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Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913.

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weiter nord- und nordostwärts im Gebiet der Herero und anderer
Bantustämme ansässig, wovon noch eine Anzahl Namaortsnamen
in diesen Landstrichen Zeugnis geben.

Von den Narna sind heute die Topnaars am weitesten nach
Norden, im Hinterlande der Walfischbai, wohnhaft, kleinere Familien-
trupps auch in der nördlichen Namib 1) und im Kaokofeld 2) um
Zesfontein. In ihrer Nähe, um Franzfontein, ließen sich die Zwart-
boois nieder, während im Südosten die Bondelzwaarts, Veldschoen-
dragers, Simon -Copperleute, Franzmannhottentotten und Witboois
ansässig sind, Stämme, die meist nach ehemaligen Häuptlingen ihren
Namen erhalten haben. Unter den aus dem Kapland eingewanderten
Hottentotten waren die ehemals weit und breit gefürchteten Afri-
kaaner, die zu Anfang des 19. Jahrhunderts sich unter Jager Afri-
kaaner
zusammenscharten.

Die Hottentotten sind wie die Buschmänner, von denen sie
sich aber durch ihre Sprache unterscheiden, eine eigene und zwar
helle Menschenrasse. Die Farbe ihrer Haut erinnert auffällig an
die des fahlen Laubes oder neues Leder. Das Gesicht ist fast
rhombisch geformt, in der Gegend der Backenknochen sehr breit,
während sich die Stirn nach oben verjüngt und auch das Kinn
auffallend lang und spitz verläuft. Die gelbbraune Körperfarbe,
das breite Gesicht mit den starken Backenknochen und die platte
Nase erinnern an den mongolischen Typus. Die Körperhaut neigt
sehr zur Runzelbildung; die Altersfalten treten frühzeitig auf,
schließen sich zu tiefen Furchen zusammen und umziehen Hals und
Brust schließlich in schlaffen Halbringen. Die Falten des Gesichts
verleihen diesem im Vereine mit dem breiten Munde und den dicken
Lippen, sowie den meist zusammengekniffenen Augen, die den Ein-
druck eines Menschen machen, der sich gegen blendendes Sonnen-
licht schützen will, einen sonderbaren, mürrischen Ausdruck.

Die büschelartig verfilzten Haare stehen scheinbar nicht dicht
nebeneinander, sondern lassen zwischen sich Stellen der nackten
Körperhaut frei. In Wirklichkeit sind auch bei ihnen, wie das
nach dem Scheren oder Rasieren erkennbar wird, die Haare gleich-
mäßig auf der Kopfhaut verteilt, und erst nachträglich legen sie
sich, wenn sie in ihrer Entwicklung sich selbst überlassen bleiben,
1)
2)

1) Der circa 100 km breite Küstenstrich.
2) Tafelland im nordwestlichen Teil des Schutzgebietes.

weiter nord- und nordostwärts im Gebiet der Herero und anderer
Bantustämme ansässig, wovon noch eine Anzahl Namaortsnamen
in diesen Landstrichen Zeugnis geben.

Von den Narna sind heute die Topnaars am weitesten nach
Norden, im Hinterlande der Walfischbai, wohnhaft, kleinere Familien-
trupps auch in der nördlichen Namib 1) und im Kaokofeld 2) um
Zesfontein. In ihrer Nähe, um Franzfontein, ließen sich die Zwart-
boois nieder, während im Südosten die Bondelzwaarts, Veldschoen-
dragers, Simon -Copperleute, Franzmannhottentotten und Witboois
ansässig sind, Stämme, die meist nach ehemaligen Häuptlingen ihren
Namen erhalten haben. Unter den aus dem Kapland eingewanderten
Hottentotten waren die ehemals weit und breit gefürchteten Afri-
kaaner, die zu Anfang des 19. Jahrhunderts sich unter Jager Afri-
kaaner
zusammenscharten.

