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Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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hab' ihn ja noch zur rechten Zeit losschneiden können. Bis morgen oder übermorgen ist er wieder frisch und gesund. Ich versteh' was vom Doktern und will selber nach ihm schauen, damit kein Mensch von dem Handel das Geringste erfährt.

Der Zufall wollte, daß in derselben Nacht der Landweibel einen bedenklichen Anfall von Asthma hatte, der ihn bewog, an sein Seelenheil zu denken und nach dem Sacrament des Altars zu verlangen. Der neue Pfarrer, ein Mann von duldsamer und ächtchristlicher Gesinnung, nahm dem Kranken die Beichte ab und gab ihm auf, allen seinen Feinden zu vergeben und jeden nichtigen und eiteln Groll fahren zu lassen. Der Leidende gehorsamte, empfing das Abendmahl, und von Stund an ging's mit seinem Uebel besser, und binnen kurzer Frist genas er gänzlich. Seine erste Handlung war gewesen, die Klage gegen Hagenbach zurückzunehmen und allen Theilnehmern der an seinem Sohn verübten Unbill völliges Vergessen ihrer That zusichern zu lassen. Dieser günstige Umstand beschleunigte die Wiederherstellung des alten Exhauptmanns und erlaubte dem Retter Georg, seinen Schlupfwinkel auf der Alp zu verlassen und jeden freien Augenblick im Dienste bei Hagenbach zuzubringen, wo er verordnete und hantierte, wie ein Heilkünstler. -- Während sich in Folge

hab' ihn ja noch zur rechten Zeit losschneiden können. Bis morgen oder übermorgen ist er wieder frisch und gesund. Ich versteh' was vom Doktern und will selber nach ihm schauen, damit kein Mensch von dem Handel das Geringste erfährt.

Der Zufall wollte, daß in derselben Nacht der Landweibel einen bedenklichen Anfall von Asthma hatte, der ihn bewog, an sein Seelenheil zu denken und nach dem Sacrament des Altars zu verlangen. Der neue Pfarrer, ein Mann von duldsamer und ächtchristlicher Gesinnung, nahm dem Kranken die Beichte ab und gab ihm auf, allen seinen Feinden zu vergeben und jeden nichtigen und eiteln Groll fahren zu lassen. Der Leidende gehorsamte, empfing das Abendmahl, und von Stund an ging's mit seinem Uebel besser, und binnen kurzer Frist genas er gänzlich. Seine erste Handlung war gewesen, die Klage gegen Hagenbach zurückzunehmen und allen Theilnehmern der an seinem Sohn verübten Unbill völliges Vergessen ihrer That zusichern zu lassen. Dieser günstige Umstand beschleunigte die Wiederherstellung des alten Exhauptmanns und erlaubte dem Retter Georg, seinen Schlupfwinkel auf der Alp zu verlassen und jeden freien Augenblick im Dienste bei Hagenbach zuzubringen, wo er verordnete und hantierte, wie ein Heilkünstler. — Während sich in Folge

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:06:51Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:06:51Z)

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Zitationshilfe: Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_engel_1910/38>, abgerufen am 29.03.2024.