Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite
Moralische Oden.
Kennest du doch meine Weise,
Ob sie gleich die Welt nicht kennt,
Welche mich zu mindern Preise
Stolz, milzsüchtig, mürrisch nennt;
Damon soll, wie du, entdecken,
Und im Umgang erstlich schmecken,
Daß ich, sanft, von Hochmuth frey,
Voller Menschenliebe sey.
Ein verwegnes Unterwinden,
Welches kühn sich selbst vertraut,
Jst bey mir nicht zu befinden,
Der ich fehlerhaft gebaut;
Ueberall mich vorzudrängen,
Jn die größten Haufen mengen,
Wo man nie nach mir gefragt,
Hat mir die Natur versagt.
Nur ein leer Geräusch zu machen,
Durch den Tonlaut, kann ich nicht,
Wie auch äusserlich zu lachen,
Wenn das Herze widerspricht:
Da mich Gegenstände rühren,
Und zu mancher Wahrheit führen,
Die der Welt viel zu gemein,
Kann man stets gesprächsam seyn?
Ganz Europa wünsch ich Frieden,
Und ich wünsch ihn mir zugleich;
Doch was jedem Theil beschieden,
Oder wie viel jedes Reich
Durch
L 2
Moraliſche Oden.
Kenneſt du doch meine Weiſe,
Ob ſie gleich die Welt nicht kennt,
Welche mich zu mindern Preiſe
Stolz, milzſuͤchtig, muͤrriſch nennt;
Damon ſoll, wie du, entdecken,
Und im Umgang erſtlich ſchmecken,
Daß ich, ſanft, von Hochmuth frey,
Voller Menſchenliebe ſey.
Ein verwegnes Unterwinden,
Welches kuͤhn ſich ſelbſt vertraut,
Jſt bey mir nicht zu befinden,
Der ich fehlerhaft gebaut;
Ueberall mich vorzudraͤngen,
Jn die groͤßten Haufen mengen,
Wo man nie nach mir gefragt,
Hat mir die Natur verſagt.
Nur ein leer Geraͤuſch zu machen,
Durch den Tonlaut, kann ich nicht,
Wie auch aͤuſſerlich zu lachen,
Wenn das Herze widerſpricht:
Da mich Gegenſtaͤnde ruͤhren,
Und zu mancher Wahrheit fuͤhren,
Die der Welt viel zu gemein,
Kann man ſtets geſpraͤchſam ſeyn?
Ganz Europa wuͤnſch ich Frieden,
Und ich wuͤnſch ihn mir zugleich;
Doch was jedem Theil beſchieden,
Oder wie viel jedes Reich
Durch
L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0183" n="163"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Morali&#x017F;che Oden.</hi> </fw><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Kenne&#x017F;t du doch meine Wei&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Ob &#x017F;ie gleich die Welt nicht kennt,</l><lb/>
              <l>Welche mich zu mindern Prei&#x017F;e</l><lb/>
              <l>Stolz, milz&#x017F;u&#x0364;chtig, mu&#x0364;rri&#x017F;ch nennt;</l><lb/>
              <l>Damon &#x017F;oll, wie du, entdecken,</l><lb/>
              <l>Und im Umgang er&#x017F;tlich &#x017F;chmecken,</l><lb/>
              <l>Daß ich, &#x017F;anft, von Hochmuth frey,</l><lb/>
              <l>Voller Men&#x017F;chenliebe &#x017F;ey.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Ein verwegnes Unterwinden,</l><lb/>
              <l>Welches ku&#x0364;hn &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t vertraut,</l><lb/>
              <l>J&#x017F;t bey mir nicht zu befinden,</l><lb/>
              <l>Der ich fehlerhaft gebaut;</l><lb/>
              <l>Ueberall mich vorzudra&#x0364;ngen,</l><lb/>
              <l>Jn die gro&#x0364;ßten Haufen mengen,</l><lb/>
              <l>Wo man nie nach mir gefragt,</l><lb/>
              <l>Hat mir die Natur ver&#x017F;agt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Nur ein leer Gera&#x0364;u&#x017F;ch zu machen,</l><lb/>
              <l>Durch den Tonlaut, kann ich nicht,</l><lb/>
              <l>Wie auch a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich zu lachen,</l><lb/>
              <l>Wenn das Herze wider&#x017F;pricht:</l><lb/>
              <l>Da mich Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde ru&#x0364;hren,</l><lb/>
              <l>Und zu mancher Wahrheit fu&#x0364;hren,</l><lb/>
              <l>Die der Welt viel zu gemein,</l><lb/>
              <l>Kann man &#x017F;tets ge&#x017F;pra&#x0364;ch&#x017F;am &#x017F;eyn?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Ganz Europa wu&#x0364;n&#x017F;ch ich Frieden,</l><lb/>
              <l>Und ich wu&#x0364;n&#x017F;ch ihn mir zugleich;</l><lb/>
              <l>Doch was jedem Theil be&#x017F;chieden,</l><lb/>
              <l>Oder wie viel jedes Reich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Durch</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0183] Moraliſche Oden. Kenneſt du doch meine Weiſe, Ob ſie gleich die Welt nicht kennt, Welche mich zu mindern Preiſe Stolz, milzſuͤchtig, muͤrriſch nennt; Damon ſoll, wie du, entdecken, Und im Umgang erſtlich ſchmecken, Daß ich, ſanft, von Hochmuth frey, Voller Menſchenliebe ſey. Ein verwegnes Unterwinden, Welches kuͤhn ſich ſelbſt vertraut, Jſt bey mir nicht zu befinden, Der ich fehlerhaft gebaut; Ueberall mich vorzudraͤngen, Jn die groͤßten Haufen mengen, Wo man nie nach mir gefragt, Hat mir die Natur verſagt. Nur ein leer Geraͤuſch zu machen, Durch den Tonlaut, kann ich nicht, Wie auch aͤuſſerlich zu lachen, Wenn das Herze widerſpricht: Da mich Gegenſtaͤnde ruͤhren, Und zu mancher Wahrheit fuͤhren, Die der Welt viel zu gemein, Kann man ſtets geſpraͤchſam ſeyn? Ganz Europa wuͤnſch ich Frieden, Und ich wuͤnſch ihn mir zugleich; Doch was jedem Theil beſchieden, Oder wie viel jedes Reich Durch L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/183
Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/183>, abgerufen am 28.03.2024.