Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Brigitta. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–301. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

den aber auch in einer Fülle und Schönheit, daß ich schon neugierig war, wann sich diese Aehren der Reife zuwenden und wann wir sie heimführen würden.

Die Einsamkeit und Kraft dieser Beschäftigungen erinnerte mich häufig an die alten starken Römer, die den Landbau auch so sehr geliebt hatten und die wenigstens in ihrer früheren Zeit auch gerne einsam und kräftig waren.

Wie schön und ursprünglich, dachte ich, ist die Bestimmung des Landmannes, wenn er sie versteht und veredelt. In ihrer Einfalt und Mannigfaltigkeit, in dem ersten Zusammenleben mit der Natur, die leidenschaftslos ist, gränzt sie zunächst an die Sage von dem Paradiese.

Da ich einmal längere Zeit auf der Besitzung des Majors war, da ich die Theile derselben übersah und verstehen lernte, da die Dinge vor mir wuchsen und ich an dem Gedeihen derselben Antheil nahm: hatte mich das gleichförmig sanfte Abfließen dieser Tage und Geschäfte so eingesponnen, daß ich mich wohl und ebenmäßig angeregt fühlte und auf unsere Städte vergaß, gleichsam als wäre Das ein Kleines, was in ihnen bewegt wird.

Da wir wieder einmal unter den Pferden gewesen waren, die auf der Haide sind, und da sich zu den Hirten derselben auch die gesellt hatten, die das Geschäft der Rinder über sich haben, so daß zufällig eine größere Menge dieser Menschen auf der Haide beisammen

den aber auch in einer Fülle und Schönheit, daß ich schon neugierig war, wann sich diese Aehren der Reife zuwenden und wann wir sie heimführen würden.

Die Einsamkeit und Kraft dieser Beschäftigungen erinnerte mich häufig an die alten starken Römer, die den Landbau auch so sehr geliebt hatten und die wenigstens in ihrer früheren Zeit auch gerne einsam und kräftig waren.

Wie schön und ursprünglich, dachte ich, ist die Bestimmung des Landmannes, wenn er sie versteht und veredelt. In ihrer Einfalt und Mannigfaltigkeit, in dem ersten Zusammenleben mit der Natur, die leidenschaftslos ist, gränzt sie zunächst an die Sage von dem Paradiese.

Da ich einmal längere Zeit auf der Besitzung des Majors war, da ich die Theile derselben übersah und verstehen lernte, da die Dinge vor mir wuchsen und ich an dem Gedeihen derselben Antheil nahm: hatte mich das gleichförmig sanfte Abfließen dieser Tage und Geschäfte so eingesponnen, daß ich mich wohl und ebenmäßig angeregt fühlte und auf unsere Städte vergaß, gleichsam als wäre Das ein Kleines, was in ihnen bewegt wird.

Da wir wieder einmal unter den Pferden gewesen waren, die auf der Haide sind, und da sich zu den Hirten derselben auch die gesellt hatten, die das Geschäft der Rinder über sich haben, so daß zufällig eine größere Menge dieser Menschen auf der Haide beisammen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0044"/>
den aber auch in einer Fülle und Schönheit, daß ich schon                neugierig war, wann sich diese Aehren der Reife zuwenden und wann wir sie heimführen                würden.</p><lb/>
        <p>Die Einsamkeit und Kraft dieser Beschäftigungen erinnerte mich häufig an die alten                starken Römer, die den Landbau auch so sehr geliebt hatten und die wenigstens in                ihrer früheren Zeit auch gerne einsam und kräftig waren.</p><lb/>
        <p>Wie schön und ursprünglich, dachte ich, ist die Bestimmung des Landmannes, wenn er                sie versteht und veredelt. In ihrer Einfalt und Mannigfaltigkeit, in dem ersten                Zusammenleben mit der Natur, die leidenschaftslos ist, gränzt sie zunächst an die                Sage von dem Paradiese.</p><lb/>
        <p>Da ich einmal längere Zeit auf der Besitzung des Majors war, da ich die Theile                derselben übersah und verstehen lernte, da die Dinge vor mir wuchsen und ich an dem                Gedeihen derselben Antheil nahm: hatte mich das gleichförmig sanfte Abfließen dieser                Tage und Geschäfte so eingesponnen, daß ich mich wohl und ebenmäßig angeregt fühlte                und auf unsere Städte vergaß, gleichsam als wäre Das ein Kleines, was in ihnen bewegt                wird.</p><lb/>
        <p>Da wir wieder einmal unter den Pferden gewesen waren, die auf der Haide sind, und da                sich zu den Hirten derselben auch die gesellt hatten, die das Geschäft der Rinder                über sich haben, so daß zufällig eine größere Menge dieser Menschen auf der Haide                beisammen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0044] den aber auch in einer Fülle und Schönheit, daß ich schon neugierig war, wann sich diese Aehren der Reife zuwenden und wann wir sie heimführen würden. Die Einsamkeit und Kraft dieser Beschäftigungen erinnerte mich häufig an die alten starken Römer, die den Landbau auch so sehr geliebt hatten und die wenigstens in ihrer früheren Zeit auch gerne einsam und kräftig waren. Wie schön und ursprünglich, dachte ich, ist die Bestimmung des Landmannes, wenn er sie versteht und veredelt. In ihrer Einfalt und Mannigfaltigkeit, in dem ersten Zusammenleben mit der Natur, die leidenschaftslos ist, gränzt sie zunächst an die Sage von dem Paradiese. Da ich einmal längere Zeit auf der Besitzung des Majors war, da ich die Theile derselben übersah und verstehen lernte, da die Dinge vor mir wuchsen und ich an dem Gedeihen derselben Antheil nahm: hatte mich das gleichförmig sanfte Abfließen dieser Tage und Geschäfte so eingesponnen, daß ich mich wohl und ebenmäßig angeregt fühlte und auf unsere Städte vergaß, gleichsam als wäre Das ein Kleines, was in ihnen bewegt wird. Da wir wieder einmal unter den Pferden gewesen waren, die auf der Haide sind, und da sich zu den Hirten derselben auch die gesellt hatten, die das Geschäft der Rinder über sich haben, so daß zufällig eine größere Menge dieser Menschen auf der Haide beisammen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:12:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:12:00Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_brigitta_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_brigitta_1910/44
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Brigitta. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–301. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_brigitta_1910/44>, abgerufen am 19.04.2024.