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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Zimmer seines Hauses für derartige Sammlungen bestimmt, und es finden sich dort Mineralien, Versteinerungen, Conchylien und andere einschlägige Gegenstände in reicher Anzahl. Nebenbei wird man auch durch eine Münzsammlung überrascht. An den Wänden hängen eine Menge Zeichnungen und Gemälde verschiedenen Inhalts. Herrn Falgers Güte verdanke ich auch die Nachricht, daß Elbigenalp 3150 Fuß über dem Meere liege. Als besteigenswerthe Höhe in der Nachbarschaft rühmte er den Wetterspitz, der im Pfafflarerthale liegt, welches ober Elmen zugänglich ist. Der Wetterspitz erhebt sich 8829 Wiener-Fuß über das Meer und bietet eine unermeßliche Aussicht. Doch bemerkt Herr Falger, der Weg sey rauh und man müsse "gut gestiefeliret" seyn, um nicht mit nackten Füßen wieder zurückzukommen. Er selbst hat den Berg schon mehreremale bestiegen.

Es ist eine sehr befriedigende Wahrnehmung, daß solche Männer wie Herr Falger, die sich, allerdings mit ungleicher Vorbildung und daher auch mit ungleichen Erfolgen, der Erforschung und Aufbewahrung heimischer Memorabilien widmen, in den tirolischen Thälern nicht selten sind. Freilich fehlt noch viel daß jedes Thal seinen Sammler hätte, aber es scheint nur an der Ueberzeugung zu gebrechen daß diese nächstliegenden Dinge erheblich genug seyen, um sich anhaltend mit ihnen zu beschäftigen. Keine Zeit hat aber den bewahrenden Griffel nothwendiger gehabt als die gegenwärtige, wo das alte Volksleben theils von selbst abstirbt, theils mit Gewalt zu Grunde gerichtet wird. Es scheint ein dunkles Bewußtseyn vorzuwalten, daß der tirolische Bauer bestimmt sey, noch im Laufe dieses Jahrhunderts als ein ganz anderer dazustehen, als er im vorigen war. Daher mag's kommen daß die meisten dieser Thalschriftsteller in den letzten dreißig Jahren aufgestanden sind, gerade noch zur rechten Zeit, um der frühern Zustände eingedenk seyn zu können. Für Sitten und Gebräuche, Sagen und Meinungen, für das allgemeine Costüm der Lebensweise werden ihre Arbeiten in kommenden Jahren unentbehrliche Quellen seyn.

Zimmer seines Hauses für derartige Sammlungen bestimmt, und es finden sich dort Mineralien, Versteinerungen, Conchylien und andere einschlägige Gegenstände in reicher Anzahl. Nebenbei wird man auch durch eine Münzsammlung überrascht. An den Wänden hängen eine Menge Zeichnungen und Gemälde verschiedenen Inhalts. Herrn Falgers Güte verdanke ich auch die Nachricht, daß Elbigenalp 3150 Fuß über dem Meere liege. Als besteigenswerthe Höhe in der Nachbarschaft rühmte er den Wetterspitz, der im Pfafflarerthale liegt, welches ober Elmen zugänglich ist. Der Wetterspitz erhebt sich 8829 Wiener-Fuß über das Meer und bietet eine unermeßliche Aussicht. Doch bemerkt Herr Falger, der Weg sey rauh und man müsse „gut gestiefeliret" seyn, um nicht mit nackten Füßen wieder zurückzukommen. Er selbst hat den Berg schon mehreremale bestiegen.

Es ist eine sehr befriedigende Wahrnehmung, daß solche Männer wie Herr Falger, die sich, allerdings mit ungleicher Vorbildung und daher auch mit ungleichen Erfolgen, der Erforschung und Aufbewahrung heimischer Memorabilien widmen, in den tirolischen Thälern nicht selten sind. Freilich fehlt noch viel daß jedes Thal seinen Sammler hätte, aber es scheint nur an der Ueberzeugung zu gebrechen daß diese nächstliegenden Dinge erheblich genug seyen, um sich anhaltend mit ihnen zu beschäftigen. Keine Zeit hat aber den bewahrenden Griffel nothwendiger gehabt als die gegenwärtige, wo das alte Volksleben theils von selbst abstirbt, theils mit Gewalt zu Grunde gerichtet wird. Es scheint ein dunkles Bewußtseyn vorzuwalten, daß der tirolische Bauer bestimmt sey, noch im Laufe dieses Jahrhunderts als ein ganz anderer dazustehen, als er im vorigen war. Daher mag’s kommen daß die meisten dieser Thalschriftsteller in den letzten dreißig Jahren aufgestanden sind, gerade noch zur rechten Zeit, um der frühern Zustände eingedenk seyn zu können. Für Sitten und Gebräuche, Sagen und Meinungen, für das allgemeine Costüm der Lebensweise werden ihre Arbeiten in kommenden Jahren unentbehrliche Quellen seyn.

