Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

verwitterndes, wodurch es eben diese schimmernden
Farben erhalten habe, so dachte ich: Ei, wenn es
auch nur ein Glas ist, so hat es doch die schönen
Farben, und es ist zum staunen, wie es in der kühlen
feuchten Erde diese Farben empfangen konnte, und
ich ließ es unter den Steinen liegen.

Dieser Sammelgeist nun ist noch immer nicht
von mir gewichen. Nicht nur trage ich noch heut zu
Tage buchstäblich Steine in der Tasche nach Hause,
um sie zu zeichnen oder zu malen, und ihre Abbilder
dann weiter zu verwenden, sondern ich lege ja auch
hier eine Sammlung von allerlei Spielereien und
Kram für die Jugend an, an dem sie eine Freude
haben, und den sie sich zur Betrachtung zurecht richten
möge. Freilich müssen meine jungen Freunde zu dieser
Sammlung bedeutend älter sein, als ich, da ich mir
meine seltsamen Feldsteine zur Ergözung nach Hause
trug. Es wird der Fall nicht eintreten, daß ein Juwel
in der Sammlung sei, so wie kaum die Gefahr vor¬
handen ist, daß ich unter meinen Steinen einstens
etwa einen ungeschliffenen Diamant oder Rubin ge¬
habt habe, und ohne mein Wissen unermeßlich reich
gewesen sei. Wenn aber manches Glasstük unter
diesen Dingen ist, so bitte ich meine Freunde, zu
denken, wie ich bei meinem Glase gedacht habe: es hat

verwitterndes, wodurch es eben dieſe ſchimmernden
Farben erhalten habe, ſo dachte ich: Ei, wenn es
auch nur ein Glas iſt, ſo hat es doch die ſchönen
Farben, und es iſt zum ſtaunen, wie es in der kühlen
feuchten Erde dieſe Farben empfangen konnte, und
ich ließ es unter den Steinen liegen.

Dieſer Sammelgeiſt nun iſt noch immer nicht
von mir gewichen. Nicht nur trage ich noch heut zu
Tage buchſtäblich Steine in der Taſche nach Hauſe,
um ſie zu zeichnen oder zu malen, und ihre Abbilder
dann weiter zu verwenden, ſondern ich lege ja auch
hier eine Sammlung von allerlei Spielereien und
Kram für die Jugend an, an dem ſie eine Freude
haben, und den ſie ſich zur Betrachtung zurecht richten
möge. Freilich müſſen meine jungen Freunde zu dieſer
Sammlung bedeutend älter ſein, als ich, da ich mir
meine ſeltſamen Feldſteine zur Ergözung nach Hauſe
trug. Es wird der Fall nicht eintreten, daß ein Juwel
in der Sammlung ſei, ſo wie kaum die Gefahr vor¬
handen iſt, daß ich unter meinen Steinen einſtens
etwa einen ungeſchliffenen Diamant oder Rubin ge¬
habt habe, und ohne mein Wiſſen unermeßlich reich
geweſen ſei. Wenn aber manches Glasſtük unter
dieſen Dingen iſt, ſo bitte ich meine Freunde, zu
denken, wie ich bei meinem Glaſe gedacht habe: es hat

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0028" n="15"/>
verwitterndes, wodurch es eben die&#x017F;e &#x017F;chimmernden<lb/>
Farben erhalten habe, &#x017F;o dachte ich: Ei, wenn es<lb/>
auch nur ein Glas i&#x017F;t, &#x017F;o hat es doch die &#x017F;chönen<lb/>
Farben, und es i&#x017F;t zum &#x017F;taunen, wie es in der kühlen<lb/>
feuchten Erde die&#x017F;e Farben empfangen konnte, und<lb/>
ich ließ es unter den Steinen liegen.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Sammelgei&#x017F;t nun i&#x017F;t noch immer nicht<lb/>
von mir gewichen. Nicht nur trage ich noch heut zu<lb/>
Tage buch&#x017F;täblich Steine in der Ta&#x017F;che nach Hau&#x017F;e,<lb/>
um &#x017F;ie zu zeichnen oder zu malen, und ihre Abbilder<lb/>
dann weiter zu verwenden, &#x017F;ondern ich lege ja auch<lb/>
hier eine Sammlung von allerlei Spielereien und<lb/>
Kram für die Jugend an, an dem &#x017F;ie eine Freude<lb/>
haben, und den &#x017F;ie &#x017F;ich zur Betrachtung zurecht richten<lb/>
möge. Freilich mü&#x017F;&#x017F;en meine jungen Freunde zu die&#x017F;er<lb/>
Sammlung bedeutend älter &#x017F;ein, als ich, da ich mir<lb/>
meine &#x017F;elt&#x017F;amen Feld&#x017F;teine zur Ergözung nach Hau&#x017F;e<lb/>
trug. Es wird der Fall nicht eintreten, daß ein Juwel<lb/>
in der Sammlung &#x017F;ei, &#x017F;o wie kaum die Gefahr vor¬<lb/>
handen i&#x017F;t, daß ich unter meinen Steinen ein&#x017F;tens<lb/>
etwa einen unge&#x017F;chliffenen Diamant oder Rubin ge¬<lb/>
habt habe, und ohne mein Wi&#x017F;&#x017F;en unermeßlich reich<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ei. Wenn aber manches Glas&#x017F;tük unter<lb/>
die&#x017F;en Dingen i&#x017F;t, &#x017F;o bitte ich meine Freunde, zu<lb/>
denken, wie ich bei meinem Gla&#x017F;e gedacht habe: es hat<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0028] verwitterndes, wodurch es eben dieſe ſchimmernden Farben erhalten habe, ſo dachte ich: Ei, wenn es auch nur ein Glas iſt, ſo hat es doch die ſchönen Farben, und es iſt zum ſtaunen, wie es in der kühlen feuchten Erde dieſe Farben empfangen konnte, und ich ließ es unter den Steinen liegen. Dieſer Sammelgeiſt nun iſt noch immer nicht von mir gewichen. Nicht nur trage ich noch heut zu Tage buchſtäblich Steine in der Taſche nach Hauſe, um ſie zu zeichnen oder zu malen, und ihre Abbilder dann weiter zu verwenden, ſondern ich lege ja auch hier eine Sammlung von allerlei Spielereien und Kram für die Jugend an, an dem ſie eine Freude haben, und den ſie ſich zur Betrachtung zurecht richten möge. Freilich müſſen meine jungen Freunde zu dieſer Sammlung bedeutend älter ſein, als ich, da ich mir meine ſeltſamen Feldſteine zur Ergözung nach Hauſe trug. Es wird der Fall nicht eintreten, daß ein Juwel in der Sammlung ſei, ſo wie kaum die Gefahr vor¬ handen iſt, daß ich unter meinen Steinen einſtens etwa einen ungeſchliffenen Diamant oder Rubin ge¬ habt habe, und ohne mein Wiſſen unermeßlich reich geweſen ſei. Wenn aber manches Glasſtük unter dieſen Dingen iſt, ſo bitte ich meine Freunde, zu denken, wie ich bei meinem Glaſe gedacht habe: es hat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/28
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/28>, abgerufen am 18.04.2024.