Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Wort. Um Gotteswillen, Vater, was fehlt Euch? -- Keine Antwort, lautes Schluchzen ausgenommen. Mein Gott, Vater, was bedeutet dieses? Georg, wo habt Ihr ihn gefunden? -- Unfern von unserer Alp, am See, liebe Jungfer. -- Ach, in welchem Zustand! -- Der Zustand war nicht der beste; doch wird's nicht schaden. Der Weg heimwärts hat den Mann ermüdet, obschon ich ihn die erste Hälfte auf meinem Rücken getragen habe. Doch wurde er mir zu schwer, um ihn vollends heim zu schleppen; auch waren wir im ebenen Wege. Legt ihn ins Bett und gebt ihm Stärkung. Es wird keine Folgen haben. -- Georg, Ihr sagt mir nicht Alles redlich heraus! -- Der junge Mann machte ein verlegen Gesicht; indessen griff Hagenbach jammernd an seinen Hals. Da thut's weh, sehr weh, klagte er. Verwundet? schrie Verena. Der Knecht verneinte und wollte das Hemd des Alten selber öffnen; indessen hatte schon die Tochter es gethan und gewahrte mit dem heftigsten Entsetzen eine um den ganzen Hals tief eingeschnittene, roth unterlaufene Strieme. Was ist das, um Alles in der Welt? rief die Tochter. -- Ei, wenn ich's doch sagen muß . . . Jungfer . . antwortete der Knecht mit Widerstreben: ich hab' den alten Mann gefunden, da er an einem Baum hing. Er hatte sich selbst mit seinem Halstuch . . -- Verena taumelte ohnmächtig in die Arme des mitleidigen Burschen. Der gute Mensch brachte sie wieder zu sich und sagte ihr tröstend: Seid doch vernünftig. Ich Wort. Um Gotteswillen, Vater, was fehlt Euch? — Keine Antwort, lautes Schluchzen ausgenommen. Mein Gott, Vater, was bedeutet dieses? Georg, wo habt Ihr ihn gefunden? — Unfern von unserer Alp, am See, liebe Jungfer. — Ach, in welchem Zustand! — Der Zustand war nicht der beste; doch wird's nicht schaden. Der Weg heimwärts hat den Mann ermüdet, obschon ich ihn die erste Hälfte auf meinem Rücken getragen habe. Doch wurde er mir zu schwer, um ihn vollends heim zu schleppen; auch waren wir im ebenen Wege. Legt ihn ins Bett und gebt ihm Stärkung. Es wird keine Folgen haben. — Georg, Ihr sagt mir nicht Alles redlich heraus! — Der junge Mann machte ein verlegen Gesicht; indessen griff Hagenbach jammernd an seinen Hals. Da thut's weh, sehr weh, klagte er. Verwundet? schrie Verena. Der Knecht verneinte und wollte das Hemd des Alten selber öffnen; indessen hatte schon die Tochter es gethan und gewahrte mit dem heftigsten Entsetzen eine um den ganzen Hals tief eingeschnittene, roth unterlaufene Strieme. Was ist das, um Alles in der Welt? rief die Tochter. — Ei, wenn ich's doch sagen muß . . . Jungfer . . antwortete der Knecht mit Widerstreben: ich hab' den alten Mann gefunden, da er an einem Baum hing. Er hatte sich selbst mit seinem Halstuch . . — Verena taumelte ohnmächtig in die Arme des mitleidigen Burschen. Der gute Mensch brachte sie wieder zu sich und sagte ihr tröstend: Seid doch vernünftig. Ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0037"/> Wort. Um Gotteswillen, Vater, was fehlt Euch? — Keine Antwort, lautes Schluchzen ausgenommen. Mein Gott, Vater, was bedeutet dieses? Georg, wo habt Ihr ihn gefunden? — Unfern von unserer Alp, am See, liebe Jungfer. — Ach, in welchem Zustand! — Der Zustand war nicht der beste; doch wird's nicht schaden. Der Weg heimwärts hat den Mann ermüdet, obschon ich ihn die erste Hälfte auf meinem Rücken getragen habe. Doch wurde er mir zu schwer, um ihn vollends heim zu schleppen; auch waren wir im ebenen Wege. Legt ihn ins Bett und gebt ihm Stärkung. Es wird keine Folgen haben. — Georg, Ihr sagt mir nicht Alles redlich heraus! — Der junge Mann machte ein verlegen Gesicht; indessen griff Hagenbach jammernd an seinen Hals. Da thut's weh, sehr weh, klagte er. Verwundet? schrie Verena. Der Knecht verneinte und wollte das Hemd des Alten selber öffnen; indessen hatte schon die Tochter es gethan und gewahrte mit dem heftigsten Entsetzen eine um den ganzen Hals tief eingeschnittene, roth unterlaufene Strieme. Was ist das, um Alles in der Welt? rief die Tochter. — Ei, wenn ich's doch sagen muß . . . Jungfer . . antwortete der Knecht mit Widerstreben: ich hab' den alten Mann gefunden, da er an einem Baum hing. Er hatte sich selbst mit seinem Halstuch . . — Verena taumelte ohnmächtig in die Arme des mitleidigen Burschen. Der gute Mensch brachte sie wieder zu sich und sagte ihr tröstend: Seid doch vernünftig. Ich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
Wort. Um Gotteswillen, Vater, was fehlt Euch? — Keine Antwort, lautes Schluchzen ausgenommen. Mein Gott, Vater, was bedeutet dieses? Georg, wo habt Ihr ihn gefunden? — Unfern von unserer Alp, am See, liebe Jungfer. — Ach, in welchem Zustand! — Der Zustand war nicht der beste; doch wird's nicht schaden. Der Weg heimwärts hat den Mann ermüdet, obschon ich ihn die erste Hälfte auf meinem Rücken getragen habe. Doch wurde er mir zu schwer, um ihn vollends heim zu schleppen; auch waren wir im ebenen Wege. Legt ihn ins Bett und gebt ihm Stärkung. Es wird keine Folgen haben. — Georg, Ihr sagt mir nicht Alles redlich heraus! — Der junge Mann machte ein verlegen Gesicht; indessen griff Hagenbach jammernd an seinen Hals. Da thut's weh, sehr weh, klagte er. Verwundet? schrie Verena. Der Knecht verneinte und wollte das Hemd des Alten selber öffnen; indessen hatte schon die Tochter es gethan und gewahrte mit dem heftigsten Entsetzen eine um den ganzen Hals tief eingeschnittene, roth unterlaufene Strieme. Was ist das, um Alles in der Welt? rief die Tochter. — Ei, wenn ich's doch sagen muß . . . Jungfer . . antwortete der Knecht mit Widerstreben: ich hab' den alten Mann gefunden, da er an einem Baum hing. Er hatte sich selbst mit seinem Halstuch . . — Verena taumelte ohnmächtig in die Arme des mitleidigen Burschen. Der gute Mensch brachte sie wieder zu sich und sagte ihr tröstend: Seid doch vernünftig. Ich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T12:06:51Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T12:06:51Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |