Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Verbindung
Es ist zu merken, daß ich durch den Willen
und Verstand der Thiere im Vorhergehenden
etwas denselben Aehnliches (instar) und Aehn-
lichscheinendes (analogon) verstehe; so nennt
man es aus dem Anschein. Man kann das
Leben eines Thiers mit einem Nachtwande-
rer vergleichen, der aus dem Willen mit ein-
geschläferten Verstand herumgeht und han-
delt: auch mit einem Blinden, der sich un-
terwegens von einem Hund führen läßt:
oder auch mit einem Thoren, der aus blos-
ser Gewohnheit, und der daher rührenden
Fertigkeit etwas regelmäßig thut: desglei-
chen, mit einem, der kein Gedächtnis, und
also auch keinen Verstand mehr hat, und den-
noch weis oder lernet sich anzukleiden, gut
zu essen, das weibliche Geschlecht zu liiben,
durch die Gassen von einem Hauß zum an-
dern zu gehen, und dergleichen zu thun, was
den Sinnen schmeichelt und das Fleisch kü-
tzelt, von deren Reitzungen und Willen er da-
hin gerissen wird, ob er gleich nicht denket,
und also auch nicht reden kann. Hieraus
erhellet, wie sehr diejenigen straucheln, wel-
che glauben, die Thiere wären mit Vernunft
begabt, und nur von den Menschen durch
die äuserliche Gestalt unterschieden, und auch
dadurch, daß sie das Vernünftige, welches
sie inwendig in sich hätten, nicht aussprechen
könnten; aus welchen Betrüglichkeiten auch
viele den Schluß machen, daß, wenn der

Mensch

Von der Verbindung
Es iſt zu merken, daß ich durch den Willen
und Verſtand der Thiere im Vorhergehenden
etwas denſelben Aehnliches (inſtar) und Aehn-
lichſcheinendes (analogon) verſtehe; ſo nennt
man es aus dem Anſchein. Man kann das
Leben eines Thiers mit einem Nachtwande-
rer vergleichen, der aus dem Willen mit ein-
geſchläferten Verſtand herumgeht und han-
delt: auch mit einem Blinden, der ſich un-
terwegens von einem Hund führen läßt:
oder auch mit einem Thoren, der aus bloſ-
ſer Gewohnheit, und der daher rührenden
Fertigkeit etwas regelmäßig thut: desglei-
chen, mit einem, der kein Gedächtnis, und
alſo auch keinen Verſtand mehr hat, und den-
noch weis oder lernet ſich anzukleiden, gut
zu eſſen, das weibliche Geſchlecht zu liiben,
durch die Gaſſen von einem Hauß zum an-
dern zu gehen, und dergleichen zu thun, was
den Sinnen ſchmeichelt und das Fleiſch kü-
tzelt, von deren Reitzungen und Willen er da-
hin geriſſen wird, ob er gleich nicht denket,
und alſo auch nicht reden kann. Hieraus
erhellet, wie ſehr diejenigen ſtraucheln, wel-
che glauben, die Thiere wären mit Vernunft
begabt, und nur von den Menſchen durch
die äuſerliche Geſtalt unterſchieden, und auch
dadurch, daß ſie das Vernünftige, welches
ſie inwendig in ſich hätten, nicht ausſprechen
könnten; aus welchen Betrüglichkeiten auch
viele den Schluß machen, daß, wenn der

