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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Der Fruchtwechsel.
wieder, so gedeiht sie vollkommen. Ja, wenn man jene Früchte grün gemäht hat,
oder der zweite Wuchs des Klees untergepflügt ist, so wird das zweite Getreide oft
besser als das erste. Diese und andere Erfahrungen der Art sind so allgemein an-
erkannt, und fallen jedem Beobachter so auf, daß ich mehrere anzuführen und
weitläuftiger darüber zu reden mich enthalte, da ich bei der Lehre vom Bau einzel-
ner Gewächse darauf zurückkommen muß.

§. 357.

Die Gärtnerei liefert unzählige Beweise, daß Erde für ein Gewächs vorerst
untauglich geworden sey, andere Gewächse aber noch sehr gut abtragen könne.
Die Mistbeeterde ist nach einmaligem Gebrauche für dasselbe Gewächs, z. B. die
Melonen, durchaus nicht mehr tauglich, bis sie mehrere Jahre der Atmosphäre
ausgesetzt gelegen und mit frischem Miste wieder durchgearbeitet worden. Aber
Schminkbohnen, Lactuken und andere Kräuter trägt sie noch. Luxuriirende Blu-
men, wie die Nelken, erfordern eine häufige Erneuerung der Erde in den Scher-
ben, wenn sie gleich noch überflüßig fett zu seyn scheint, und der Blumenliebhaber
nimmt nie dieselbe Erde wieder zu derselben Blumenart. Junge Obstbäume dür-
fen nicht auf dieselbe Stelle gepflanzt werden, wo ein alter Baum gleicher Art ge-
standen hatte. Bei den Baumschulen ist es allgemeine Regel, mit den Revieren
zu wechseln.

Ich und mein seeliger Freund Einhof hatten mehrere Male Anstalten gemacht,
Versuche anzustellen über die Veränderung, welche der Humus im Boden erleidet,
wenn ein Gewächs gewisser Art bis zur Erschöpfung darauf gebauet würde. Aber
wir sind darin gestört worden, und solche Versuche haben große Schwierigkeiten und
Hindernisse, die man, ohne beständig darauf zu achten, nicht leicht überwindet, da sie
unter freiem Himmel angestellt werden müssen.

Es kann so mancher Zufall nicht abgewehrt werden, der in einem Augenblicke
die Arbeit vieler Jahre zerstört, und kein sicheres Resultat gewinnen läßt. Es gehört
ein besonderer gut umzäunter, den Versuchen einzig gewidmeter Garten dazu, aus
welchen man auch Vögel und Insekten verbannen könnte.

§. 358.

Es ist eine allgemeine Beobachtung, daß wenn eine Saat nicht wegen Schwä-
che und Fehler des Bodens, sondern durch zufällige andere Ursachen mißräth,

Der Fruchtwechſel.
wieder, ſo gedeiht ſie vollkommen. Ja, wenn man jene Fruͤchte gruͤn gemaͤht hat,
oder der zweite Wuchs des Klees untergepfluͤgt iſt, ſo wird das zweite Getreide oft
beſſer als das erſte. Dieſe und andere Erfahrungen der Art ſind ſo allgemein an-
erkannt, und fallen jedem Beobachter ſo auf, daß ich mehrere anzufuͤhren und
weitlaͤuftiger daruͤber zu reden mich enthalte, da ich bei der Lehre vom Bau einzel-
ner Gewaͤchſe darauf zuruͤckkommen muß.

§. 357.

Die Gaͤrtnerei liefert unzaͤhlige Beweiſe, daß Erde fuͤr ein Gewaͤchs vorerſt
untauglich geworden ſey, andere Gewaͤchſe aber noch ſehr gut abtragen koͤnne.
Die Miſtbeeterde iſt nach einmaligem Gebrauche fuͤr daſſelbe Gewaͤchs, z. B. die
Melonen, durchaus nicht mehr tauglich, bis ſie mehrere Jahre der Atmoſphaͤre
ausgeſetzt gelegen und mit friſchem Miſte wieder durchgearbeitet worden. Aber
Schminkbohnen, Lactuken und andere Kraͤuter traͤgt ſie noch. Luxuriirende Blu-
men, wie die Nelken, erfordern eine haͤufige Erneuerung der Erde in den Scher-
ben, wenn ſie gleich noch uͤberfluͤßig fett zu ſeyn ſcheint, und der Blumenliebhaber
nimmt nie dieſelbe Erde wieder zu derſelben Blumenart. Junge Obſtbaͤume duͤr-
fen nicht auf dieſelbe Stelle gepflanzt werden, wo ein alter Baum gleicher Art ge-
ſtanden hatte. Bei den Baumſchulen iſt es allgemeine Regel, mit den Revieren
zu wechſeln.

