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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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System wohl ziemlich feststehen, den Inhalt des letztern in dem ihm
eigenthümlichen Schema darzustellen, da gerade ein solches mit dazu
beiträgt, die Verwirrung in einfache Grundformen aufzulösen.

Das Schema der Begriffe der Angehörigkeit im Allgemeinen wird
sich demnach in folgender Weise an das Schema des persönlichen Staats-
begriffes anschließen, indem wir Staat und Individuum einander gegen-
überstellen.

[Tabelle]

Das ist nun die Grundlage, an welche wir die folgende historische
Entwicklung des Rechts der administrativen Ordnung der Bevölkerung
anschließen, indem wir uns auf die Verwaltung beschränken, und die
drei Begriffe des Staatsbürgerrechts, der Unterthanschaft und des
Indigenats der Verfassungslehre überweisen.

Da der Begriff der Verwaltung der deutschen Staatswissenschaft fehlte, so
darf es uns wohl nicht wundern, daß auch der Begriff der administrativen
Ordnung der Bevölkerung und sein eben so reicher als wichtiger Inhalt nicht
zur klaren Vorstellung gediehen ist. Mit richtigem Takt hat allerdings die
Theorie das Recht des Staatsbürgerthums und des Indigenats in das sogen.
Staatsrecht (sollte heißen Verfassungslehre) aufgenommen, ohne sich dabei über
die spezifische Bedeutung des "Unterthans" recht klar zu werden. Allein mit
dem Begriffe der Competenz und der Zuständigkeit wußte man zunächst gar nichts
anzufangen. Man ließ sie deßhalb einfach da, wo sie historisch sich gebildet
hatten und ihre greifbarste Anwendung und Ausbildung fanden, im Gebiet des
Processes, und gelangte höchstens zu der Frage nach dem Competenz streit
und -Conflikt, die doch schon auf den allgemeineren Inhalt der Competenz,
weit über die Gränzen des gerichtlichen Verfahrens hinaus, hätten hinweisen
müssen. Daß nicht bloß eine Competenz für Gerichte, sondern eben so sehr
eine solche für Finanzbeamtete und für Verwaltungsorgane bestehe, wußte
man recht wohl; allein man wußte nicht sie unterzubringen, da man einerseits
keine Vorstellung vom Organismus der vollziehenden Gewalt hatte, und ander-
seits nicht sah, daß das, was das bürgerliche Recht das Domicil nannte, sein
Analogon in der "Zuständigkeit" in Finanz- und Verwaltungssachen habe, und

Syſtem wohl ziemlich feſtſtehen, den Inhalt des letztern in dem ihm
eigenthümlichen Schema darzuſtellen, da gerade ein ſolches mit dazu
beiträgt, die Verwirrung in einfache Grundformen aufzulöſen.

Das Schema der Begriffe der Angehörigkeit im Allgemeinen wird
ſich demnach in folgender Weiſe an das Schema des perſönlichen Staats-
begriffes anſchließen, indem wir Staat und Individuum einander gegen-
überſtellen.

[Tabelle]

Das iſt nun die Grundlage, an welche wir die folgende hiſtoriſche
Entwicklung des Rechts der adminiſtrativen Ordnung der Bevölkerung
anſchließen, indem wir uns auf die Verwaltung beſchränken, und die
drei Begriffe des Staatsbürgerrechts, der Unterthanſchaft und des
Indigenats der Verfaſſungslehre überweiſen.

