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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Jahre sah die junge Künstlerin zum erstenmale den Wald, das Stammland ihrer Väter; dann fünfundzwanzig Jahre später wiederum, als sie auf der Höhe ihres Ruhms von England nach Italien übersiedelte, beidemale nur auf einige Wochen. Trotzdem ist Angelica noch immer die Löwin des Waldes; den Fremden erinnert man gern an die berühmte Wälderin und die Anfänge ihrer Kunst; ihre frühesten Zeichnungen und spätere Arbeiten, die in ihre Heimath gelangten, werden in der Verwandtschaft ehrfurchtsvoll aufbewahrt und dem nachfragenden Wanderer mit freudigem Stolze gezeigt. Im Schäfle, d. h. beim Lammwirth in Schwarzenberg ist eine kleine Galerie von ihren Bildern, darunter ihr Selbstconterfei als junges Mädchen in der Tracht der Wälderschmelgen. Einmal hat sie sich auch als heilige Katharina gemalt und sich, wohl mit getreuem Pinsel, eine angenehme, jugendlich schalkhafte, für die Heilige fast etwas zu weltliche Physiognomie verliehen. In der Fremde geboren, in der Heimath fast eine Fremde, blieb sie doch immer des Waldes eingedenk, und sandte 1802 aus Rom der Kirche zu Schwarzenberg ein schönes Altarblatt, das unter großen Festlichkeiten und unter Theilnahme der ganzen Landschaft aufgestellt wurde. Sie starb zu Rom im Jahre 1807. An der Seitenwand der Kirche ließen ihr die dankbaren Schwarzenberger einen Denkstein setzen, der freilich durch schreckliche Verse entstellt ist.

Peter Kaufmann, der im Jahre 1829 als Hofbildhauer zu Weimar starb, gehörte der gleichen Familie an, war aber zu Reute geboren.

Aus dem Dorfe Schwarzenberg gebürtig, war auch der Vater des französischen Generals Kleber, der 1800 in Aegypten erdolcht wurde. Der Sohn kam zu Straßburg zur Welt. Seine Kriegerlaufbahn begann er 1777 beim k. k. Infanterie-Regimente Kaunitz zu Mons in Hennegau. Im Jahre 1785 verließ er als Lieutenant diese Fahnen, um in französische Dienste zu treten.

Trotz dieser Berühmtheiten haben die Schwarzenberger für den Wald dieselbe Bedeutung, wie die ehemaligen Buchhorner für Schwaben, die Weilheimer für Bayern, die Hirschauer

Jahre sah die junge Künstlerin zum erstenmale den Wald, das Stammland ihrer Väter; dann fünfundzwanzig Jahre später wiederum, als sie auf der Höhe ihres Ruhms von England nach Italien übersiedelte, beidemale nur auf einige Wochen. Trotzdem ist Angelica noch immer die Löwin des Waldes; den Fremden erinnert man gern an die berühmte Wälderin und die Anfänge ihrer Kunst; ihre frühesten Zeichnungen und spätere Arbeiten, die in ihre Heimath gelangten, werden in der Verwandtschaft ehrfurchtsvoll aufbewahrt und dem nachfragenden Wanderer mit freudigem Stolze gezeigt. Im Schäfle, d. h. beim Lammwirth in Schwarzenberg ist eine kleine Galerie von ihren Bildern, darunter ihr Selbstconterfei als junges Mädchen in der Tracht der Wälderschmelgen. Einmal hat sie sich auch als heilige Katharina gemalt und sich, wohl mit getreuem Pinsel, eine angenehme, jugendlich schalkhafte, für die Heilige fast etwas zu weltliche Physiognomie verliehen. In der Fremde geboren, in der Heimath fast eine Fremde, blieb sie doch immer des Waldes eingedenk, und sandte 1802 aus Rom der Kirche zu Schwarzenberg ein schönes Altarblatt, das unter großen Festlichkeiten und unter Theilnahme der ganzen Landschaft aufgestellt wurde. Sie starb zu Rom im Jahre 1807. An der Seitenwand der Kirche ließen ihr die dankbaren Schwarzenberger einen Denkstein setzen, der freilich durch schreckliche Verse entstellt ist.

Peter Kaufmann, der im Jahre 1829 als Hofbildhauer zu Weimar starb, gehörte der gleichen Familie an, war aber zu Reute geboren.

Aus dem Dorfe Schwarzenberg gebürtig, war auch der Vater des französischen Generals Kleber, der 1800 in Aegypten erdolcht wurde. Der Sohn kam zu Straßburg zur Welt. Seine Kriegerlaufbahn begann er 1777 beim k. k. Infanterie-Regimente Kaunitz zu Mons in Hennegau. Im Jahre 1785 verließ er als Lieutenant diese Fahnen, um in französische Dienste zu treten.

