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Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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wenn ich einmal mit einer Trage voll Kräuterthee ins Deutschland und Welschland wandern kann, will ich schon meine Waare an den Mann bringen. Die Leute sind überall gar leichtgläubig, und wer ihnen alle Krankheiten auf den Hals disputiren und wiederum für eine jegliche ein Mittel anhängen kann, der hat gewonnen Spiel. Vreneli lachte über die Unbefangenheit, womit der Georg seine quacksalberischen Grundsätze aussprach, und sagte: Ihr habt treffliche Anlagen. Die Zunge geht Euch, wie einem Fastenprediger. -- Wenn ich mich nur einmal in Euer Herz predigen kann, schön' Vreneli, dann hat's keine Noth mehr! erwiderte der Pruntrutter scherzend, aber hinter dem Scherz lauerte der Ernst, den das Mädchen gar wohl verstand, da es den Blick zur Erde senkte. -- Hagenbach jedoch, der indessen hinter die traulich Schwatzenden getreten war und Alles vernommen hatte, sagte plötzlich zu ihnen: Die Geduld und Beharrlichkeit geht niemals fehl, lieber Görg. Sei treu und redlich, und führe, was wir ausgemacht haben, zum guten Ende. Dann wird auch das Vreneli vernünftig sein und dem Bläsi und der Trümpy zum Trotz eines braven Mannes Gattin gerne werden.

Die Wallfahrt zum Wildkirchle schien gute Früchte getragen zu haben. Von dem Tage an gewann Hagenbach's Hausstand ein ganz anderes Ansehen. Fleiß und Rührigkeit kehrten unter seinem Dache ein. Große Vorräthe an Kräutern mannichfacher Art, von Georg's

wenn ich einmal mit einer Trage voll Kräuterthee ins Deutschland und Welschland wandern kann, will ich schon meine Waare an den Mann bringen. Die Leute sind überall gar leichtgläubig, und wer ihnen alle Krankheiten auf den Hals disputiren und wiederum für eine jegliche ein Mittel anhängen kann, der hat gewonnen Spiel. Vreneli lachte über die Unbefangenheit, womit der Georg seine quacksalberischen Grundsätze aussprach, und sagte: Ihr habt treffliche Anlagen. Die Zunge geht Euch, wie einem Fastenprediger. — Wenn ich mich nur einmal in Euer Herz predigen kann, schön' Vreneli, dann hat's keine Noth mehr! erwiderte der Pruntrutter scherzend, aber hinter dem Scherz lauerte der Ernst, den das Mädchen gar wohl verstand, da es den Blick zur Erde senkte. — Hagenbach jedoch, der indessen hinter die traulich Schwatzenden getreten war und Alles vernommen hatte, sagte plötzlich zu ihnen: Die Geduld und Beharrlichkeit geht niemals fehl, lieber Görg. Sei treu und redlich, und führe, was wir ausgemacht haben, zum guten Ende. Dann wird auch das Vreneli vernünftig sein und dem Bläsi und der Trümpy zum Trotz eines braven Mannes Gattin gerne werden.

Die Wallfahrt zum Wildkirchle schien gute Früchte getragen zu haben. Von dem Tage an gewann Hagenbach's Hausstand ein ganz anderes Ansehen. Fleiß und Rührigkeit kehrten unter seinem Dache ein. Große Vorräthe an Kräutern mannichfacher Art, von Georg's

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:06:51Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_engel_1910/47>, abgerufen am 28.03.2024.