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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794.

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des Hauses, er sorgt für die Reinigung des Ho-
fes, schafft Wasser herbey, und öffnet das Haus-
thor zu jeder Stunde des Nachts, sobald ge-
klingelt wird; denn jedes ordentliche Haus ist
hier mit einer Klingel versehen, die in der Stu-
be des Dworniks angebracht ist, und außerhalb
dem Hause durch einen an der Mauer befestigten
Drath in Bewegung gesetzt wird. Dieses müh-
selige Amt, bey welchem keine Nacht auf eine
Stunde ununterbrochnen Schlafs zu rechnen ist,
findet doch seine Liebhaber, weil es zuweilen sehr
einträglich wird. -- Vor einiger Zeit fand
man bey dem plötzlich verstorbenen Dwornik ei-
nes großen Hauses, in welchem auch öffentliche
Mädchen wohnten, eine Baarschaft von mehre-
ren tausend Rubeln in kleinen Silbermünzen, die
er sich durch seine Dienstfertigkeit bey Nacht er-
worben hatte. Kaum ward dies ruchbar, als sich
eine Menge Kompetenten um den Platz des Ver-
storbenen bewarben, und dieser Dienst, der sonst
dem Eigenthümer des Hauses eine Ausgabe von
hundert Rubeln verursacht hatte, ward nun an
den Meistbietenden verpachtet.




Q 4

des Hauſes, er ſorgt fuͤr die Reinigung des Ho-
fes, ſchafft Waſſer herbey, und oͤffnet das Haus-
thor zu jeder Stunde des Nachts, ſobald ge-
klingelt wird; denn jedes ordentliche Haus iſt
hier mit einer Klingel verſehen, die in der Stu-
be des Dworniks angebracht iſt, und außerhalb
dem Hauſe durch einen an der Mauer befeſtigten
Drath in Bewegung geſetzt wird. Dieſes muͤh-
ſelige Amt, bey welchem keine Nacht auf eine
Stunde ununterbrochnen Schlafs zu rechnen iſt,
findet doch ſeine Liebhaber, weil es zuweilen ſehr
eintraͤglich wird. — Vor einiger Zeit fand
man bey dem ploͤtzlich verſtorbenen Dwornik ei-
nes großen Hauſes, in welchem auch oͤffentliche
Maͤdchen wohnten, eine Baarſchaft von mehre-
ren tauſend Rubeln in kleinen Silbermuͤnzen, die
er ſich durch ſeine Dienſtfertigkeit bey Nacht er-
worben hatte. Kaum ward dies ruchbar, als ſich
eine Menge Kompetenten um den Platz des Ver-
ſtorbenen bewarben, und dieſer Dienſt, der ſonſt
dem Eigenthuͤmer des Hauſes eine Ausgabe von
hundert Rubeln verurſacht hatte, ward nun an
den Meiſtbietenden verpachtet.




Q 4
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[247/0283] des Hauſes, er ſorgt fuͤr die Reinigung des Ho- fes, ſchafft Waſſer herbey, und oͤffnet das Haus- thor zu jeder Stunde des Nachts, ſobald ge- klingelt wird; denn jedes ordentliche Haus iſt hier mit einer Klingel verſehen, die in der Stu- be des Dworniks angebracht iſt, und außerhalb dem Hauſe durch einen an der Mauer befeſtigten Drath in Bewegung geſetzt wird. Dieſes muͤh- ſelige Amt, bey welchem keine Nacht auf eine Stunde ununterbrochnen Schlafs zu rechnen iſt, findet doch ſeine Liebhaber, weil es zuweilen ſehr eintraͤglich wird. — Vor einiger Zeit fand man bey dem ploͤtzlich verſtorbenen Dwornik ei- nes großen Hauſes, in welchem auch oͤffentliche Maͤdchen wohnten, eine Baarſchaft von mehre- ren tauſend Rubeln in kleinen Silbermuͤnzen, die er ſich durch ſeine Dienſtfertigkeit bey Nacht er- worben hatte. Kaum ward dies ruchbar, als ſich eine Menge Kompetenten um den Platz des Ver- ſtorbenen bewarben, und dieſer Dienſt, der ſonſt dem Eigenthuͤmer des Hauſes eine Ausgabe von hundert Rubeln verurſacht hatte, ward nun an den Meiſtbietenden verpachtet. Q 4

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/283>, abgerufen am 19.04.2024.