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Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913.

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der entehrenden Strafe vorzog und weil man auf diese Weise vor
dem Gesetz rein dastand und seiner Familie das Vermögen rettete.

Unter den einheimischen Waffen Japans ist vor allem das Schwert
zu nennen, das gut gearbeitet und haarscharf geschliffen ist. Es
ist das Abzeichen der vornehmen Stände. Die Bevölkerung zerfällt
nämlich in acht Klassen, und die Mitglieder der oberen vier Klassen
tragen, auch im Frieden, Waffen und zwar im Gürtel zwei Schwerter,
eines auf jeder Seite. Feuerwaffen haben die Japaner durch Portu-
giesen und Holländer kennen gelernt und frühzeitig selbst ange-
fertigt. Ebenso haben die verbesserten europäischen Waffen der
Neuzeit schnell Eingang gefunden; und die japanische Armee ist
nach dem Muster der modernen Heere des zivilisierten Abendlandes
umgestaltet worden. Was sie zu leisten imstande ist, haben die
siegreichen Kriege gelehrt, die Japan vor einigen Jahren mit China
und später mit Rußland geführt hat. Gymnastische Übungen sind
in Japan beliebt, und allenthalben sieht man die Jugend mit der
Pflege der Turn- und Fechtkunst beschäftigt. Japanische Ringer
haben ihr Gewerbe derartig ausgebildet, daß sie in neuerer Zeit
durch ihre Erfolge bei uns berechtigtes Aufsehen erregt haben.

Die Hauptbeschäftigung der Japaner ist der Ackerbau und
Reis die wichtigste Feldfrucht. Die Ackerfelder sind weder durch
Gräben, noch durch Zäune voneinander getrennt und machen einen
sehr freundlichen Eindruck. Die Bearbeitung des Bodens geschieht
noch immer mit den einfachsten Werkzeugen, ist aber ganz vor-
züglich, was bei dem Mangel an Viehdünger besonders anzuerkennen
ist. Obst wird wenig gewonnen; für unsere Äpfel, Birnen, Kirschen,
Pflaumen und selbst für den Wein eignet sich der japanische Boden
nicht, denn diese Früchte verlieren dort ihr Aroma und verkümmern
in Gestalt und Größe. Unter den kultivierten Handels- und Industrie-
gewächsen sind besonders der Lackbaum, der Papiermaulbeerbaum
und der Talg- oder Wachsbaum zu nennen. Der letztere liefert ein
Pflanzenfett, das dem Bienenwachs ähnlich ist; und die Kultur des-
selben ist um deswillen von großer Wichtigkeit, weil die Japaner
bei dem Mangel an Viehzucht den Talg nicht kennen. Pferde und
selbst Rinder werden fast nur als Lasttiere verwendet, die Milch
der Kühe wird vom Menschen nicht benutzt. Schafe und Ziegen
kannte man früher überhaupt nicht und sind erst durch die Europäer
eingeführt worden; sie werden auch bloß infolge der Nachfrage durch
diese und auch nur in der Nähe größerer Städte gezogen. Geflügel

der entehrenden Strafe vorzog und weil man auf diese Weise vor
dem Gesetz rein dastand und seiner Familie das Vermögen rettete.

Unter den einheimischen Waffen Japans ist vor allem das Schwert
zu nennen, das gut gearbeitet und haarscharf geschliffen ist. Es
ist das Abzeichen der vornehmen Stände. Die Bevölkerung zerfällt
nämlich in acht Klassen, und die Mitglieder der oberen vier Klassen
tragen, auch im Frieden, Waffen und zwar im Gürtel zwei Schwerter,
eines auf jeder Seite. Feuerwaffen haben die Japaner durch Portu-
giesen und Holländer kennen gelernt und frühzeitig selbst ange-
fertigt. Ebenso haben die verbesserten europäischen Waffen der
Neuzeit schnell Eingang gefunden; und die japanische Armee ist
nach dem Muster der modernen Heere des zivilisierten Abendlandes
umgestaltet worden. Was sie zu leisten imstande ist, haben die
siegreichen Kriege gelehrt, die Japan vor einigen Jahren mit China
und später mit Rußland geführt hat. Gymnastische Übungen sind
in Japan beliebt, und allenthalben sieht man die Jugend mit der
Pflege der Turn- und Fechtkunst beschäftigt. Japanische Ringer
haben ihr Gewerbe derartig ausgebildet, daß sie in neuerer Zeit
durch ihre Erfolge bei uns berechtigtes Aufsehen erregt haben.

Die Hauptbeschäftigung der Japaner ist der Ackerbau und
Reis die wichtigste Feldfrucht. Die Ackerfelder sind weder durch
Gräben, noch durch Zäune voneinander getrennt und machen einen
sehr freundlichen Eindruck. Die Bearbeitung des Bodens geschieht
noch immer mit den einfachsten Werkzeugen, ist aber ganz vor-
züglich, was bei dem Mangel an Viehdünger besonders anzuerkennen
ist. Obst wird wenig gewonnen; für unsere Äpfel, Birnen, Kirschen,
Pflaumen und selbst für den Wein eignet sich der japanische Boden
nicht, denn diese Früchte verlieren dort ihr Aroma und verkümmern
in Gestalt und Größe. Unter den kultivierten Handels- und Industrie-
gewächsen sind besonders der Lackbaum, der Papiermaulbeerbaum
und der Talg- oder Wachsbaum zu nennen. Der letztere liefert ein
Pflanzenfett, das dem Bienenwachs ähnlich ist; und die Kultur des-
selben ist um deswillen von großer Wichtigkeit, weil die Japaner
bei dem Mangel an Viehzucht den Talg nicht kennen. Pferde und
selbst Rinder werden fast nur als Lasttiere verwendet, die Milch
der Kühe wird vom Menschen nicht benutzt. Schafe und Ziegen
kannte man früher überhaupt nicht und sind erst durch die Europäer
eingeführt worden; sie werden auch bloß infolge der Nachfrage durch
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Zitationshilfe: Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913, S. — 24 —. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tewes_menschenrassen_1913/28>, abgerufen am 29.03.2024.