Von dem Augenblicke an, wo er das Licht der Welt er¬ blickt, sucht ein Mensch aus ihrem Wirrwarr, in welchem auch er mit allem Andern bunt durcheinander herumgewürfelt wird, sich herauszufinden und sich zu gewinnen.
Doch wehrt sich wiederum Alles, was mit dem Kinde in Berührung kommt, gegen dessen Eingriffe und behauptet sein eigenes Bestehen.
Mithin ist, weil Jegliches auf sich hält, und zugleich mit Anderem in stete Collision geräth, der Kampf der Selbst¬ behauptung unvermeidlich.
Siegen oder Unterliegen, -- zwischen beiden Wechsel¬ fällen schwankt das Kampfgeschick. Der Sieger wird der Herr, der Unterliegende der Unterthan: jener übt die Hoheit und "Hoheitsrechte", dieser erfüllt in Ehrfurcht und Respect die "Unterthanenpflichten".
Aber Feinde bleiben beide und liegen immer auf der Lauer: sie lauern einer auf die Schwäche des andern, Kinder
I. Ein Menſchenleben.
Von dem Augenblicke an, wo er das Licht der Welt er¬ blickt, ſucht ein Menſch aus ihrem Wirrwarr, in welchem auch er mit allem Andern bunt durcheinander herumgewürfelt wird, ſich herauszufinden und ſich zu gewinnen.
Doch wehrt ſich wiederum Alles, was mit dem Kinde in Berührung kommt, gegen deſſen Eingriffe und behauptet ſein eigenes Beſtehen.
Mithin iſt, weil Jegliches auf ſich hält, und zugleich mit Anderem in ſtete Colliſion geräth, der Kampf der Selbſt¬ behauptung unvermeidlich.
Siegen oder Unterliegen, — zwiſchen beiden Wechſel¬ fällen ſchwankt das Kampfgeſchick. Der Sieger wird der Herr, der Unterliegende der Unterthan: jener übt die Hoheit und „Hoheitsrechte“, dieſer erfüllt in Ehrfurcht und Reſpect die „Unterthanenpflichten“.
Aber Feinde bleiben beide und liegen immer auf der Lauer: ſie lauern einer auf die Schwäche des andern, Kinder
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0021"n="[13]"/><divn="2"><head><hirendition="#aq">I</hi>.<lb/><hirendition="#b #g">Ein Menſchenleben</hi><hirendition="#b">.</hi><lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">V</hi>on dem Augenblicke an, wo er das Licht der Welt er¬<lb/>
blickt, ſucht ein Menſch aus ihrem Wirrwarr, in welchem auch<lb/>
er mit allem Andern bunt durcheinander herumgewürfelt wird,<lb/><hirendition="#g">ſich</hi> herauszufinden und <hirendition="#g">ſich</hi> zu gewinnen.</p><lb/><p>Doch wehrt ſich wiederum Alles, was mit dem Kinde in<lb/>
Berührung kommt, gegen deſſen Eingriffe und behauptet ſein<lb/>
eigenes Beſtehen.</p><lb/><p>Mithin iſt, weil Jegliches <hirendition="#g">auf ſich hält</hi>, und zugleich<lb/>
mit Anderem in ſtete Colliſion geräth, der <hirendition="#g">Kampf</hi> der Selbſt¬<lb/>
behauptung unvermeidlich.</p><lb/><p><hirendition="#g">Siegen</hi> oder <hirendition="#g">Unterliegen</hi>, — zwiſchen beiden Wechſel¬<lb/>
fällen ſchwankt das Kampfgeſchick. Der Sieger wird der <hirendition="#g">Herr</hi>,<lb/>
der Unterliegende der <hirendition="#g">Unterthan</hi>: jener übt die <hirendition="#g">Hoheit</hi> und<lb/>„Hoheitsrechte“, dieſer erfüllt in Ehrfurcht und Reſpect die<lb/>„Unterthanenpflichten“.</p><lb/><p>Aber <hirendition="#g">Feinde</hi> bleiben beide und liegen immer auf der<lb/>
Lauer: ſie lauern einer auf die <hirendition="#g">Schwäche</hi> des andern, Kinder<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[13]/0021]
I.
Ein Menſchenleben .
Von dem Augenblicke an, wo er das Licht der Welt er¬
blickt, ſucht ein Menſch aus ihrem Wirrwarr, in welchem auch
er mit allem Andern bunt durcheinander herumgewürfelt wird,
ſich herauszufinden und ſich zu gewinnen.
Doch wehrt ſich wiederum Alles, was mit dem Kinde in
Berührung kommt, gegen deſſen Eingriffe und behauptet ſein
eigenes Beſtehen.
Mithin iſt, weil Jegliches auf ſich hält, und zugleich
mit Anderem in ſtete Colliſion geräth, der Kampf der Selbſt¬
behauptung unvermeidlich.
Siegen oder Unterliegen, — zwiſchen beiden Wechſel¬
fällen ſchwankt das Kampfgeſchick. Der Sieger wird der Herr,
der Unterliegende der Unterthan: jener übt die Hoheit und
„Hoheitsrechte“, dieſer erfüllt in Ehrfurcht und Reſpect die
„Unterthanenpflichten“.
Aber Feinde bleiben beide und liegen immer auf der
Lauer: ſie lauern einer auf die Schwäche des andern, Kinder
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. [13]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/21>, abgerufen am 13.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.