Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

Bild:
<< vorherige Seite

Frau von Werner thronte gewappnet in einer Pariser Toilette dernier cri - perlgrauer Sürah Liberty - in ihrem Salon. Die Zierde dieses offiziellen Raumes schienen einzig und allein Blumen und Pflanzen etwas gewöhnlicher Art auszumachen, aber riesengroß und auffallend. Frau von Werner erging sich eifrig in Ausführungen über die Aufzucht und die Kultur der Pflanzen und bemühte sich mit gespreizter Liebenswürdigkeit, Interesse an dem einzigen Geplauder zu nehmen, das diesen Provinzlern zur Verfügung stand. Sie bat sogar Platz zu nehmen: darüber allerseits eitel Freude.

In dem kleinen anstoßenden Salon, der mit dem andern durch eine weitgeöffnete Flügeltür verbunden war, vereinigten sich die bei ihrer Ankunft von Alice sogleich mit Beschlag belegten jungen Mädchen. Dort plauderte man in freierer Art unter hellem Lachen, das zu dem ernsten, monotonen Gespräche der Mütter die begleitende lustige Musik zu bilden schien.

Alice, weniger feierlich, befleißigte sich nicht des von Frau von Werner absichtlich verscheuchten Entgegenkommens, sie dominierte und herrschte, mit aller Ruhe, durch ihre Überlegenheit des intelligenten

Frau von Werner thronte gewappnet in einer Pariser Toilette dernier cri – perlgrauer Sürah Liberty – in ihrem Salon. Die Zierde dieses offiziellen Raumes schienen einzig und allein Blumen und Pflanzen etwas gewöhnlicher Art auszumachen, aber riesengroß und auffallend. Frau von Werner erging sich eifrig in Ausführungen über die Aufzucht und die Kultur der Pflanzen und bemühte sich mit gespreizter Liebenswürdigkeit, Interesse an dem einzigen Geplauder zu nehmen, das diesen Provinzlern zur Verfügung stand. Sie bat sogar Platz zu nehmen: darüber allerseits eitel Freude.

In dem kleinen anstoßenden Salon, der mit dem andern durch eine weitgeöffnete Flügeltür verbunden war, vereinigten sich die bei ihrer Ankunft von Alice sogleich mit Beschlag belegten jungen Mädchen. Dort plauderte man in freierer Art unter hellem Lachen, das zu dem ernsten, monotonen Gespräche der Mütter die begleitende lustige Musik zu bilden schien.

Alice, weniger feierlich, befleißigte sich nicht des von Frau von Werner absichtlich verscheuchten Entgegenkommens, sie dominierte und herrschte, mit aller Ruhe, durch ihre Überlegenheit des intelligenten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0163" n="162"/>
        <p>Frau von Werner thronte gewappnet in einer Pariser Toilette <hi rendition="#aq">dernier cri</hi> &#x2013; perlgrauer Sürah Liberty &#x2013; in ihrem Salon. Die Zierde dieses offiziellen Raumes schienen einzig und allein Blumen und Pflanzen etwas gewöhnlicher Art auszumachen, aber riesengroß und auffallend. Frau von Werner erging sich eifrig in Ausführungen über die Aufzucht und die Kultur der Pflanzen und bemühte sich mit gespreizter Liebenswürdigkeit, Interesse an dem einzigen Geplauder zu nehmen, das diesen Provinzlern zur Verfügung stand. Sie bat sogar Platz zu nehmen: darüber allerseits eitel Freude.</p>
        <p>In dem kleinen anstoßenden Salon, der mit dem andern durch eine weitgeöffnete Flügeltür verbunden war, vereinigten sich die bei ihrer Ankunft von Alice sogleich mit Beschlag belegten jungen Mädchen. Dort plauderte man in freierer Art unter hellem Lachen, das zu dem ernsten, monotonen Gespräche der Mütter die begleitende lustige Musik zu bilden schien.</p>
        <p>Alice, weniger feierlich, befleißigte sich nicht des von Frau von Werner absichtlich verscheuchten Entgegenkommens, sie dominierte und herrschte, mit aller Ruhe, durch ihre Überlegenheit des intelligenten
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0163] Frau von Werner thronte gewappnet in einer Pariser Toilette dernier cri – perlgrauer Sürah Liberty – in ihrem Salon. Die Zierde dieses offiziellen Raumes schienen einzig und allein Blumen und Pflanzen etwas gewöhnlicher Art auszumachen, aber riesengroß und auffallend. Frau von Werner erging sich eifrig in Ausführungen über die Aufzucht und die Kultur der Pflanzen und bemühte sich mit gespreizter Liebenswürdigkeit, Interesse an dem einzigen Geplauder zu nehmen, das diesen Provinzlern zur Verfügung stand. Sie bat sogar Platz zu nehmen: darüber allerseits eitel Freude. In dem kleinen anstoßenden Salon, der mit dem andern durch eine weitgeöffnete Flügeltür verbunden war, vereinigten sich die bei ihrer Ankunft von Alice sogleich mit Beschlag belegten jungen Mädchen. Dort plauderte man in freierer Art unter hellem Lachen, das zu dem ernsten, monotonen Gespräche der Mütter die begleitende lustige Musik zu bilden schien. Alice, weniger feierlich, befleißigte sich nicht des von Frau von Werner absichtlich verscheuchten Entgegenkommens, sie dominierte und herrschte, mit aller Ruhe, durch ihre Überlegenheit des intelligenten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/163
Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/163>, abgerufen am 28.03.2024.