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Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670.

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(e) Wer eigentlich unsers Archimedis Eltern gewesen seyen/ ist nicht bekannt. So
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des (zu seiner Zeit in Sicilien regierenden) Königs Hierons Freund und Blutsver-
wandter/
und also auch des Gelons/ dem Er seine Sandrechnung zugeschrieben/ als wel-
cher eben dieses Hierons Sohn gewesen/ und zu seines Vatters Lebzeiten bereit nicht nur des
Nahmens/ sondern auch oftmals der Gewalt eines Königs sich bedienet/ wie beym Livio im
23. Jahr nach Erbauung der Stadt Rom zu ersehen. So grosse Ehr aber Archimedes
von dieser Könige Hohheit/ seines Ursprungs halber/ gehabt; so viel Ursach hat hingegen eben
dieser Königliche Stamm gehabt/ nicht nur seine Ehr/ sondern auch seine ganze Wolfahrt/
des Archimedis tiessinnigen Erfindungen zu danken. Dann als die Stadt Syrakusa/ nach
vielfältigem verwunderlichen Widerstand des Archimedis eingenommen/ und dieser vortreff-
liche Kopf/ wider des Feldherrn Verbott/ erstochen worden/ hat Warcellus der Römische
Feldherr (wie Plutarchus und Livius berichten) nach seinen Freunden und Anverwandten
fleissigst gefraget/ und denenselben alle mögliche Ehr erwiesen.
(f) Es hatte König Hieron (welche Geschicht Vitruvius im 3. Cap. seines IX. Buchs
weitläufftig beschreibet) oder/ wie andere wollen/ Gelon eine Kron von purem Gold einem
seiner Götzen-Tempel zu widmen/ mit grossem Kosten auf das zierlichste bereiten lassen/ und
das hierzu erforderte Gold dem Goldschmid fleissig und genau fürgewogen: welcher nach sehr
künstlicher Verfertigung des Werkes das vorige Gewicht zwar just gewähret/ aber (wie man
aus einigen Merkzeichen geschlossen) etwas von dem geliferten Gold entwendet/ und an dessen
statt Silber/ gleiches Gewichtes/ mit untergemischet. Als nun der König den Betrug/
und wieviel Gold der Meister von dem empfangenen Klumpen behalten/ gern eigentlich (und
doch ohne Verletzung der künstlichen Arbeit) erfahren hätte/ hat Er Archimedem/ der Sa-
che nachzudenken/ ersuchet. Dieser nun kam ohngefehr mit diesen Gedanken in das Bad/
und in dem er/ in einen vollen Wasser-Zuber steigend/ beobachtete/ daß/ je mehr er seinen Leib
in das Wasser gesenket/ je mehr Wasser aus dem vollen Zuber lauffen/ und jenem Raum
machen müste/ sprang er für Freuden also bald aus dem Bad/ welches ihme einen gewissen Weg/
des Königs Begehren zu vergnügen/ gezeiget hatte: ließ ihm also balden zur Hand schaffen
ein Stükk pures und feines Gold/ und ein anders von lauterem Silber/ beyde just am Ge-
wicht obbesagter Krone gleich: senkte darauf die Krone sänstiglich in ein/ hierzu bereitetes/
und mit Wasser biß oben angefülltes Geschirr/ und woge das in eine untergesetzte Schale aus-
gelauffene Wasser auf das allerfleissigste: eben dergleichen That er hernachmals mit dem Gold-
und wieder absonderlich mit dem Silber-Stükk; befande also/ daß von dem Silber-Stükk
das meiste/ von dem Gold-Stükk aber (weil nehmlich ein Gold-Stükk/ wegen seiner dich-
ten Substanz jederzeit kleiner ist als ein Silber-Stükk/ so da gleiches Gewichtes ist) das we-
nigste/ von der Krone aber zwar viel weniger als von dem Silber- jedoch aber etwas mehr
als von dem Gold-Stükk ausgeflossen; wordurch er dann nicht nur den Argwohn des Be-
trugs bestättiget/ sondern auch die Grösse desselben eigentlich bestimmet hat; welche auch
hier leichtlich könnte benennet werden/ wann Vitruvius neben dem Gewicht der Kron auch
das Gewicht des jederseits ausgeloffenen Wassers mit angemerket hätte. Jedennoch aber
kan man/ wann beyderseits etwas gewisses nach Belieben gesetzet wird/ aufs wenigste die Art
und Weise/ vermittelst welcher Archimedes die Vielheit des untergemischten Silbers end-
lich genau berechnet habe/ für Augen stellen.
Nehmlich/ so man setzet/ daß die Krone (und also auch das ganze pure/ so wol Gold- als
Silber-Stükk) gewogen habe 10. Lb, von dem Gold-Stükk aber abgeflossen sey 1. Lb Was-
ser/ von dem Silber-Stükk 11/2 Lb, von der Kron endlich 11/2 Lb, so ist der Unterschied zwi-
schen dem Wasser des Silber-Stükkes und des Gold-Stükkes 1/2 Lb, zwischen dem Wasser
der vermischten Kron aber und dem Wasser eben besagten Gold-Stükkes . Woraus man
dann folgender Gestalt schliesset:
[Formel 1] welches in der Krone unter das Gold vermischet worden/ also daß des Goldes nur 7 Lb
darzu kommen.
Durch die Buchstaben Rechnung oder so genannte Analysin könnte (wem es beliebete)
die Sache also gleichsam rükklings erörtert werden.