Trotz dieser Berühmtheiten haben die Schwarzenberger für den Wald dieselbe Bedeutung, wie die ehemaligen Buchhorner für Schwaben, die Weilheimer für Bayern, die Hirschauer

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Jahre sah die junge Künstlerin zum erstenmale den Wald, das Stammland ihrer Väter; dann fünfundzwanzig Jahre später wiederum, als sie auf der Höhe ihres Ruhms von England nach Italien übersiedelte, beidemale nur auf einige Wochen. Trotzdem ist Angelica noch immer die Löwin des Waldes; den Fremden erinnert man gern an die berühmte Wälderin und die Anfänge ihrer Kunst; ihre frühesten Zeichnungen und spätere Arbeiten, die in ihre Heimath gelangten, werden in der Verwandtschaft ehrfurchtsvoll aufbewahrt und dem nachfragenden Wanderer mit freudigem Stolze gezeigt. Im Schäfle, d. h. beim Lammwirth in Schwarzenberg ist eine kleine Galerie von ihren Bildern, darunter ihr Selbstconterfei als junges Mädchen in der Tracht der Wälderschmelgen. Einmal hat sie sich auch als heilige Katharina gemalt und sich, wohl mit getreuem Pinsel, eine angenehme, jugendlich schalkhafte, für die Heilige fast etwas zu weltliche Physiognomie verliehen. In der Fremde geboren, in der Heimath fast eine Fremde, blieb sie doch immer des Waldes eingedenk, und sandte 1802 aus Rom der Kirche zu Schwarzenberg ein schönes Altarblatt, das unter großen Festlichkeiten und unter Theilnahme der ganzen Landschaft aufgestellt wurde. Sie starb zu Rom im Jahre 1807. An der Seitenwand der Kirche ließen ihr die dankbaren Schwarzenberger einen Denkstein setzen, der freilich durch schreckliche Verse entstellt ist.</p>
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[42/0047] Jahre sah die junge Künstlerin zum erstenmale den Wald, das Stammland ihrer Väter; dann fünfundzwanzig Jahre später wiederum, als sie auf der Höhe ihres Ruhms von England nach Italien übersiedelte, beidemale nur auf einige Wochen. Trotzdem ist Angelica noch immer die Löwin des Waldes; den Fremden erinnert man gern an die berühmte Wälderin und die Anfänge ihrer Kunst; ihre frühesten Zeichnungen und spätere Arbeiten, die in ihre Heimath gelangten, werden in der Verwandtschaft ehrfurchtsvoll aufbewahrt und dem nachfragenden Wanderer mit freudigem Stolze gezeigt. Im Schäfle, d. h. beim Lammwirth in Schwarzenberg ist eine kleine Galerie von ihren Bildern, darunter ihr Selbstconterfei als junges Mädchen in der Tracht der Wälderschmelgen. Einmal hat sie sich auch als heilige Katharina gemalt und sich, wohl mit getreuem Pinsel, eine angenehme, jugendlich schalkhafte, für die Heilige fast etwas zu weltliche Physiognomie verliehen. In der Fremde geboren, in der Heimath fast eine Fremde, blieb sie doch immer des Waldes eingedenk, und sandte 1802 aus Rom der Kirche zu Schwarzenberg ein schönes Altarblatt, das unter großen Festlichkeiten und unter Theilnahme der ganzen Landschaft aufgestellt wurde. Sie starb zu Rom im Jahre 1807. An der Seitenwand der Kirche ließen ihr die dankbaren Schwarzenberger einen Denkstein setzen, der freilich durch schreckliche Verse entstellt ist. Peter Kaufmann, der im Jahre 1829 als Hofbildhauer zu Weimar starb, gehörte der gleichen Familie an, war aber zu Reute geboren. Aus dem Dorfe Schwarzenberg gebürtig, war auch der Vater des französischen Generals Kleber, der 1800 in Aegypten erdolcht wurde. Der Sohn kam zu Straßburg zur Welt. Seine Kriegerlaufbahn begann er 1777 beim k. k. Infanterie-Regimente Kaunitz zu Mons in Hennegau. Im Jahre 1785 verließ er als Lieutenant diese Fahnen, um in französische Dienste zu treten. Trotz dieser Berühmtheiten haben die Schwarzenberger für den Wald dieselbe Bedeutung, wie die ehemaligen Buchhorner für Schwaben, die Weilheimer für Bayern, die Hirschauer

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/47>, abgerufen am 25.04.2024.