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Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.

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müsse sie innerhalb dieser Mauern jedes Fleckchen kennen lernen, schlüpfte sie auf leichten Füßen noch einmal durch das ganze Haus; durch alle Zimmer, in die Küche, in den von dort hinabführenden Keller; dann stieg sie auf einer bald von ihr erspähten Treppe auf den Hausboden, über welchem hoch und düster sich das Dach erhob. Es huschte etwas an ihr vorbei, es mochte ein Iltis oder ein Marder gewesen sein; sie achtete nicht darauf, sondern tappte sich nach einer der insgesammt geschlossenen Luken und rüttelte daran, bis sie aufflog. Es war die Hinterseite des Daches, und unter ihr unabsehbar dehnte sich die Haide aus, immer breiter aus dem Walde herauswachsend.

Hier in dem dunklen Rahmen der Dachöffnung kauerte sie sich nieder; nur ihre grauen Falkenaugen schweiften lebhaft hin und her, bald zur Seite über die in der Mittagsgluth wie schlummernd ruhenden Wälder, bald hinab auf die kargen Räderspuren, welche über die Haide zu der so eben von ihr verlassenen Welt hinausliefen.



müsse sie innerhalb dieser Mauern jedes Fleckchen kennen lernen, schlüpfte sie auf leichten Füßen noch einmal durch das ganze Haus; durch alle Zimmer, in die Küche, in den von dort hinabführenden Keller; dann stieg sie auf einer bald von ihr erspähten Treppe auf den Hausboden, über welchem hoch und düster sich das Dach erhob. Es huschte etwas an ihr vorbei, es mochte ein Iltis oder ein Marder gewesen sein; sie achtete nicht darauf, sondern tappte sich nach einer der insgesammt geschlossenen Luken und rüttelte daran, bis sie aufflog. Es war die Hinterseite des Daches, und unter ihr unabsehbar dehnte sich die Haide aus, immer breiter aus dem Walde herauswachsend.

Hier in dem dunklen Rahmen der Dachöffnung kauerte sie sich nieder; nur ihre grauen Falkenaugen schweiften lebhaft hin und her, bald zur Seite über die in der Mittagsgluth wie schlummernd ruhenden Wälder, bald hinab auf die kargen Räderspuren, welche über die Haide zu der so eben von ihr verlassenen Welt hinausliefen.



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[32/0036] müsse sie innerhalb dieser Mauern jedes Fleckchen kennen lernen, schlüpfte sie auf leichten Füßen noch einmal durch das ganze Haus; durch alle Zimmer, in die Küche, in den von dort hinabführenden Keller; dann stieg sie auf einer bald von ihr erspähten Treppe auf den Hausboden, über welchem hoch und düster sich das Dach erhob. Es huschte etwas an ihr vorbei, es mochte ein Iltis oder ein Marder gewesen sein; sie achtete nicht darauf, sondern tappte sich nach einer der insgesammt geschlossenen Luken und rüttelte daran, bis sie aufflog. Es war die Hinterseite des Daches, und unter ihr unabsehbar dehnte sich die Haide aus, immer breiter aus dem Walde herauswachsend. Hier in dem dunklen Rahmen der Dachöffnung kauerte sie sich nieder; nur ihre grauen Falkenaugen schweiften lebhaft hin und her, bald zur Seite über die in der Mittagsgluth wie schlummernd ruhenden Wälder, bald hinab auf die kargen Räderspuren, welche über die Haide zu der so eben von ihr verlassenen Welt hinausliefen.

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/36>, abgerufen am 29.03.2024.