Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweytes Buch.
Jetzt schallt es nach den Trauer-Klagen
Ganz anders um Gethsemane,
Des Oelbergs bange Tiefen sagen;
Hier sey nunmehr die Freuden-Höh.
Jetzt, Feinde, kommt mit euren Schaaren,
Wenn ihr den Meister fangen wollt,
Er wird durch Luft und Wolken fahren,
Da ihr erst recht erschrecken sollt.
Dort kommt er! mit was holden Blicken
Ertheilet er noch Unterricht!
Man sieht ein himmlisches Entzücken
Bereits in seinem Angesicht,
Jst er nicht Cophers Trauben ähnlich,
Jndem sein Zuspruch Kraft gewinnt,
Die wunderschön und ungewöhnlich
Jm Garten zu Engeddi sind?
Die Jünger folgen Jhm, und hören,
Und sehn Jhn mit Verwundrung an,
Warum Er so besondre Lehren
An alle insgesammt gethan;
Sie denken nach, die Herzen schlagen,
Sie sehn sich an, und bleiben stumm,
Und dennoch scheinen sie zu fragen,
Und wissen doch selbst nicht, warum?
Das macht die Liebe, denn sie wissen,
Es ist nunmehro bald dahin,
Daß sie den Meister lassen müssen,
Wenn Er wird von der Erde ziehn;
Er
Zweytes Buch.
Jetzt ſchallt es nach den Trauer-Klagen
Ganz anders um Gethſemane,
Des Oelbergs bange Tiefen ſagen;
Hier ſey nunmehr die Freuden-Hoͤh.
Jetzt, Feinde, kommt mit euren Schaaren,
Wenn ihr den Meiſter fangen wollt,
Er wird durch Luft und Wolken fahren,
Da ihr erſt recht erſchrecken ſollt.
Dort kommt er! mit was holden Blicken
Ertheilet er noch Unterricht!
Man ſieht ein himmliſches Entzuͤcken
Bereits in ſeinem Angeſicht,
Jſt er nicht Cophers Trauben aͤhnlich,
Jndem ſein Zuſpruch Kraft gewinnt,
Die wunderſchoͤn und ungewoͤhnlich
Jm Garten zu Engeddi ſind?
Die Juͤnger folgen Jhm, und hoͤren,
Und ſehn Jhn mit Verwundrung an,
Warum Er ſo beſondre Lehren
An alle insgeſammt gethan;
Sie denken nach, die Herzen ſchlagen,
Sie ſehn ſich an, und bleiben ſtumm,
Und dennoch ſcheinen ſie zu fragen,
Und wiſſen doch ſelbſt nicht, warum?
Das macht die Liebe, denn ſie wiſſen,
Es iſt nunmehro bald dahin,
Daß ſie den Meiſter laſſen muͤſſen,
Wenn Er wird von der Erde ziehn;
Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0120" n="100"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Jetzt &#x017F;challt es nach den Trauer-Klagen</l><lb/>
              <l>Ganz anders um Geth&#x017F;emane,</l><lb/>
              <l>Des Oelbergs bange Tiefen &#x017F;agen;</l><lb/>
              <l>Hier &#x017F;ey nunmehr die Freuden-Ho&#x0364;h.</l><lb/>
              <l>Jetzt, Feinde, kommt mit euren Schaaren,</l><lb/>
              <l>Wenn ihr den Mei&#x017F;ter fangen wollt,</l><lb/>
              <l>Er wird durch Luft und Wolken fahren,</l><lb/>
              <l>Da ihr er&#x017F;t recht er&#x017F;chrecken &#x017F;ollt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Dort kommt er! mit was holden Blicken</l><lb/>
              <l>Ertheilet er noch Unterricht!</l><lb/>
              <l>Man &#x017F;ieht ein himmli&#x017F;ches Entzu&#x0364;cken</l><lb/>
              <l>Bereits in &#x017F;einem Ange&#x017F;icht,</l><lb/>
              <l>J&#x017F;t er nicht Cophers Trauben a&#x0364;hnlich,</l><lb/>
              <l>Jndem &#x017F;ein Zu&#x017F;pruch Kraft gewinnt,</l><lb/>
              <l>Die wunder&#x017F;cho&#x0364;n und ungewo&#x0364;hnlich</l><lb/>
              <l>Jm Garten zu Engeddi &#x017F;ind?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Die Ju&#x0364;nger folgen Jhm, und ho&#x0364;ren,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ehn Jhn mit Verwundrung an,</l><lb/>
              <l>Warum Er &#x017F;o be&#x017F;ondre Lehren</l><lb/>
              <l>An alle insge&#x017F;ammt gethan;</l><lb/>
              <l>Sie denken nach, die Herzen &#x017F;chlagen,</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;ehn &#x017F;ich an, und bleiben &#x017F;tumm,</l><lb/>
              <l>Und dennoch &#x017F;cheinen &#x017F;ie zu fragen,</l><lb/>
              <l>Und wi&#x017F;&#x017F;en doch &#x017F;elb&#x017F;t nicht, warum?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Das macht die Liebe, denn &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Es i&#x017F;t nunmehro bald dahin,</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie den Mei&#x017F;ter la&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Wenn Er wird von der Erde ziehn;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0120] Zweytes Buch. Jetzt ſchallt es nach den Trauer-Klagen Ganz anders um Gethſemane, Des Oelbergs bange Tiefen ſagen; Hier ſey nunmehr die Freuden-Hoͤh. Jetzt, Feinde, kommt mit euren Schaaren, Wenn ihr den Meiſter fangen wollt, Er wird durch Luft und Wolken fahren, Da ihr erſt recht erſchrecken ſollt. Dort kommt er! mit was holden Blicken Ertheilet er noch Unterricht! Man ſieht ein himmliſches Entzuͤcken Bereits in ſeinem Angeſicht, Jſt er nicht Cophers Trauben aͤhnlich, Jndem ſein Zuſpruch Kraft gewinnt, Die wunderſchoͤn und ungewoͤhnlich Jm Garten zu Engeddi ſind? Die Juͤnger folgen Jhm, und hoͤren, Und ſehn Jhn mit Verwundrung an, Warum Er ſo beſondre Lehren An alle insgeſammt gethan; Sie denken nach, die Herzen ſchlagen, Sie ſehn ſich an, und bleiben ſtumm, Und dennoch ſcheinen ſie zu fragen, Und wiſſen doch ſelbſt nicht, warum? Das macht die Liebe, denn ſie wiſſen, Es iſt nunmehro bald dahin, Daß ſie den Meiſter laſſen muͤſſen, Wenn Er wird von der Erde ziehn; Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/120
Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/120>, abgerufen am 28.03.2024.