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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

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Moralische Oden.
Die Großmuth lässt die Falschheit fahren,
Sie kommt vor eines Gönners Haus,
Da guckt der alte Greis von Jahren
Verdrießlich zu der Thür heraus:
Es ist mir lieb, daß sie erschienen;
Was wäre denn wohl ihr Begehr?
Jch bitte nur - - Sie kommen wieder her!
Jch will ein andermahl von Herzen gerne dienen.
Armseeliger! wohin? erwege!
Kein Freund, kein Geld und kein Patron!
Welch eine kalte Leibespflege
Vor einen armen Musensohn!
Erwärme denn die starren Glieder
Jn deiner dunkeln Einsamkeit,
Geduld erhitzet auch! und mit der Zeit
Wärmt ja das Himmelsfeur das Haus der Erden
wieder.
Mein Glück wird warm! mich friert nicht weiter,
Wer standhaft ist, verlacht die Welt;
Der Himmel wird schon wieder heiter,
Der wärmet jährlich ohne Geld,
Der Frost hat alle Kraft verlohren,
Weil mich der Elends-Ofen wärmt,
Drum hab ich mich vollkommen ausgehärmt,
Denn meine Poesie ist nicht mit mir erfroren.


Die
L
Moraliſche Oden.
Die Großmuth laͤſſt die Falſchheit fahren,
Sie kommt vor eines Goͤnners Haus,
Da guckt der alte Greis von Jahren
Verdrießlich zu der Thuͤr heraus:
Es iſt mir lieb, daß ſie erſchienen;
Was waͤre denn wohl ihr Begehr?
Jch bitte nur ‒ ‒ Sie kommen wieder her!
Jch will ein andermahl von Herzen gerne dienen.
Armſeeliger! wohin? erwege!
Kein Freund, kein Geld und kein Patron!
Welch eine kalte Leibespflege
Vor einen armen Muſenſohn!
Erwaͤrme denn die ſtarren Glieder
Jn deiner dunkeln Einſamkeit,
Geduld erhitzet auch! und mit der Zeit
Waͤrmt ja das Himmelsfeur das Haus der Erden
wieder.
Mein Gluͤck wird warm! mich friert nicht weiter,
Wer ſtandhaft iſt, verlacht die Welt;
Der Himmel wird ſchon wieder heiter,
Der waͤrmet jaͤhrlich ohne Geld,
Der Froſt hat alle Kraft verlohren,
Weil mich der Elends-Ofen waͤrmt,
Drum hab ich mich vollkommen ausgehaͤrmt,
Denn meine Poeſie iſt nicht mit mir erfroren.


Die
L
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[161/0181] Moraliſche Oden. Die Großmuth laͤſſt die Falſchheit fahren, Sie kommt vor eines Goͤnners Haus, Da guckt der alte Greis von Jahren Verdrießlich zu der Thuͤr heraus: Es iſt mir lieb, daß ſie erſchienen; Was waͤre denn wohl ihr Begehr? Jch bitte nur ‒ ‒ Sie kommen wieder her! Jch will ein andermahl von Herzen gerne dienen. Armſeeliger! wohin? erwege! Kein Freund, kein Geld und kein Patron! Welch eine kalte Leibespflege Vor einen armen Muſenſohn! Erwaͤrme denn die ſtarren Glieder Jn deiner dunkeln Einſamkeit, Geduld erhitzet auch! und mit der Zeit Waͤrmt ja das Himmelsfeur das Haus der Erden wieder. Mein Gluͤck wird warm! mich friert nicht weiter, Wer ſtandhaft iſt, verlacht die Welt; Der Himmel wird ſchon wieder heiter, Der waͤrmet jaͤhrlich ohne Geld, Der Froſt hat alle Kraft verlohren, Weil mich der Elends-Ofen waͤrmt, Drum hab ich mich vollkommen ausgehaͤrmt, Denn meine Poeſie iſt nicht mit mir erfroren. Die L

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Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/181>, abgerufen am 18.04.2024.