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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Die Koppelwirthschaft.
Mecklenburg mehrentheils nach der Kopfzahl des Viehes berechnet, sich aber auch
eben so oft, wie anderwärts, betrogen. Man hat in Mecklenburg ziemlich allgemein
angenommen, daß ein Stück Vieh den Dünger zu 100 sechzehnfüßigen Quadratruthen
gebe. So viel Stück Vieh also, so viel 100 Quadratruthen Brache. Wenn nun
ein Stück Vieh die Weide auf 300 Quadratruthen verlangte, so mußten, um einen
Morgen zu bedüngen, 300 Quadratruthen Weide da seyn. Verlangte es nach der Be-
schaffenheit des Bodens oder nach der Erschöpfung desselben mehr an Weide, so
mußte auch die Zahl der Weidekoppeln vermehrt werden. So haben viele gerechnet,
und glaubten recht gründlich gerechnet zu haben. Allein die Quantität des Mistes --
denn nur der Wintermist kömmt hier in Betracht -- ergiebt sich weder aus der
Weide, noch aus der Kopfzahl des Viehes, sondern allein aus der Quantität des
gewonnenen und ökonomisch verwandten Futters. Es kömmt also auf den Stroh- und
Heugewinn vorzüglich an, bei welcher Zahl und Rotation der Schläge die Brache
genugsam ausgedüngt werden könne, und dann kommt erst die Zahl des Viehes in
Betracht, welche dieses am vortheilhaftesten verzehrt, und nun muß berechnet werden,
wie viel es an Weide bedürfe, um neben dem Dünger den möglich größten Nutzen zu
geben. Also nicht bloß, wie manche angegeben haben, ist hier auf die Beschaffenheit
und die mehrere oder mindere Graswüchsigkeit des Ackers selbst, sondern weit mehr
auf die Quantität und Qualität der Wiesen und der etwa zum Futtergewächsbau ge-
nutzen Nebenkoppeln zu sehen. Oder aber es muß auch Winterfutter in einem der
Hauptschläge gebaut und somit die Zahl der Schläge um eine vermehrt werden. Dies
findet man aber bei den gewöhnlichen Koppelwirthschaften selten, und kann auf ge-
wöhnlichem Boden fast nur bewerkstelliget werden, wenn man die Regel des Frucht-
wechsels befolgt, indem nach drei und mehreren Kornernten der Acker in keinem dem
Klee günstigen Zustande zu seyn pflegt.

3) Auf die Arbeit. Diese vermehrt sich mit der Stärke der einfachen oder
doppelten Brachen, und vermindert sich bei dem längern Dreeschliegen. Es kommt
also in Betracht, ob vermehrtes Arbeitsvieh nutzbar zu halten oder eine Beschrän-
kung desselben vortheilhafter sey.

4) Auf die Berechnung und Vergleichung des Ertrages aus
dem Körnergewinn und der Viehnutzung
. Wenn die Aussaat vermin-
dert wird, so verringert sich der Körnerertrag nicht in gleichem Verhältnisse, indem er

nach

Die Koppelwirthſchaft.
Mecklenburg mehrentheils nach der Kopfzahl des Viehes berechnet, ſich aber auch
eben ſo oft, wie anderwaͤrts, betrogen. Man hat in Mecklenburg ziemlich allgemein
angenommen, daß ein Stuͤck Vieh den Duͤnger zu 100 ſechzehnfuͤßigen Quadratruthen
gebe. So viel Stuͤck Vieh alſo, ſo viel 100 Quadratruthen Brache. Wenn nun
ein Stuͤck Vieh die Weide auf 300 Quadratruthen verlangte, ſo mußten, um einen
Morgen zu beduͤngen, 300 Quadratruthen Weide da ſeyn. Verlangte es nach der Be-
ſchaffenheit des Bodens oder nach der Erſchoͤpfung deſſelben mehr an Weide, ſo
mußte auch die Zahl der Weidekoppeln vermehrt werden. So haben viele gerechnet,
und glaubten recht gruͤndlich gerechnet zu haben. Allein die Quantitaͤt des Miſtes —
denn nur der Wintermiſt koͤmmt hier in Betracht — ergiebt ſich weder aus der
Weide, noch aus der Kopfzahl des Viehes, ſondern allein aus der Quantitaͤt des
gewonnenen und oͤkonomiſch verwandten Futters. Es koͤmmt alſo auf den Stroh- und
Heugewinn vorzuͤglich an, bei welcher Zahl und Rotation der Schlaͤge die Brache
genugſam ausgeduͤngt werden koͤnne, und dann kommt erſt die Zahl des Viehes in
Betracht, welche dieſes am vortheilhafteſten verzehrt, und nun muß berechnet werden,
wie viel es an Weide beduͤrfe, um neben dem Duͤnger den moͤglich groͤßten Nutzen zu
geben. Alſo nicht bloß, wie manche angegeben haben, iſt hier auf die Beſchaffenheit
und die mehrere oder mindere Graswuͤchſigkeit des Ackers ſelbſt, ſondern weit mehr
auf die Quantitaͤt und Qualitaͤt der Wieſen und der etwa zum Futtergewaͤchsbau ge-
nutzen Nebenkoppeln zu ſehen. Oder aber es muß auch Winterfutter in einem der
Hauptſchlaͤge gebaut und ſomit die Zahl der Schlaͤge um eine vermehrt werden. Dies
findet man aber bei den gewoͤhnlichen Koppelwirthſchaften ſelten, und kann auf ge-
woͤhnlichem Boden faſt nur bewerkſtelliget werden, wenn man die Regel des Frucht-
wechſels befolgt, indem nach drei und mehreren Kornernten der Acker in keinem dem
Klee guͤnſtigen Zuſtande zu ſeyn pflegt.