Menſch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0056" n="52"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Verbindung</hi></fw><lb/>
Es i&#x017F;t zu merken, daß ich durch den Willen<lb/>
und Ver&#x017F;tand der Thiere im Vorhergehenden<lb/>
etwas den&#x017F;elben Aehnliches (<hi rendition="#aq">in&#x017F;tar</hi>) und Aehn-<lb/>
lich&#x017F;cheinendes (<hi rendition="#aq">analogon</hi>) ver&#x017F;tehe; &#x017F;o nennt<lb/>
man es aus dem An&#x017F;chein. Man kann das<lb/>
Leben eines Thiers mit einem Nachtwande-<lb/>
rer vergleichen, der aus dem Willen mit ein-<lb/>
ge&#x017F;chläferten Ver&#x017F;tand herumgeht und han-<lb/>
delt: auch mit einem Blinden, der &#x017F;ich un-<lb/>
terwegens von einem Hund führen läßt:<lb/>
oder auch mit einem Thoren, der aus blo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er Gewohnheit, und der daher rührenden<lb/>
Fertigkeit etwas regelmäßig thut: desglei-<lb/>
chen, mit einem, der kein Gedächtnis, und<lb/>
al&#x017F;o auch keinen Ver&#x017F;tand mehr hat, und den-<lb/>
noch weis oder lernet &#x017F;ich anzukleiden, gut<lb/>
zu e&#x017F;&#x017F;en, das weibliche Ge&#x017F;chlecht zu liiben,<lb/>
durch die Ga&#x017F;&#x017F;en von einem Hauß zum an-<lb/>
dern zu gehen, und dergleichen zu thun, was<lb/>
den Sinnen &#x017F;chmeichelt und das Flei&#x017F;ch kü-<lb/>
tzelt, von deren Reitzungen und Willen er da-<lb/>
hin geri&#x017F;&#x017F;en wird, ob er gleich nicht denket,<lb/>
und al&#x017F;o auch nicht reden kann. Hieraus<lb/>
erhellet, wie &#x017F;ehr diejenigen &#x017F;traucheln, wel-<lb/>
che glauben, die Thiere wären mit Vernunft<lb/>
begabt, und nur von den Men&#x017F;chen durch<lb/>
die äu&#x017F;erliche Ge&#x017F;talt unter&#x017F;chieden, und auch<lb/>
dadurch, daß &#x017F;ie das Vernünftige, welches<lb/>
&#x017F;ie inwendig in &#x017F;ich hätten, nicht aus&#x017F;prechen<lb/>
könnten; aus welchen Betrüglichkeiten auch<lb/>
viele den Schluß machen, daß, wenn der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Men&#x017F;ch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0056] Von der Verbindung Es iſt zu merken, daß ich durch den Willen und Verſtand der Thiere im Vorhergehenden etwas denſelben Aehnliches (inſtar) und Aehn- lichſcheinendes (analogon) verſtehe; ſo nennt man es aus dem Anſchein. Man kann das Leben eines Thiers mit einem Nachtwande- rer vergleichen, der aus dem Willen mit ein- geſchläferten Verſtand herumgeht und han- delt: auch mit einem Blinden, der ſich un- terwegens von einem Hund führen läßt: oder auch mit einem Thoren, der aus bloſ- ſer Gewohnheit, und der daher rührenden Fertigkeit etwas regelmäßig thut: desglei- chen, mit einem, der kein Gedächtnis, und alſo auch keinen Verſtand mehr hat, und den- noch weis oder lernet ſich anzukleiden, gut zu eſſen, das weibliche Geſchlecht zu liiben, durch die Gaſſen von einem Hauß zum an- dern zu gehen, und dergleichen zu thun, was den Sinnen ſchmeichelt und das Fleiſch kü- tzelt, von deren Reitzungen und Willen er da- hin geriſſen wird, ob er gleich nicht denket, und alſo auch nicht reden kann. Hieraus erhellet, wie ſehr diejenigen ſtraucheln, wel- che glauben, die Thiere wären mit Vernunft begabt, und nur von den Menſchen durch die äuſerliche Geſtalt unterſchieden, und auch dadurch, daß ſie das Vernünftige, welches ſie inwendig in ſich hätten, nicht ausſprechen könnten; aus welchen Betrüglichkeiten auch viele den Schluß machen, daß, wenn der Menſch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/56
Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/56>, abgerufen am 25.04.2024.