<lb/>
wollte zu den Spielern gehen. Barnewitz hat, glaube<lb/>
ich, eine Bank aufgelegt. Wir können auch hin; es<lb/>
wird nicht mehr getanzt vor Ti&#x017F;che. Es i&#x017F;t gerade<lb/>
noch Zeit, ein paar Louis zu gewinnen. Komm&#x017F;t<lb/>
Du mit?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Natürlich.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Emilie von Bree&#x017F;en hatte die Unterredung der<lb/>
Beiden aus der Ferne beobachtet. Sie &#x017F;ah, wie &#x017F;ie<lb/>
lachend, Arm in Arm, den Saal verließen. Auch<lb/>
Oswald &#x017F;ah &#x017F;ie nicht mehr. Eine ent&#x017F;etzliche Ang&#x017F;t<lb/>
ergriff &#x017F;ie. Sie hatte in ihrer eifer&#x017F;üchtigen Wuth<lb/>
zuer&#x017F;t Oswald's Namen mit dem Helenen's in Ver¬<lb/>
bindung gebracht; &#x017F;ie hatte, &#x017F;ich an Oswald zu rächen,<lb/>
&#x017F;chon vor einigen Tagen Felix die Entdeckung,<lb/>
die &#x017F;ie gemacht zu haben glaubte, mitgetheilt. Sie<lb/>
hatte heute Abend wieder davon angefangen, um<lb/>
den gei&#x017F;tlo&#x017F;en Neckereien Cloten's ein Ende zu<lb/>
machen. Jetzt er&#x017F;t merkte &#x017F;ie, daß &#x017F;ie zu weit ge¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0275] „Haſt Du geſehen, Cloten?“ „Na ob!“ „Es iſt ein wahrer Scandal.“ „Ich bedaure nur den armen Felix.“ „Das müſſen wir ihm doch erzählen. Weißt Du nicht, wo er iſt?“ „Er ſagte vorhin, das Tanzen langweile ihn; er wollte zu den Spielern gehen. Barnewitz hat, glaube ich, eine Bank aufgelegt. Wir können auch hin; es wird nicht mehr getanzt vor Tiſche. Es iſt gerade noch Zeit, ein paar Louis zu gewinnen. Kommſt Du mit?“ „Natürlich.“ Emilie von Breeſen hatte die Unterredung der Beiden aus der Ferne beobachtet. Sie ſah, wie ſie lachend, Arm in Arm, den Saal verließen. Auch Oswald ſah ſie nicht mehr. Eine entſetzliche Angſt ergriff ſie. Sie hatte in ihrer eiferſüchtigen Wuth zuerſt Oswald's Namen mit dem Helenen's in Ver¬ bindung gebracht; ſie hatte, ſich an Oswald zu rächen, ſchon vor einigen Tagen Felix die Entdeckung, die ſie gemacht zu haben glaubte, mitgetheilt. Sie hatte heute Abend wieder davon angefangen, um den geiſtloſen Neckereien Cloten's ein Ende zu machen. Jetzt erſt merkte ſie, daß ſie zu weit ge¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/275
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/275>, abgerufen am 15.05.2024.