Die Hottentotten sind wie die Buschmänner, von denen sie
sich aber durch ihre Sprache unterscheiden, eine eigene und zwar
helle Menschenrasse. Die Farbe ihrer Haut erinnert auffällig an
die des fahlen Laubes oder neues Leder. Das Gesicht ist fast
rhombisch geformt, in der Gegend der Backenknochen sehr breit,
während sich die Stirn nach oben verjüngt und auch das Kinn
auffallend lang und spitz verläuft. Die gelbbraune Körperfarbe,
das breite Gesicht mit den starken Backenknochen und die platte
Nase erinnern an den mongolischen Typus. Die Körperhaut neigt
sehr zur Runzelbildung; die Altersfalten treten frühzeitig auf,
schließen sich zu tiefen Furchen zusammen und umziehen Hals und
Brust schließlich in schlaffen Halbringen. Die Falten des Gesichts
verleihen diesem im Vereine mit dem breiten Munde und den dicken
Lippen, sowie den meist zusammengekniffenen Augen, die den Ein-
druck eines Menschen machen, der sich gegen blendendes Sonnen-
licht schützen will, einen sonderbaren, mürrischen Ausdruck.

Die büschelartig verfilzten Haare stehen scheinbar nicht dicht
nebeneinander, sondern lassen zwischen sich Stellen der nackten
Körperhaut frei. In Wirklichkeit sind auch bei ihnen, wie das
nach dem Scheren oder Rasieren erkennbar wird, die Haare gleich-
mäßig auf der Kopfhaut verteilt, und erst nachträglich legen sie
sich, wenn sie in ihrer Entwicklung sich selbst überlassen bleiben,
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1) Der circa 100 km breite Küstenstrich.
2) Tafelland im nordwestlichen Teil des Schutzgebietes.
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[— 60 —/0064] weiter nord- und nordostwärts im Gebiet der Herero und anderer Bantustämme ansässig, wovon noch eine Anzahl Namaortsnamen in diesen Landstrichen Zeugnis geben. Von den Narna sind heute die Topnaars am weitesten nach Norden, im Hinterlande der Walfischbai, wohnhaft, kleinere Familien- trupps auch in der nördlichen Namib 1) und im Kaokofeld 2) um Zesfontein. In ihrer Nähe, um Franzfontein, ließen sich die Zwart- boois nieder, während im Südosten die Bondelzwaarts, Veldschoen- dragers, Simon -Copperleute, Franzmannhottentotten und Witboois ansässig sind, Stämme, die meist nach ehemaligen Häuptlingen ihren Namen erhalten haben. Unter den aus dem Kapland eingewanderten Hottentotten waren die ehemals weit und breit gefürchteten Afri- kaaner, die zu Anfang des 19. Jahrhunderts sich unter Jager Afri- kaaner zusammenscharten. Die Hottentotten sind wie die Buschmänner, von denen sie sich aber durch ihre Sprache unterscheiden, eine eigene und zwar helle Menschenrasse. Die Farbe ihrer Haut erinnert auffällig an die des fahlen Laubes oder neues Leder. Das Gesicht ist fast rhombisch geformt, in der Gegend der Backenknochen sehr breit, während sich die Stirn nach oben verjüngt und auch das Kinn auffallend lang und spitz verläuft. Die gelbbraune Körperfarbe, das breite Gesicht mit den starken Backenknochen und die platte Nase erinnern an den mongolischen Typus. Die Körperhaut neigt sehr zur Runzelbildung; die Altersfalten treten frühzeitig auf, schließen sich zu tiefen Furchen zusammen und umziehen Hals und Brust schließlich in schlaffen Halbringen. Die Falten des Gesichts verleihen diesem im Vereine mit dem breiten Munde und den dicken Lippen, sowie den meist zusammengekniffenen Augen, die den Ein- druck eines Menschen machen, der sich gegen blendendes Sonnen- licht schützen will, einen sonderbaren, mürrischen Ausdruck. Die büschelartig verfilzten Haare stehen scheinbar nicht dicht nebeneinander, sondern lassen zwischen sich Stellen der nackten Körperhaut frei. In Wirklichkeit sind auch bei ihnen, wie das nach dem Scheren oder Rasieren erkennbar wird, die Haare gleich- mäßig auf der Kopfhaut verteilt, und erst nachträglich legen sie sich, wenn sie in ihrer Entwicklung sich selbst überlassen bleiben, 1) 2) 1) Der za. 100 km breite Küstenstrich. 2) Tafelland im nordwestlichen Teil des Schutzgebietes.

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Zitationshilfe: Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913, S. — 60 —. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tewes_menschenrassen_1913/64>, abgerufen am 28.03.2024.