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Zimmer seines Hauses für derartige Sammlungen bestimmt, und es finden sich dort Mineralien, Versteinerungen, Conchylien und andere einschlägige Gegenstände in reicher Anzahl. Nebenbei wird man auch durch eine Münzsammlung überrascht. An den Wänden hängen eine Menge Zeichnungen und Gemälde verschiedenen Inhalts. Herrn Falgers Güte verdanke ich auch die Nachricht, daß Elbigenalp 3150 Fuß über dem Meere liege. Als besteigenswerthe Höhe in der Nachbarschaft rühmte er den Wetterspitz, der im Pfafflarerthale liegt, welches ober Elmen zugänglich ist. Der Wetterspitz erhebt sich 8829 Wiener-Fuß über das Meer und bietet eine unermeßliche Aussicht. Doch bemerkt Herr Falger, der Weg sey rauh und man müsse &#x201E;gut gestiefeliret" seyn, um nicht mit nackten Füßen wieder zurückzukommen. Er selbst hat den Berg schon mehreremale bestiegen.</p>
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[24/0029] Zimmer seines Hauses für derartige Sammlungen bestimmt, und es finden sich dort Mineralien, Versteinerungen, Conchylien und andere einschlägige Gegenstände in reicher Anzahl. Nebenbei wird man auch durch eine Münzsammlung überrascht. An den Wänden hängen eine Menge Zeichnungen und Gemälde verschiedenen Inhalts. Herrn Falgers Güte verdanke ich auch die Nachricht, daß Elbigenalp 3150 Fuß über dem Meere liege. Als besteigenswerthe Höhe in der Nachbarschaft rühmte er den Wetterspitz, der im Pfafflarerthale liegt, welches ober Elmen zugänglich ist. Der Wetterspitz erhebt sich 8829 Wiener-Fuß über das Meer und bietet eine unermeßliche Aussicht. Doch bemerkt Herr Falger, der Weg sey rauh und man müsse „gut gestiefeliret" seyn, um nicht mit nackten Füßen wieder zurückzukommen. Er selbst hat den Berg schon mehreremale bestiegen. Es ist eine sehr befriedigende Wahrnehmung, daß solche Männer wie Herr Falger, die sich, allerdings mit ungleicher Vorbildung und daher auch mit ungleichen Erfolgen, der Erforschung und Aufbewahrung heimischer Memorabilien widmen, in den tirolischen Thälern nicht selten sind. Freilich fehlt noch viel daß jedes Thal seinen Sammler hätte, aber es scheint nur an der Ueberzeugung zu gebrechen daß diese nächstliegenden Dinge erheblich genug seyen, um sich anhaltend mit ihnen zu beschäftigen. Keine Zeit hat aber den bewahrenden Griffel nothwendiger gehabt als die gegenwärtige, wo das alte Volksleben theils von selbst abstirbt, theils mit Gewalt zu Grunde gerichtet wird. Es scheint ein dunkles Bewußtseyn vorzuwalten, daß der tirolische Bauer bestimmt sey, noch im Laufe dieses Jahrhunderts als ein ganz anderer dazustehen, als er im vorigen war. Daher mag’s kommen daß die meisten dieser Thalschriftsteller in den letzten dreißig Jahren aufgestanden sind, gerade noch zur rechten Zeit, um der frühern Zustände eingedenk seyn zu können. Für Sitten und Gebräuche, Sagen und Meinungen, für das allgemeine Costüm der Lebensweise werden ihre Arbeiten in kommenden Jahren unentbehrliche Quellen seyn.

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/29>, abgerufen am 18.04.2024.