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Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913.

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Patagonier.

Die Eingeborenen Patagoniens werden auch Tehueltsche ge-
nannt. (Die Silbe tsche bedeutet soviel wie Leute, und Tehueltsche
heißt Südleute.) Ihr Gebiet ist der südlichste Teil von Südamerika
mit Ausschluß des Feuerlandes, vom Rio Negro bis zur Magellanstraße. Den Namen Patagonier haben sie von den spanischen
Entdeckern erhalten. Sie gehören der indianischen Rasse an, die
als die Ureinwohner Amerikas über das ganze Festland und die
Inseln dieses Erdteils mit Ausnahme der von den Eskimos be-
wohnten nördlichen Gebiete verbreitet ist.

Die Patagonier sind hochgewachsene, kräftige Gestalten mit
breiten Schultern und robustem Körper. Man hat freilich ihre
Größe lange Zeit überschätzt und sie als die größten lebenden
Menschen betrachtet, doch werden sie nicht selten 1,80, ja bis
1,90 Meter groß. Der Kopf ist dick, die Augen sind wie bei allen
Indianern klein, meist horizontal liegend, Nase, Mund und Lippen
dagegen groß. Die Form des Schädels ist nicht natürlich, denn
bei den Patagoniern herrscht die Sitte, den Kopf des Kindes
zwischen Brettern zu pressen und zwar derart, daß die Stirn zu-
rückgedrückt, die entschiedene Kurzköpfigkeit noch erhöht wird.
Man tut es in der Meinung, auf diese Weise Erschütterung beim
Reiten zu verhüten. Der Haarwuchs ist stark, das Haar selbst
wie bei fast allen Indianern grob, straff und glänzend-schwarz.
Es wird nur auf dem Kopfe geduldet, während man Bart, Brauen,
Wimpern und Körperhaare entfernt. Die Hautfarbe ist gegenüber
den helleren Waldindianern der weiter nordwärts gelegenen Gebiete
dunkel, fast kupferbraun, wahrscheinlich infolge des dauernden
Aufenthaltes im offenen Steppenlande; doch ist sie selten natürlich,
weil die Patagonier die Angewohnheit haben, das Gesicht mit einer
Lösung von Tonerde zu bemalen, um die Haut gegen die rauhe
Luft ihrer unwirtlichen Heimat zu schützen. Die Frauen stehen

Patagonier.

Die Eingeborenen Patagoniens werden auch Tehueltsche ge-
nannt. (Die Silbe tsche bedeutet soviel wie Leute, und Tehueltsche
heißt Südleute.) Ihr Gebiet ist der südlichste Teil von Südamerika
mit Ausschluß des Feuerlandes, vom Rio Negro bis zur Magellanstraße. Den Namen Patagonier haben sie von den spanischen
Entdeckern erhalten. Sie gehören der indianischen Rasse an, die
als die Ureinwohner Amerikas über das ganze Festland und die
Inseln dieses Erdteils mit Ausnahme der von den Eskimos be-
wohnten nördlichen Gebiete verbreitet ist.

Die Patagonier sind hochgewachsene, kräftige Gestalten mit
breiten Schultern und robustem Körper. Man hat freilich ihre
Größe lange Zeit überschätzt und sie als die größten lebenden
Menschen betrachtet, doch werden sie nicht selten 1,80, ja bis
1,90 Meter groß. Der Kopf ist dick, die Augen sind wie bei allen
Indianern klein, meist horizontal liegend, Nase, Mund und Lippen
dagegen groß. Die Form des Schädels ist nicht natürlich, denn
bei den Patagoniern herrscht die Sitte, den Kopf des Kindes
zwischen Brettern zu pressen und zwar derart, daß die Stirn zu-
rückgedrückt, die entschiedene Kurzköpfigkeit noch erhöht wird.
Man tut es in der Meinung, auf diese Weise Erschütterung beim
Reiten zu verhüten. Der Haarwuchs ist stark, das Haar selbst
wie bei fast allen Indianern grob, straff und glänzend-schwarz.
Es wird nur auf dem Kopfe geduldet, während man Bart, Brauen,
Wimpern und Körperhaare entfernt. Die Hautfarbe ist gegenüber
den helleren Waldindianern der weiter nordwärts gelegenen Gebiete
dunkel, fast kupferbraun, wahrscheinlich infolge des dauernden
Aufenthaltes im offenen Steppenlande; doch ist sie selten natürlich,
weil die Patagonier die Angewohnheit haben, das Gesicht mit einer
Lösung von Tonerde zu bemalen, um die Haut gegen die rauhe
Luft ihrer unwirtlichen Heimat zu schützen. Die Frauen stehen

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Zitationshilfe: Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tewes_menschenrassen_1913/44>, abgerufen am 28.03.2024.