Auf das Absterben des Herrn Ober-Vormundschafts- Rath Pfanners in Gotha den 12 Julii 1745 im 76 Jahr. J. f. N.
Wenn wir uns alt und grau gewacht, So sehen wir der Mitternacht Des Grabes sehnsuchtsvoll entgegen, Wir machen oft die Augen zu, Wir warten auf die lange Ruh, Und hoffen, daß man uns bald wird zu Bette legen.
Der Seelen Wohnplatz giebet nach, Desselben Fugen werden schwach, Und seine beyden Pfeiler sinken, Wir hören das Geräusche schon, Der stöhnende gebrochne Ton Will uns den Umsturz bald zu prophezeyn bedünken.
Der Sinnen thätige Gewalt Wird kraftlos, stockend, endlich kalt, Erweckt verdrüßliche Gedanken, Ein Vorhang decket das Gesicht, Das Ohr bewegen Töne nicht, Selbst der Geruch erstickt in seinen engen Schranken.
Das
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Freuden- und Trauer-Oden.
Auf das Abſterben des Herrn Ober-Vormundſchafts- Rath Pfanners in Gotha den 12 Julii 1745 im 76 Jahr. J. f. N.
Wenn wir uns alt und grau gewacht, So ſehen wir der Mitternacht Des Grabes ſehnſuchtsvoll entgegen, Wir machen oft die Augen zu, Wir warten auf die lange Ruh, Und hoffen, daß man uns bald wird zu Bette legen.
Der Seelen Wohnplatz giebet nach, Deſſelben Fugen werden ſchwach, Und ſeine beyden Pfeiler ſinken, Wir hoͤren das Geraͤuſche ſchon, Der ſtoͤhnende gebrochne Ton Will uns den Umſturz bald zu prophezeyn beduͤnken.
Der Sinnen thaͤtige Gewalt Wird kraftlos, ſtockend, endlich kalt, Erweckt verdruͤßliche Gedanken, Ein Vorhang decket das Geſicht, Das Ohr bewegen Toͤne nicht, Selbſt der Geruch erſtickt in ſeinen engen Schranken.
Das
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Freuden- und Trauer-Oden.
Auf das Abſterben
des Herrn Ober-Vormundſchafts-
Rath
Pfanners
in Gotha den 12 Julii 1745 im 76 Jahr.
J. f. N.
Wenn wir uns alt und grau gewacht,
So ſehen wir der Mitternacht
Des Grabes ſehnſuchtsvoll entgegen,
Wir machen oft die Augen zu,
Wir warten auf die lange Ruh,
Und hoffen, daß man uns bald wird zu Bette legen.
Der Seelen Wohnplatz giebet nach,
Deſſelben Fugen werden ſchwach,
Und ſeine beyden Pfeiler ſinken,
Wir hoͤren das Geraͤuſche ſchon,
Der ſtoͤhnende gebrochne Ton
Will uns den Umſturz bald zu prophezeyn beduͤnken.
Der Sinnen thaͤtige Gewalt
Wird kraftlos, ſtockend, endlich kalt,
Erweckt verdruͤßliche Gedanken,
Ein Vorhang decket das Geſicht,
Das Ohr bewegen Toͤne nicht,
Selbſt der Geruch erſtickt in ſeinen engen Schranken.
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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/301>, abgerufen am 22.04.2021.
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