Ich und mein ſeeliger Freund Einhof hatten mehrere Male Anſtalten gemacht,
Verſuche anzuſtellen uͤber die Veraͤnderung, welche der Humus im Boden erleidet,
wenn ein Gewaͤchs gewiſſer Art bis zur Erſchoͤpfung darauf gebauet wuͤrde. Aber
wir ſind darin geſtoͤrt worden, und ſolche Verſuche haben große Schwierigkeiten und
Hinderniſſe, die man, ohne beſtaͤndig darauf zu achten, nicht leicht uͤberwindet, da ſie
unter freiem Himmel angeſtellt werden muͤſſen.

Es kann ſo mancher Zufall nicht abgewehrt werden, der in einem Augenblicke
die Arbeit vieler Jahre zerſtoͤrt, und kein ſicheres Reſultat gewinnen laͤßt. Es gehoͤrt
ein beſonderer gut umzaͤunter, den Verſuchen einzig gewidmeter Garten dazu, aus
welchen man auch Voͤgel und Inſekten verbannen koͤnnte.

§. 358.

Es iſt eine allgemeine Beobachtung, daß wenn eine Saat nicht wegen Schwaͤ-
che und Fehler des Bodens, ſondern durch zufaͤllige andere Urſachen mißraͤth,

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[342/0388] Der Fruchtwechſel. wieder, ſo gedeiht ſie vollkommen. Ja, wenn man jene Fruͤchte gruͤn gemaͤht hat, oder der zweite Wuchs des Klees untergepfluͤgt iſt, ſo wird das zweite Getreide oft beſſer als das erſte. Dieſe und andere Erfahrungen der Art ſind ſo allgemein an- erkannt, und fallen jedem Beobachter ſo auf, daß ich mehrere anzufuͤhren und weitlaͤuftiger daruͤber zu reden mich enthalte, da ich bei der Lehre vom Bau einzel- ner Gewaͤchſe darauf zuruͤckkommen muß. §. 357. Die Gaͤrtnerei liefert unzaͤhlige Beweiſe, daß Erde fuͤr ein Gewaͤchs vorerſt untauglich geworden ſey, andere Gewaͤchſe aber noch ſehr gut abtragen koͤnne. Die Miſtbeeterde iſt nach einmaligem Gebrauche fuͤr daſſelbe Gewaͤchs, z. B. die Melonen, durchaus nicht mehr tauglich, bis ſie mehrere Jahre der Atmoſphaͤre ausgeſetzt gelegen und mit friſchem Miſte wieder durchgearbeitet worden. Aber Schminkbohnen, Lactuken und andere Kraͤuter traͤgt ſie noch. Luxuriirende Blu- men, wie die Nelken, erfordern eine haͤufige Erneuerung der Erde in den Scher- ben, wenn ſie gleich noch uͤberfluͤßig fett zu ſeyn ſcheint, und der Blumenliebhaber nimmt nie dieſelbe Erde wieder zu derſelben Blumenart. Junge Obſtbaͤume duͤr- fen nicht auf dieſelbe Stelle gepflanzt werden, wo ein alter Baum gleicher Art ge- ſtanden hatte. Bei den Baumſchulen iſt es allgemeine Regel, mit den Revieren zu wechſeln. Ich und mein ſeeliger Freund Einhof hatten mehrere Male Anſtalten gemacht, Verſuche anzuſtellen uͤber die Veraͤnderung, welche der Humus im Boden erleidet, wenn ein Gewaͤchs gewiſſer Art bis zur Erſchoͤpfung darauf gebauet wuͤrde. Aber wir ſind darin geſtoͤrt worden, und ſolche Verſuche haben große Schwierigkeiten und Hinderniſſe, die man, ohne beſtaͤndig darauf zu achten, nicht leicht uͤberwindet, da ſie unter freiem Himmel angeſtellt werden muͤſſen. Es kann ſo mancher Zufall nicht abgewehrt werden, der in einem Augenblicke die Arbeit vieler Jahre zerſtoͤrt, und kein ſicheres Reſultat gewinnen laͤßt. Es gehoͤrt ein beſonderer gut umzaͤunter, den Verſuchen einzig gewidmeter Garten dazu, aus welchen man auch Voͤgel und Inſekten verbannen koͤnnte. §. 358. Es iſt eine allgemeine Beobachtung, daß wenn eine Saat nicht wegen Schwaͤ- che und Fehler des Bodens, ſondern durch zufaͤllige andere Urſachen mißraͤth,

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/388>, abgerufen am 29.04.2024.