3) Auf die Arbeit. Dieſe vermehrt ſich mit der Staͤrke der einfachen oder
doppelten Brachen, und vermindert ſich bei dem laͤngern Dreeſchliegen. Es kommt
alſo in Betracht, ob vermehrtes Arbeitsvieh nutzbar zu halten oder eine Beſchraͤn-
kung deſſelben vortheilhafter ſey.

4) Auf die Berechnung und Vergleichung des Ertrages aus
dem Koͤrnergewinn und der Viehnutzung
. Wenn die Ausſaat vermin-
dert wird, ſo verringert ſich der Koͤrnerertrag nicht in gleichem Verhaͤltniſſe, indem er

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[328/0374] Die Koppelwirthſchaft. Mecklenburg mehrentheils nach der Kopfzahl des Viehes berechnet, ſich aber auch eben ſo oft, wie anderwaͤrts, betrogen. Man hat in Mecklenburg ziemlich allgemein angenommen, daß ein Stuͤck Vieh den Duͤnger zu 100 ſechzehnfuͤßigen Quadratruthen gebe. So viel Stuͤck Vieh alſo, ſo viel 100 Quadratruthen Brache. Wenn nun ein Stuͤck Vieh die Weide auf 300 Quadratruthen verlangte, ſo mußten, um einen Morgen zu beduͤngen, 300 Quadratruthen Weide da ſeyn. Verlangte es nach der Be- ſchaffenheit des Bodens oder nach der Erſchoͤpfung deſſelben mehr an Weide, ſo mußte auch die Zahl der Weidekoppeln vermehrt werden. So haben viele gerechnet, und glaubten recht gruͤndlich gerechnet zu haben. Allein die Quantitaͤt des Miſtes — denn nur der Wintermiſt koͤmmt hier in Betracht — ergiebt ſich weder aus der Weide, noch aus der Kopfzahl des Viehes, ſondern allein aus der Quantitaͤt des gewonnenen und oͤkonomiſch verwandten Futters. Es koͤmmt alſo auf den Stroh- und Heugewinn vorzuͤglich an, bei welcher Zahl und Rotation der Schlaͤge die Brache genugſam ausgeduͤngt werden koͤnne, und dann kommt erſt die Zahl des Viehes in Betracht, welche dieſes am vortheilhafteſten verzehrt, und nun muß berechnet werden, wie viel es an Weide beduͤrfe, um neben dem Duͤnger den moͤglich groͤßten Nutzen zu geben. Alſo nicht bloß, wie manche angegeben haben, iſt hier auf die Beſchaffenheit und die mehrere oder mindere Graswuͤchſigkeit des Ackers ſelbſt, ſondern weit mehr auf die Quantitaͤt und Qualitaͤt der Wieſen und der etwa zum Futtergewaͤchsbau ge- nutzen Nebenkoppeln zu ſehen. Oder aber es muß auch Winterfutter in einem der Hauptſchlaͤge gebaut und ſomit die Zahl der Schlaͤge um eine vermehrt werden. Dies findet man aber bei den gewoͤhnlichen Koppelwirthſchaften ſelten, und kann auf ge- woͤhnlichem Boden faſt nur bewerkſtelliget werden, wenn man die Regel des Frucht- wechſels befolgt, indem nach drei und mehreren Kornernten der Acker in keinem dem Klee guͤnſtigen Zuſtande zu ſeyn pflegt. 3) Auf die Arbeit. Dieſe vermehrt ſich mit der Staͤrke der einfachen oder doppelten Brachen, und vermindert ſich bei dem laͤngern Dreeſchliegen. Es kommt alſo in Betracht, ob vermehrtes Arbeitsvieh nutzbar zu halten oder eine Beſchraͤn- kung deſſelben vortheilhafter ſey. 4) Auf die Berechnung und Vergleichung des Ertrages aus dem Koͤrnergewinn und der Viehnutzung. Wenn die Ausſaat vermin- dert wird, ſo verringert ſich der Koͤrnerertrag nicht in gleichem Verhaͤltniſſe, indem er nach

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/374>, abgerufen am 27.04.2024.