Da der Begriff der Verwaltung der deutſchen Staatswiſſenſchaft fehlte, ſo
darf es uns wohl nicht wundern, daß auch der Begriff der adminiſtrativen
Ordnung der Bevölkerung und ſein eben ſo reicher als wichtiger Inhalt nicht
zur klaren Vorſtellung gediehen iſt. Mit richtigem Takt hat allerdings die
Theorie das Recht des Staatsbürgerthums und des Indigenats in das ſogen.
Staatsrecht (ſollte heißen Verfaſſungslehre) aufgenommen, ohne ſich dabei über
die ſpezifiſche Bedeutung des „Unterthans“ recht klar zu werden. Allein mit
dem Begriffe der Competenz und der Zuſtändigkeit wußte man zunächſt gar nichts
anzufangen. Man ließ ſie deßhalb einfach da, wo ſie hiſtoriſch ſich gebildet
hatten und ihre greifbarſte Anwendung und Ausbildung fanden, im Gebiet des
Proceſſes, und gelangte höchſtens zu der Frage nach dem Competenz ſtreit
und -Conflikt, die doch ſchon auf den allgemeineren Inhalt der Competenz,
weit über die Gränzen des gerichtlichen Verfahrens hinaus, hätten hinweiſen
müſſen. Daß nicht bloß eine Competenz für Gerichte, ſondern eben ſo ſehr
eine ſolche für Finanzbeamtete und für Verwaltungsorgane beſtehe, wußte
man recht wohl; allein man wußte nicht ſie unterzubringen, da man einerſeits
keine Vorſtellung vom Organismus der vollziehenden Gewalt hatte, und ander-
ſeits nicht ſah, daß das, was das bürgerliche Recht das Domicil nannte, ſein
Analogon in der „Zuſtändigkeit“ in Finanz- und Verwaltungsſachen habe, und

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[281/0303] Syſtem wohl ziemlich feſtſtehen, den Inhalt des letztern in dem ihm eigenthümlichen Schema darzuſtellen, da gerade ein ſolches mit dazu beiträgt, die Verwirrung in einfache Grundformen aufzulöſen. Das Schema der Begriffe der Angehörigkeit im Allgemeinen wird ſich demnach in folgender Weiſe an das Schema des perſönlichen Staats- begriffes anſchließen, indem wir Staat und Individuum einander gegen- überſtellen. Das iſt nun die Grundlage, an welche wir die folgende hiſtoriſche Entwicklung des Rechts der adminiſtrativen Ordnung der Bevölkerung anſchließen, indem wir uns auf die Verwaltung beſchränken, und die drei Begriffe des Staatsbürgerrechts, der Unterthanſchaft und des Indigenats der Verfaſſungslehre überweiſen. Da der Begriff der Verwaltung der deutſchen Staatswiſſenſchaft fehlte, ſo darf es uns wohl nicht wundern, daß auch der Begriff der adminiſtrativen Ordnung der Bevölkerung und ſein eben ſo reicher als wichtiger Inhalt nicht zur klaren Vorſtellung gediehen iſt. Mit richtigem Takt hat allerdings die Theorie das Recht des Staatsbürgerthums und des Indigenats in das ſogen. Staatsrecht (ſollte heißen Verfaſſungslehre) aufgenommen, ohne ſich dabei über die ſpezifiſche Bedeutung des „Unterthans“ recht klar zu werden. Allein mit dem Begriffe der Competenz und der Zuſtändigkeit wußte man zunächſt gar nichts anzufangen. Man ließ ſie deßhalb einfach da, wo ſie hiſtoriſch ſich gebildet hatten und ihre greifbarſte Anwendung und Ausbildung fanden, im Gebiet des Proceſſes, und gelangte höchſtens zu der Frage nach dem Competenz ſtreit und -Conflikt, die doch ſchon auf den allgemeineren Inhalt der Competenz, weit über die Gränzen des gerichtlichen Verfahrens hinaus, hätten hinweiſen müſſen. Daß nicht bloß eine Competenz für Gerichte, ſondern eben ſo ſehr eine ſolche für Finanzbeamtete und für Verwaltungsorgane beſtehe, wußte man recht wohl; allein man wußte nicht ſie unterzubringen, da man einerſeits keine Vorſtellung vom Organismus der vollziehenden Gewalt hatte, und ander- ſeits nicht ſah, daß das, was das bürgerliche Recht das Domicil nannte, ſein Analogon in der „Zuſtändigkeit“ in Finanz- und Verwaltungsſachen habe, und

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/303>, abgerufen am 16.04.2024.