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des (zu ſeiner Zeit in Sicilien regierenden) Koͤnigs Hierons Freund und Blutsver-
wandter/
und alſo auch des Gelons/ dem Er ſeine Sandrechnung zugeſchrieben/ als wel-
cher eben dieſes Hierons Sohn geweſen/ und zu ſeines Vatters Lebzeiten bereit nicht nur des
Nahmens/ ſondern auch oftmals der Gewalt eines Koͤnigs ſich bedienet/ wie beym Livio im
23. Jahr nach Erbauung der Stadt Rom zu erſehen. So groſſe Ehr aber Archimedes
von dieſer Koͤnige Hohheit/ ſeines Urſprungs halber/ gehabt; ſo viel Urſach hat hingegen eben
dieſer Koͤnigliche Stamm gehabt/ nicht nur ſeine Ehr/ ſondern auch ſeine ganze Wolfahrt/
des Archimedis tieſſinnigen Erfindungen zu danken. Dann als die Stadt Syrakuſa/ nach
vielfaͤltigem verwunderlichen Widerſtand des Archimedis eingenommen/ und dieſer vortreff-
liche Kopf/ wider des Feldherꝛn Verbott/ erſtochen worden/ hat Warcellus der Roͤmiſche
Feldherꝛ (wie Plutarchus und Livius berichten) nach ſeinen Freunden und Anverwandten
fleiſſigſt gefraget/ und denenſelben alle moͤgliche Ehr erwieſen.
(f) Es hatte Koͤnig Hieron (welche Geſchicht Vitruvius im 3. Cap. ſeines IX. Buchs
weitlaͤufftig beſchreibet) oder/ wie andere wollen/ Gelon eine Kron von purem Gold einem
ſeiner Goͤtzen-Tempel zu widmen/ mit groſſem Koſten auf das zierlichſte bereiten laſſen/ und
das hierzu erforderte Gold dem Goldſchmid fleiſſig und genau fuͤrgewogen: welcher nach ſehr
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aus einigen Merkzeichen geſchloſſen) etwas von dem geliferten Gold entwendet/ und an deſſen
ſtatt Silber/ gleiches Gewichtes/ mit untergemiſchet. Als nun der Koͤnig den Betrug/
und wieviel Gold der Meiſter von dem empfangenen Klumpen behalten/ gern eigentlich (und
doch ohne Verletzung der kuͤnſtlichen Arbeit) erfahren haͤtte/ hat Er Archimedem/ der Sa-
che nachzudenken/ erſuchet. Dieſer nun kam ohngefehr mit dieſen Gedanken in das Bad/
und in dem er/ in einen vollen Waſſer-Zuber ſteigend/ beobachtete/ daß/ je mehr er ſeinen Leib
in das Waſſer geſenket/ je mehr Waſſer aus dem vollen Zuber lauffen/ und jenem Raum
machen muͤſte/ ſprang er fuͤr Freuden alſo bald aus dem Bad/ welches ihme einen gewiſſen Weg/
des Koͤnigs Begehren zu vergnuͤgen/ gezeiget hatte: ließ ihm alſo balden zur Hand ſchaffen
ein Stuͤkk pures und feines Gold/ und ein anders von lauterem Silber/ beyde juſt am Ge-
wicht obbeſagter Krone gleich: ſenkte darauf die Krone ſaͤnſtiglich in ein/ hierzu bereitetes/
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und wieder abſonderlich mit dem Silber-Stuͤkk; befande alſo/ daß von dem Silber-Stuͤkk
das meiſte/ von dem Gold-Stuͤkk aber (weil nehmlich ein Gold-Stuͤkk/ wegen ſeiner dich-
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nigſte/ von der Krone aber zwar viel weniger als von dem Silber- jedoch aber etwas mehr
als von dem Gold-Stuͤkk ausgefloſſen; wordurch er dann nicht nur den Argwohn des Be-
trugs beſtaͤttiget/ ſondern auch die Groͤſſe deſſelben eigentlich beſtimmet hat; welche auch
hier leichtlich koͤnnte benennet werden/ wann Vitruvius neben dem Gewicht der Kron auch
das Gewicht des jederſeits ausgeloffenen Waſſers mit angemerket haͤtte. Jedennoch aber
kan man/ wann beyderſeits etwas gewiſſes nach Belieben geſetzet wird/ aufs wenigſte die Art
und Weiſe/ vermittelſt welcher Archimedes die Vielheit des untergemiſchten Silbers end-
lich genau berechnet habe/ fuͤr Augen ſtellen.
Nehmlich/ ſo man ſetzet/ daß die Krone (und alſo auch das ganze pure/ ſo wol Gold- als
Silber-Stuͤkk) gewogen habe 10. ℔, von dem Gold-Stuͤkk aber abgefloſſen ſey 1. ℔ Waſ-
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der vermiſchten Kron aber und dem Waſſer eben beſagten Gold-Stuͤkkes ⅑. Woraus man
dann folgender Geſtalt ſchlieſſet:
[Formel 1] welches in der Krone unter das Gold vermiſchet worden/ alſo daß des Goldes nur 7
darzu kommen.
Durch die Buchſtaben Rechnung oder ſo genannte Analyſin koͤnnte (wem es beliebete)
die Sache alſo gleichſam ruͤkklings eroͤrtert werden.
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Zitationshilfe: Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_kunst_1670/16>, abgerufen am 29.03.2024.